Samstag, September 21, 2019

Interreligiöser Rundbrief ... Nr. 2019-4 (21.09.2019)

Interreligiöser Rundbrief für Bonn und Umgebung Nr. 2019-4
(02.09.2019)


Liebe Leserinnen und Leser,
ich möchte in diesem Rundbrief einen Gastbeitrag rundschicken, der mehr ist, als nur ein Leserinnenbrief. Und zwar hatte ich vorgestern einen Aufruf von Avaz in zwei Verteilern weitergeleitet, der dazu aufrief, das Bundeskanzleramt anzurufen und die Bundeskanzlerin daran zu erinnern, ein gutes Klimapaket zu verabschieden. Dazu schrieb ich, das sei eine gute Möglichkeit sich für den Klimaschutz zu engagieren, auch wenn man, so wie ich, kein großer Demonstrationsgänger sei. Das nahm dann Monika Winkelmann zum Anlass für ihren Rundbrief, der nun folgt:


Liebe Weggefährten interreligiösen Miteinanders,
natürlich auch: lieber Michael,

danke für Deine offenen Worte bezüglich Demonstrierens und Deinen Alternativ-Vorschlag. Klar ist direkte Kontaktaufnahme mit Abgeordneten oder Petitionen "erfinden", unterschreiben, weiterleiten ebenso wichtig, daher danke für diese Inspiration/Information.

Dennoch erlaube ich mir, meine Frustration darüber auszudrücken, dass ich zu viele Freundinnen und Freunde, Bekannte und Kollegen, buddhistische und andere "Religiöse" auf der Straße vermisse. Zum Beispiel begrüße ich sehr, dass der protestantische Präses Herr Bedford-Strohm (Ich hoffe, ich schreibe seinen Namen und seine Stellung korrekt, sonst nehmt es mir bitte nicht übel, darauf kommt es mir nicht in erster Linie an) kürzlich in Sizilien war, um sich selber ein Bild von der Lage der Geflüchteten auf einem der Schiffe zu machen, die wochenlang keinen offenen Hafen fanden, der sie aufnahm. Was bei ihm zu glaubhafter Erschütterung geführt hat - was Anderes war auch nicht zu erwarten - und er mit der Synode gemeinsam den Erwerb und Einsatz eines Schiffes zur Seenotrettung vorgeschlagen hat, der meines Wissens auch angenommen worden ist.

Ich möchte als "Älteste" von 67 Jahren wirklich daran appellieren, dass auch unsere Demokratie, die wir vielleicht für stabil halten und von der wir vielleicht annehmen, dass nun die Jungen dran wären, sie zu schützen, wie jede Demokratie mit den Mitteln, die sie anbietet, zu verteidigen ist. Heute mehr denn je. Die Angst ("climate grief", "climate terror") "unserer" Kinder und Jugendlichen, sollte - und hier werde ich durchaus moralisch - uns angehen. Denn, so inspirierend Mut, Inspiration, Opferbereitschaft von jungen Menschen, überwiegend: jungen Frauen, in der Welt ist - so sehr haben sie Recht mit ihren deutlichen Hinweisen darauf, dass unsere Generation versagt hat.

Als ich von 1983-91 bei der Fraktion DIE GRÜNEN IM BUNDESTAG arbeitete, lagen die Fakten, die heute nur noch von Ganzhartgesottenen dumpf geleugnet werden, auch schon auf dem Tisch. Und was haben wir gemacht: Spenden an Greenpeace gegeben? Auf Diesel umgestellt? Vegetarisch gegessen? Agrotouristischen Urlaub gebucht?  Die Grünen von damals fuhren Fahrrad im Tulpenfeld und mit der Bahn, wie mein Abgeordneter, nach Berlin.

Ich bin ganz entschieden der Ansicht, dass die Kinder und die Jugendlichen auf den Straßen unserer Städte, mit ihren wunderbar kreativen Aktionen, die schon Druck erzeugen sollen, aber keine Angst, keine Einschüchterung, erwarten dürfen, dass wir
- ihnen zuhören (XR-Ortsgruppe Bonn tagt Montags abends in der Alten VHS), unsere Meinung teilen, unsere Unterstützung in vielfältiger Weise anbieten
- bei fff Freitagvormittags mitlaufen, oder den anderen Gruppen: parentsforfuture, scientistsforfuture, psychologistsforfuture...seebrücke, und dergleichen, mitmachen
- dass wir uns schlau machen, wer die GründerInnen der Bewegung(en) sind, um mitreden zu können
- David Loy mit seinem wunderbaren Buch "EcoDharma" kennen lernen, sowie die beiden wunderbaren "Ältesten" Öko-Aktivistinnen der ersten Stunde, Jane Godall, Johanna Macy, mal wieder zur Hand nehmen. Im Übrigen hatten schon die GründerInnen des Zen Peacemaker Ordens, zu denen Bernie Glassman, Joan Halifax, Wendy Egyaku Nakao, Sandra Holmes... zählten, in den Gelübden, die ich genommen habe: Die Gleichstellung von Mann und Frau,  die Bewahrung der Heiligen Elemente ...u.a. aufgenommen, was für viele Tempel, Meditationshallen, Kirchen noch immer nicht selbst selbstverständlich ist.
- und... uns gegenseitig ermutigen, inspirieren, aufklären..., denn dass wir mittendrin sind, in der Klimakatastrophe, zu der sich jetzt schon einige Unternehmen bekennen, die ihre Mitarbeiter*innen gestern frei gestellt haben, und wo nicht wir, so Tausende von Menschen, Tieren, Wälder in anderen Ländern sterben, leiden..., das - davon hoffe ich doch, dass wir dieses Wissen teilen.
Sind wir bereit und offen, konkrete Hilfestellung zu leisten? Schnell miteinander in Kontakt zu treten, wenn und wo Not am Mann/an der Frau sind? In Süddeutschland ist ein Pfarrer verurteilt worden, weil er und seine Frau Kirchenasyl gewährt haben... - wozu sind wir als IFN da, wenn nicht, solche oder ähnlich beherzte Zeugnisse von Menschlichkeit publik zu machen, zu intervenieren, solidarische Hilfe anzubieten?

Aus meiner Sicht gibt es eine Art "moralischer Apathie"(Joan Halifax Roshi in ihrem Buch: "Standing at the Edge" bzw. auf Deutsch: "Gratwanderung") in den wohlhabenden Ländern, und ich frage mich:

Wie nehmen wir als ganz überwiegend Ältere, "Älteste" im besten Sinne, unsere Verantwortung wahr?

Ich möchte hier keine Diskussion anstiften, weil ich niemanden beschämen und auch nicht Recht haben möchte.

Wenn ich zum Nachdenken anrege und einen winzig kleinen Anstoß geben kann, ist das genug; wenn nicht, auch.

Ich habe nämlich sehr viel zu tun, auch damit, in der Balance zu bleiben, gerade wegen meines (auch zunehmend schriftlichen) Engagements.

Eine (Buch-)studiengruppe gepaart mit Aktionen "im Feld", die informiert ist von ethischen, interreligiösen/lebensbewahrenden Richtlinien, und reihum geleitet wird, könnte ich mir vorstellen - eine Gruppe, in der zu Beginn und am Ende auch meditiert, gebetet wird. So eine Gruppe entspräche dem, was ich mir unter gelebter Interreligiosität in meiner Stadt AUCH vorstelle - damit will ich meinen Respekt zum Ausdruck bringen vor dem, was bereits ehrenamtlich und an vielen Stellen, in vielen Gemeinden und anderswo, tagtäglich und seit vielen Jahren geleistet wurde und wird.

Mit besten Wünschen für ein gutes, ein gesegnetes Wochenende!
Monika Winkelmann

MONIKA WINKELMANN - LIEBE IN AKTION
Zertifizierte Lehrerin des Kreativen Schreibens
Poesietherapeutin, Schreib-/Text-Coaching
1999-2019 Leitung Schreibschule KALLIOPE
2019- PPA+ Poesiepädagoische Ausbildung
(Zen-)Buddhistische Meditation, Einführungen, Zen-Tage, Zen-Peacemaker-Kreise
Geistliche Begleitung: Einzeln und in Gruppen
53129 BONN
0228/443939, 0163/2695423
www.winkelmann-seminare.de
BLOG: https://www.ursachewirkung.at/autoren/44:monika winkelmann

Soweit Monika Winkelmann, die übrigens auch Co-Sprecherin im IFN ist. Ich lasse es für sich stehen und auf mich wirken. Vielleicht schaffe ich nächste oder übernächste Woche auch noch einen eigenen Text.

Herzliche Grüße,
Ihr/Euer Michael A. Schmiedel
http://interreligioeser-rundbrief.blogspot.com/



(geschrieben am 21.9.2019 zu Hause in Bonn (Monika) bzw. Siegburg (ich))

Montag, September 02, 2019

Interreligiöser Rundbrief ... Nr. 2019-3 (02.09.2019)


Interreligiöser Rundbrief für Bonn und Umgebung Nr. 2019-3
(02.09.2019)


„Ich finde immer diesen Vorwurf: ‚Ja, es wird viel geredet!‘ Ja was sollen die Alternativen sein? Nicht miteinander reden? Die Waffen sprechen lassen? Ich glaube, der Schlüssel zu jedem Frieden ist Dialog!“
Nikodemus Schnabel OSB

Liebe Leserinnen und Leser,
dieser Rundbrief ist eigentlich in erster Linie eine Linksammlung. Vom 19. bis zum 23. August 2019 fand in Lindau die 10. Weltversammlung von Religions for Peace statt. Die erste war 1970 in Kyoto. Ich hatte mich darauf gefreut, endlich mal an einer Weltversammlung teilnehmen zu können, aber zunächst hatten wir deutschen RfP-Mitglieder ein viel zu kleines Kontingent an Plätzen für Delegierte, und als das Kontingent erhöht wurde, hatten meine Frau und ich einen Urlaub am Bodensee geplant, bei dem wir an einigen öffentlichen Veranstaltungen teilnehmen wollten. Außer Religions für Peace waren nämlich auch die Stiftung Friedensdialog der Weltreligionen und Zivilgesellschaft SdbR und das Auswärtige Amt der Bundesrepublik Deutschland an der Organisation beteiligt, so dass die Planung etwas kompliziert war. So kam es dann, dass ich nur Zaungast der Weltversammlung war.

Doch hier zunächst mal ein Foto der schönsten Aussicht einer Reise, von der ich rechtzeitig zurück gekehrt war: http://www.siegburg.de/stadt/newsletter/nl/97640/newsletter.html (1. Beitrag von oben.)

Im Vorfeld der Weltversammlung wurde ich nach der Rückkehr aus Irland und Wales in der Sendung „Tag für Tag. Aus Religion und Gesellschaft“ im Deutschlandfunk von Gerald Beyrodt über die Weltversammlung, aber auch generell über Religionen, Frieden und Gewalt interviewt. Das Interview findet Ihr hier:
https://www.deutschlandfunk.de/religionen-fuer-den-frieden-religionen-sind-nicht-per-se.886.de.html?dram:article_id=456600

Da Gerald Beyrodt auch für den WDR arbeitet, hat er eine Passage aus dem Interview auch in die Sendung „Diesseits von Eden“ auf WDR5 mitgenommen:
https://wdrmedien-a.akamaihd.net/medp/podcast/weltweit/fsk0/198/1988681/wdr5diesseitsvonedenganzesendung_2019-08-25_diesseitsvonedenganzesendung25082019_wdr5.mp3 (ab 8.30, wobei er mich kurzerhand in Schmidt umbenannte)

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier war auch auf der Weltversammlung und hielt eine Rede, die man hier nachhören kann:
http://vimp.schwaebische.de/getMedia.php?key=a4e5de7c1b60df56dc62aa0e84996e92&format=Default&type=mp4

In „Tag für Tag“ kam dann auch noch ein schöner Beitrag über die interreligiöse Tafel, zu der im Rahmen der Weltversammlung von den Lindauer Bürgern eingeladen wurde: https://www.deutschlandfunk.de/interreligoese-tafel-bei-religions-for-peace-hier-der.886.de.html?dram:article_id=456998.
Da war ich auch dabei und habe erstmals in meinem Leben mit einem Jaina an einem Tisch gesessen.



Im BR gab es diesen Beitrag über die Frauenkonferenz im Rahmen der Weltversammlung: https://www.br.de/nachrichten/kultur/welche-rolle-spielen-frauen-in-den-religionen,RaF5deV
Auf SR2 gab noch eine Sendung von Oliver Buchholz, für die ich auch noch interviewt wurde, sowie der oben von mir zitierte Nikodemus Schnabel:
http://sr-mediathek.de/index.php?seite=7&id=12052&pnr=&tbl=pf

Und schließlich gab es noch einen kleinen Betrag von mir im Siegburg aktuell Newsletter: http://www.siegburg.de/stadt/newsletter/nl/97869/newsletter.html (2.Beitrag von oben.)

Sicher gab es noch mehr Beiträge in Zeitungen, Radio und Fernsehen, mehr habe ich aber gerade nicht zur Hand. Doch hier gibt es einen Überblick aus der Schwäbischen bzw. Lindauer Zeitung: https://www.schwaebische.de/landkreis/landkreis-lindau/lindau_dossier,-religions-for-peace-in-lindaudialog-der-weltreligionen-alle-informationen-_doid,3175.html

RfP-International hat jetzt zudem eine neue Generalsekretärin: Azza Karam, die erste Frau auf dem Posten seit 49 Jahren. Dazu fand ich eben noch diesen Artikel im Sonntagsblatt: https://www.sonntagsblatt.de/artikel/glaube/azza-karam-als-erste-frau-die-spitze-von-religions-peace-gewaehlt, und darunter gibt es weitere über die Weltversammlung. Ein englisches Interview Interview mit ihr fand ich auf Youtube: https://www.youtube.com/watch?v=ga_Ke5b6RhU     

Hier findet Ihr zudem die Website vom Ring for peace: https://de.ringforpeace.org/

Was bleibt? Auch als Zaungast war ich schwer beeindruckt von der Stimmung. Da kam zum Beispiel ein christlich-orthodoxer Priester aus Kenia auf mich zu und bedankte sich bei mir für die Gastfreundschaft und ließ sich mit mir fotografieren. Und Rabbiner Tovia Ben-Chorin, den ich von anderen Tagungen her kenne und der zum ersten Mal auf einer solchen interreligiösen Tagung war, meinte, das seien zwar weniger Religions for Peace als Pieces of Religions, aber irgendwie müsse man ja anfangen. Vor der Inselhalle, in der die Tagung stattfand, kam ich auch mit zwei Gegendemonstranten ins Gespräch. Der eine war ein Atheist, der gegen ein Zuviel an Religion in unserer Gesellschaft und Politik demonstrierte, der andere ein evangelikaler Christ, der meinte, die Ökumene sei ein Vorzeichen des Endgerichts und vom Satan. Interessanterweise standen die beiden so unterschiedlichen Menschen einträchtig in ihrer Gegenposition gegen die Weltversammlung nebeneinander, aber erst als ich beide gleichzeitig ansprach, schüttelten sie nicht nur mir, sondern auch sich gegenseitig die Hände. Nicht zum Händeschütteln aufgelegt waren aber zwei Sicherheitsleute, die den Atheisten aufforderten, zwei Schritte bis hinter die Poller zurückzutreten, da er nicht akkreditiert sei und die Veranstalter ihn hier nicht haben wollten. Das fand ich ehrlich gesagt beschämend für eine Dialogveranstaltung, einen friedlichen Demonstranten so des Platzes zu verweisen! Eine Akkreditierung brauchte man für die Halle, nicht für den Platz davor mit dem Markt der Möglichkeiten. Der so Verwiesene war indes froh, dass sie ihn nicht wegen einer unangemeldeten Demonstration an die Polizei weitergereicht haben. Wir hatten jedenfalls ein gutes Gespräch über Religionen, Säkularismus, Politik, Religionsunterricht und anderes. Wir drei verabschiedeten uns friedlich voneinander, und auch andere RfP-Kollegen waren vorher oder zwischendurch mit ihnen im friedlichen Gespräch gewesen. Tja, es bleibt noch einiges zu tun für den Weltfrieden!
Aber nicht verzagen, auch kleine Schritte sind Schritte, so wie das interkulturelle Gebet auf dem Siegburger Stadtfest am 27.8.2019, ganz unabhängig von RfP und auch vom IFN, wovon hier ein Beitrag berichtet: http://www.siegburg.de/stadt/newsletter/nl/97798/newsletter.html  (2.Beitrag von oben; Text von der Redaktion)

Bei der Gelegenheit möchte ich auch die Arbeit der Journalist*innen hervorheben, ohne die die allermeisten Menschen nichts von der RfP-Weltversammlung erfahren hätten. Auch ihre kritischen Fragen halte ich für sehr wichtig. Um dermaßen kritisch sein zu können, müssen sie aber unabhängig sein von politischen, religiösen und auch von wissenschaftlichen Vorgaben, sowie einigermaßen von Einschaltquoten. Ich sage also vollkommen überzeugt ja zu einer Verbindung von Pressefreiheit und öffentlich-rechtlichem Rundfunk und Fernsehen. Nachdem ich nun auch mal hinter die Kulissen meiner Lieblingsradiosendung schauen konnte, höre ich sie noch wieder etwas anders als vorher. 

Auch das sind wertvolle und gute Erfahrungen.

Herzliche Grüße,
Ihr/Euer Michael A. Schmiedel
http://interreligioeser-rundbrief.blogspot.com/
 



(geschrieben am 2.9.2019 zu Hause in Siegburg)