Donnerstag, Juni 12, 2025

Interreligiöser Rundbrief ... Nr. 2025-3

 Interreligiöser Rundbrief für Bonn und Umgebung Nr. 2025-3 
(12.06.2025)


Liebe Leser:innen, 

innerhalb kurzer Zeit schon wieder ein Interreligiöser Rundbrief? Ja, aus besonderem Grund. Er enthält einen Offenen Brief der Bonner Initiative für Respekt und Zusammenhalt (BIRZ) an Bundeskanzler Friedrich Merz. Er wurde auch zuerst veröffentlicht im General-Anzeiger, Ausgabe für Bonn, Hardtberg, Beuel, Bad Godesberg, S. 27. 


Offener Brief der „Bonner Initiative für Respekt und Zusammenhalt“

an Bundeskanzler Friedrich Merz

Israel und Palästina – das geht uns alle an: Das Leiden muss ein Ende finden!

 

 

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler,

Deutschland bekennt sich ohne Wenn und Aber zur Menschenwürde und den universalen Menschenrechten. Lebenswichtig für unsere Demokratie und Wertegemeinschaft ist das Vertrauen der Bürger in die moralische Integrität ihrer Verfassungsorgane. Dazu gehören auch der nötige Respekt und die unbedingte Unterstützung und Weiterentwicklung der Organe der internationalen Friedensordnung, die nach der Erfahrung von Weltkriegen und Völkermord gegründet wurden, um Menschenrechte weltweit zu schützen.

Mit diesem offenen Brief appellieren wir, eine Gruppe von deutschen Juden, Christen und Muslimen, die sich in der interreligiösen „Bonner Initiative für Respekt und Zusammenhalt“ zusammengeschlossen haben, als zutiefst besorgte Bürger an Sie persönlich und die von Ihnen geführte Regierung:  Bitte tun Sie alles in Ihrer diplomatischen, wirtschaftlichen und politischen Macht Stehende, um alle Akteure im israelisch-palästinensischen Konflikt zur Menschlichkeit zurückzuführen. So kann es keinen Tag weitergehen!

Am 4. Februar 2024 hat unsere Initiative vor dem Hintergrund der wachsenden Polarisierung angesichts des 7. Oktober und des anschließenden Gaza-Krieges aus Sorge um unsere Demokratie eine Veranstaltung gegen Hass und Hetze auf dem Bonner Marktplatz abgehalten. Auch die Bonner Oberbürgermeisterin Katja Dörner hat dabei mitgewirkt.

Inzwischen ist die Gewalt in Nahost derart eskaliert, dass wir uns nicht mehr nur der bedrohten Diskursfähigkeit in unserer Gesellschaft zuwenden können. Wir müssen auch das unerträgliche Leid der Menschen in Israel und Gaza adressieren. Hier wie dort muss das Leben und die Würde der Menschen geschützt werden, ob es sich um israelisch-jüdisches oder palästinensisch-muslimisches Leben handelt: „A Mensh is a Mensh“.

Wir bekennen uns uneingeschränkt zum  Recht Israels auf territoriale Integrität, Selbstverteidigung und Sicherheit. Dies ist für uns der Kern der vielbeschworenen Staatsräson. In der aktuellen politischen und militärischen Auseinandersetzung erkennen wir allerdings keinen Weg, der zu mehr Sicherheit in der Region führt. Wir sind keine Politiker, keine Diplomaten und keine Militärexperten. Dennoch, bei den vielen unschuldigen Toten darf es kein weiteres Wegschauen und keine diplomatische Zurückhaltung mehr geben. Es gilt, aus humanitärer Selbstverpflichtung, aber auch aus gebotener Loyalität und Freundschaft zu Israel der aktuellen Politik deutlich zu widersprechen. Das gilt für uns als deutsche Jüdinnen und Juden, Muslimas und Muslime, Christinnen und Christen gleichermaßen – auch und gerade nach der Shoah.

Das ungeheuerliche Massaker vom 7. Oktober darf nicht vergessen werden. Das unerträgliche Leid der Geiseln in der Hand der Terrororganisation Hamas und das unvorstellbare Leid der durch die Regierung Netanjahu mitzuverantwortenden, katastrophalen Situation der Zivilbevölkerung in Gaza müssen jetzt ein Ende haben. Die Weltgemeinschaft darf nicht länger tatenlos zusehen. Deutschland muss als stärkste Wirtschaftsmacht der EU massiven Druck auf alle unmittelbaren Akteure – Hamas und Israel – sowie auf die hinter diesen stehenden politischen Mächte ausüben. Nur so kann ein totaler Kollaps der Humanität in der Region verhindert und vorsichtig ein neuer Weg zu dauerhafter Sicherheit  für Israelis und Palästinenser gesucht werden. Waffen allein schaffen das nicht.

Im Namen der „Bonner Initiative für Respekt und Zusammenhalt“:

Roland Benarey-Meisel, Wachtberg
Thomas Heimsath, Bonn
Paul Heuermann, Bonn
Rainer Kaps, Alfter
Dr. Hossein Pur Khassalian, Bonn
Michael A. Schmiedel, Siegburg
Hanife Tosun, Köln
Ulrich Thomas, Bonn 
Schulamith Weil, Meckenheim