Dienstag, Dezember 21, 2004

Interreligiöser Rundbrief Nr. 111

“Das ganze trügerische und nutzlose Wissen, das du hier angesammelt findest, wirf es gleich wieder weg.” Manuel Gogos


Ich schreibe weil ich lebe
und will, dass auch was bleibt,
von dem was ich so webe
bis in die Ewigkeit,
so dass in Tausend Jahren
auf der Raumstation
sie wissen, wer wir waren
und haben was davon,
sie werden an uns denken,
und fröhlich wird gelacht,
was wir vor 1000 Jahren
für einen Quatsch gemacht!
MAS


Interreligiöser Rundbrief für Köln/Bonn und Umgebung Nr. 111
(21.12.2004)

Interreligiöser Rundbrief für Köln/Bonn und Umgebung Nr. 111. 1
I. Editorial 3
II. Veranstaltungshinweise. 4
II.1.Veranstaltungen von WCRP Köln/Bonn. 4
II.1.a) WCRP Köln/Bonn AK-Treffen am 13.01.2005. 4
II.1.b) Schweigen für Frieden und Gerechtigkeit am 13.01 und 10.02. 2005. 4
II.1.c) Interreligiöser Gesprächskreis in Bonn am 10.02.2005: 5
II.2. Vorträge des Katholischen Bildungswerkes Bonn (zugesch. von Rainer Kaps) 5
II.2.a) Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz: Gott in der Postmoderne? Ermutigung aus ungewohnter Sicht am 10.01.2005 5
II.2.b) Thomas Sternberg: Gibt es eine Identität Europas? Zur Debatte um die EU-Mitgliedschaft der Türkei am 17.01.2005. 6
II.2.c) Peter Sauer: Evolution und Fortschrittsglaube am 24.01.2005. 6
II.2.d) Christine Schirrmacher: Der Koran und die Demokratie am 28.01.2005. 6
II.2.e) Nasr Abu-Sayd: Ist der Koran ausschließlich Gottes Wort? am 31.01.2005. 7
II.2.f) Hans-Joachim Höhn: Können Sie diese Welt lieben? Um des Menschen willen Gott und das Leid zusammendenken am 14.02.2005. 7
II.3. Exkursionen des Wissenschaftsladens Bonn und des AK Religiöse Topographie Köln/Bonn (zugsch. von Krischan Ostenrath) 8
II.3.a) Exkursion zur Neuapostolische Kirche in Bonn am 05.03.2005. 8
II.3.b) Exkursion zur Bonner Moschee Gemeinschaft e.V. in der Maxstraße am 09.04.2005. 8
II.3.c) Exkursion zum Centrum Lebendiges Wort in Bonn am 30.04.2005. 8
III. Erklärung des Runden Tisches der Religionen in Deutschland: Religionen gemeinsam für Toleranz und Integration (zugesch. von Alfred Weil) 8
IV. Forum.. 10
IV.1. Tod von Prof. Dr. Charles Ternes. 10
IV.2. Gedanken über die Rundbriefe. 10
IV.3. Leserbrief von Dorothee Palm zu Klaus Martin Finzels Eindrücken vom Offenen Tür des Islamzentrums im Interrel. Rundbrief Nr. 110, Punkt 2.b) 13
IV.4. Leserbrief von Jeannette Spenlen zu meinen Gedanken zur DITIB-Antiterrorismus-Demonstration in Köln am 21.11.2004 im interrel. Rundbrief Nr. 110 – 4. Nachtrag: 15
IV.5. Beiträge zu Interreligiösität, Multikulturalität usw. 15
IV.5.a) „Ken Wilber zu Multikulturalismus“ von Monika Fuchs (Psychologische Psychotherapeutin und angehende Fach- und Wissenschaftsredakteurin) 16
IV.5.b) Bericht von der „Heart to Heart for Peace“-Fahrt der Middle East Peace Initiative und der Interreligiösen und Internationalen Föderation für Weltfrieden nach Jerusalem von Gregor Sattler (katholischer Steuerzahler, aber Mitglied der Vereinigungskirche und der Familienföderation) 19
IV.5.c) Randbemerkungen von mir 20
V. Leserbrief von mir an den Stern zu der Serie über die Weltreligionen. 23
VI. belief-o-matic. 24
VII. Literaturtipps. 24
VII.1. Johann-Christoph Student (Hg.). Sterben, Tod und Trauer. Handbuch für Begleitende (Rezension von mir) 24
VII.2. Bücher aus dem Nachlass von Charles Ternes (zugsch. von Hans-Ulrich Reuter via Yggdrasill-Liste) 25
VII.3. Beiträge der DVRG-Tagung 2003 in Erfurt (zugesch. von Wassilios Klein via Yggdrasill-Liste) 25
VII.4. Global Hindu Diaspora. A Bibliography of Books and Main Articles (zugesch von Martin Baumann via Yggdrasill-Liste) 26
VII.5. Forschungsbericht über muslimische Migranten in der Zentralschweiz (zugesch. von Samuel-Martin Behloul via Yggdrasill-Liste) 27
VIII. Pressetexte. 27
VIII.1. Tagespostartikel über die Gefährdung der Menschenwürde: Wie rettet man den Menschen vor sich selbst? (zugesch. von Walter Schröder) 27
VIII.2. Tagespostartikel über Christen in Ägypten: Zwischen Tradition und Moderne. Ägyptens Christen werden nach wie vor verfolgt (zugesch. von Walter Schröder) 30
VIII.3. Tagespost-Artikel „Nun sag, wie hast dus mit der Religion?“ Gespräch zwischen dem Katholiken Joseph Ratzinger und dem Agnostiker Ernesto Galli della Loggia (zugesch. von Walter Schröder) 32
VIII.4. Tagespost-Artikel: „Da werden allerlei Mogelpackungen verkauft“ Lässt sich der Islam „europäisieren“? – Fragen an Erzbischof Paul Josef Cordes, den Präsidenten des vatikanischen Hilfswerks „Corunum“ (zugesch. von Walter Schröder) 35
VIII.5. Tagespost-Artikel: Die anhaltende Aktualität des heiligen Augustinus (zugesch. von Walter Schröder) 39
VIII.6. Zeit-Artikel: Als der Frieden zu Ende war. Über den Mord an Theo van Gogh (zugesch. von Helmut Schmitz) 42
VIII.7. taz-Artikel: brennpunkt 1,Gut, dass ihr mich erzieht (zugesch. von Yasin Alder via IHV-Bonn-Köln-Verteiler) 44
VIII.8. taz-Artikel über die muslimische Musikerin Hülya Kandemir: Die Glückliche (zugesch. von Nuri Köseli via IHV-Bonn-Köln-Verteiler) 46
VIII .9. Pressmitteilung vom Bildungs- und Kulturverein muslimischer Frauen NISA zur Spiegel-Auflage Nr 47 vom 15.11.2004 (zugesch. von Karimah Stauch, DML-Bonn) 49
VIII.10. Welt-Artikel Islamrat fühlt sich von den deutschen Kirchen ausgegrenzt (zugesch. von Jeannette Spenlen) 51
IX. Off-Topic: Musiktexte (von mir) 52
IX.1. Bal Folk mit Mensch Mayr und Jostal in Marienthal am 5.12.2004. 53
IX.2. Jochen Vogel u.a. am 17.12.2004 auf einer Weihnachtsfeier in Bonn. 54
IX.3. Ein paar unausgereifte Gedanken über bulgarische Einflüsse auf die irische Musik. 55
X. Und noch’n Gedicht 56
X.1. Br. David Steindl-Rast. OSB: Du (zugesch. von Karin Murad Merwanji) 56
X.2. Hildegard von Bingen: Sei tapfer und stark in der schiffbruechigen Welt (zugesch. von Karin Murad Merwanji) 57
X.3. Al-Ghazali: „…Wenn du das Wahre durch die (zugesch. von Haluq Yildiz via IHV-Bonn-Köln-Verteiler) 58


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I. Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

in dieser längsten Nacht des Jahres wünsche ich Ihnen/Euch allen zunächst eine frohe Wintersonnenwende, es sei denn, Sie befinden sich gerade auf der Südhalbkugel unseres Planeten, dann wünsche ich Ihnen eine frohe Sommersonnenwende. Ja, selbst Naturerscheinungen sind relativ, und erst recht unsere Interpretationen derselben. Für mich ist jedenfalls die Zeit zwischen Wintersonnenwende, wenn von der Erdachsstellung her das neue Sonnenjahr beginnt, und dem 1. Januar, an welchem der gregorianische Kalender 11 Tage später das neue Jahr einläutet, die Zeit zwischen den Jahren, in der ich mir gerne ein wenig mehr Muße gönne, in der die Zeit still zu stehen scheint.

Man schreibt im Laufe eines Jahres ja so manches sinnige und unsinnige Zeug, wobei die Entscheidung, was sinnig und was unsinnig ist, nicht in dem Geschriebenen selbst liegt, sondern in dem, was der Schreiber meint und dann entscheidend auch in dem, was der Leser da heraus liest. Im Kopf des schreibenden und im Kopf des lesenden sind Sinn und Unsinn vorhanden, dazwischen ist nur Nicht-Sinn. Ein geschriebenes Wort sagt nichts, wenn es niemand liest.

So gesehen könnten auch das Zitat von Manuel Gogos und mein kleiner Reim oben sinnig und unsinnig sein, wie Sie wollen. Das Gedichtlein viel mir übrigens spontan beim Blick in diese Seite ein: http://www.schreibrausch.de/, die mein Kommilitone Anselm Neft mit betreut. Schauen Sie mal da rein.

Auch der Sinn und Unsinn von Zeitungstexten erschließt sich uns nur, wenn wir ihn beim Lesen in unserm Geist konstruieren, sei es re- oder neu. Bei der Lektüre der Pressetexte unten mag also einer zustimmend nicken, ein anderer ablehnend den Kopf schütteln. Walter Schröder jedenfalls, der uns immer so erschöpfend mit Artikeln aus der Tagespost versorgt hat, hat sein Studium der kath. Theologie beendet und ist nun bis auf weiteres ohne Internetanschluss, weshalb wir auf seine Zusendungen auf nicht absehbare Zeit verzichten müssen. Walter, ich Danke Dir für Deine bisherige Presselektüre, die die interreligiösen Rundbriefe so lange bereichert haben!

Dieser Rundbrief ist die lange angekündigte Nr. 111, was sich im Forum niederschlägt, auch wenn nur eine Leserin und ein Leser speziell auf meine Bitte hin mir Texte zuschickt haben, so habe ich doch selbst einiges geschrieben, und zwei Leserinnen schickten davon unabhängig Leserbriefe.

Was es sonst zu entdecken gibt, entnehmen Sie bitte dem Inhaltsverzeichnis, denn dazu ist es ja da.

Bei den Veranstaltungshinweisen achten Sie bitte besonders auf Punkt I.2.e), denn da ist ein ganz besonderer Redner angekündigt, sozusagen der Hauptstürmer des aufgeklärten Islam.

Nun wünsche ich Ihnen und Euch noch angenehme lange Nächte zwischen den Jahren. An Lesestoff mangelt es ja nicht. So werde ich den Rundbrief der Informationsplattform Religion, der mir zugeschickt wurde, jetzt nicht auch noch anhängen, sondern ihn im Januar nachreichen. Wer dazu zu ungeduldig ist, kann ja mal hier hinein schauen: http://www.religion-online.info/. Da kann man den Newsletter auch direkt bestellen.


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II. Veranstaltungshinweise

II.1.Veranstaltungen von WCRP Köln/Bonn

II.1.a) WCRP Köln/Bonn AK-Treffen am 13.01.2005
Der Arbeitskreis von Religions for Peace/WCRP Köln/Bonn trifft sich am Do 13.01.2005 um 19 Uhr 19 Uhr, Domforum, Raum U3 in Köln.
Interessenten an der WCRP-Arbeit sind herzlich eingeladen.

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II.1.b) Schweigen für Frieden und Gerechtigkeit am 13.01 und 10.02. 2005

Das Schweigen für Frieden und Gerechtigkeit findet am Do 13.01. und Do 10.02.2005 wie immer von 17.30 bis 17.45 Uhr auf dem Münsterplatz in Bonn statt, und jede(r) ist herzlich dazu eingeladen.
Unsinn, das Schweigen im Januar ist am 6.1.2005!

Achtung: Das Schweigen im Februar (10.02.) ist ausnahmsweise am 2. Donnerstag im Monat, nicht am 1., da am ersten Do im Februar Weiberfasnacht ist.

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II.1.c) Interreligiöser Gesprächskreis in Bonn am 10.02.2005:
Auch wegen Weiberfasnacht am 3.2. findet der interreligiöse Gesprächskreis am 10.02.2005 statt und zwar ab 19.30 Uhr bei Lioba von Lovenberg, Argelanderstraße 6, Bonn.
Thema des Abends: Fasten

Entgegen der Befürchtung, durch die Terminverschiebung im Dezember und die Ortsverschiebung in Lioba von Lovenbergs Privatwohnung, würden noch weniger als die gewohnten vier Teilnehmer kommen, waren wir beim Gesprächskreis im Dezember sogar neun Leute. Es entwickelte sich ein tief gehendes Gespräch über Gebet und Meditation als Zugänge zu Gott bzw. zum Absoluten. Und auch neun Menschen brachten da eine große Vielfalt an Zugängen zur Sprache, von einer Vorliebe für vorformulierte Gebete bis zu einer für frei formulierte, von einer Betonung des Zuhörens im Gebet bis zu gezielten Bittgebeten, von nur gelegentlichen Gebeten bis regelmäßigen Gebeten mehrmals täglich, vom Rosenkranz bis zur Zen-Meditation usw.. Alle Gesprächsteilnehmer(innen) konnten ihre Gebets- und Meditationspraxis den anderen vorstellen und die je anderen Praktiken sich vorstellen lassen, das alles in einer entspannten Gesprächsatmosphäre. Wer ähnliches erleben will, sei im Februar herzlich eingeladen.

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II.2. Vorträge des Katholischen Bildungswerkes Bonn (zugesch. von Rainer Kaps)

II.2.a) Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz: Gott in der Postmoderne? Ermutigung aus ungewohnter Sicht am 10.01.2005
Mo., 10. Januar 2005, 20.00 Uhr Gangolfstraße 14
Gott in der Postmoderne?
Ermutigung aus ungewohnter Sicht
Professorin Dr. Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz, Dresden
Nach dem Ende des Säkularismus kehrt das Religiöse zurück. In Werken der Literatur und Kunst drückt sich das Leiden an einem transzendenzlosen Menschenleben aus. In Wissenschaft und Ethik zeigt sich Unbehagen an der nicht-orientierten Autonomie des Menschen. In verbreiteten Alltags-Praktiken (Horoskop, Aberglaube, Esoterik) kommt das Religiöse zum Vorschein, allerdings ohne Rückbindung an erprobte Formen des Kultes und der Frömmigkeit. Die Moderne wollte die Religion los werden. Kommt sie zurück, weil Menschen nicht ohne Religion sein können? Lässt sich angesichts dieser Phänomene und des weiteren Voranschreitens der Entchristlichung das Eigene des Christlichen „retten“?
Montag, 10. Januar 2005, 20.00 bis 22.15 Uhr
Münstersaal, Gangolfstraße 14, Bonn
Teilnehmerbeitrag: € 6,- BBN 7201001


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II.2.b) Thomas Sternberg: Gibt es eine Identität Europas? Zur Debatte um die EU-Mitgliedschaft der Türkei am 17.01.2005

Mo., 17. Januar 2005, 20.00 Uhr Gangolfstraße 14
Gibt es eine Identität Europas?
Zur Debatte um die EU-Mitgliedschaft der Türkei
Professor Dr. Dr. Thomas Sternberg, Münster
Mehr als bisher ist über die Frage nachzudenken, ob und wie die europäische Staatengemeinschaft – vielleicht schon in wenigen Jahrzehnten ein Bundesstaat EUROPA – in ihrem Innern die kulturelle Differenz von Christen und Muslimen verkraftet. In einem vordergründigen Gleichheitsdenken wird allzu leicht übersehen, dass das Zusammenleben von Menschen verschiedener religiös begründeter Kulturen in Europa zu unlösbaren Problemen führen könnte. - Th. Sternberg, der kulturpolitische Sprecher des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, hat eine Debatte eröffnet.
Kooperation: Bund katholischer deutscher Akademikerinnen
Montag, 17. Januar 2005, 20.00 bis 22.15 Uhr
Münstersaal, Gangolfstraße 14, Bonn
Teilnehmerbeitrag: € 6,- BBN 5801001

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II.2.c) Peter Sauer: Evolution und Fortschrittsglaube am 24.01.2005


Mo., 24. Januar 2005, 20.00 Uhr Gangolfstraße 14
Evolution und Fortschrittsglaube
Professor Dr. Klaus Peter Sauer, Bonn
Der Glaube an ein Fortschreiten der Natur begann mit Aristoteles. Das Mittelalter ging von einer Stufenfolge aus: Von den unbelebten Dingen über die einfachsten Lebensformen zu den Pflanzen, Tieren und Menschen zum Schöpfergott. Dieses Konzept wurde im 18. Jahrhundert um die Dimension der Zeit erweitert. Als Ursache dafür wurde ein weiser Schöpfer oder eine den Dingen innewohnende Tendenz zur Vervollkommnung angenommen. Darwin löste eine heftige Diskussion über die angenommene Determiniertheit der Natur aus. Doch sein Konzept der natürlichen Selektion ist ein opportunistisch und lediglich a posteriori bewertender Prozess, der weder Ziele setzt noch verfolgt. Die Darwinisten hatten große Mühe, ihre Gegner davon zu überzeugen, dass sie damit nicht zugleich einen evolutiven Fortschritt ablehnten.
Montag, 24. Januar 2005, 20.00 bis 22.15 Uhr
Münstersaal, Gangolfstraße 14, Bonn
Teilnehmerbeitrag: € 6,- BBN 7103001

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II.2.d) Christine Schirrmacher: Der Koran und die Demokratie am 28.01.2005



Fr., 28. Januar 2005, 19,30 Uhr Pommernstr. 1
Der Koran und die Demokratie
Dr. Christine Schirrmacher, Bonn
Muhammad trat in Mekka als Gesandter Allahs und Mahner vor dem drohenden Gericht auf. Erst nach der Übersiedlung der ersten muslimischen Gemeinschaft nach Medina wird er zum Staatslenker, Heerführer und Gesetzgeber. Welches Herrschaftsmodell entwirft der Koran? Wodurch wird die Regentschaft der Nachfolger Muhammads gekennzeichnet? Welche Folgerungen ergeben sich daraus für das Ideal der „gerechten Herrschaft“ in der Gegenwart? Es gibt unterschiedliche Auffassungen rechtmäßiger Herrschaft bei Sunniten und Schiiten. Wie wird die Gewaltenteilung nach der Scharia aufgefasst? Wie begründet sich im Islam der Anspruch, „Religion des Friedens“ zu sein? Warum konnte sich in keinem islamischen Land eine Demokratie etablieren?
Kooperation: Thomas-Morus-Kreis Bonn
Freitag, 28. Januar 2005, 19.30 bis 21.45 Uhr
Pfarrheim St. Thomas Morus, Pommernstr. 1, Bonn-Tannenbusch
BBN 5203001

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II.2.e) Nasr Abu-Sayd: Ist der Koran ausschließlich Gottes Wort? am 31.01.2005
Mo., 31. Januar 2005, 20.00 Uhr Gangolfstraße 14
Ist der Koran ausschließlich Gottes Wort?
Professor Dr. Nasr Abu-Sayd, Universität Leiden (NL)
Ist das Wort Gottes mit dem Text des Koran identisch? Das gilt im Islam als orthodoxe Auffassung, jedoch hält der an der Al-Azhar-Universität ausgebildete Nasr Abu-Sayd einen Unterschied fest: Das Attribut „göttlich“ kommt allein Allah als der Quelle des Koran zu. Der in Arabisch geschriebene Koran stellt für ihn eine spezifische Manifestation des Wortes Gottes dar, die durch Situation, Sprache und Kultur der Adressaten geprägt ist. Er spiegelt in der vorliegenden Form das dialektische Verhältnis von Gottes Offenbarung und menschlichem Interesse. Und wie der Text des Koran einen endlosen Dekodierungsprozess gestattet, so ist auch seine Deutung unabschließbar. (Der in Englisch gehaltene Vortrag wird übersetzt.)
Montag, 31. Januar 2004, 20.00 bis 22.15 Uhr
Münstersaal, Gangolfstraße 14, Bonn
Teilnehmerbeitrag: € 6,- BBN 7201002

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II.2.f) Hans-Joachim Höhn: Können Sie diese Welt lieben? Um des Menschen willen Gott und das Leid zusammendenken am 14.02.2005

Mo., 14. Februar 2005, 20.00 Uhr Gangolfstraße 14
Können Sie diese Welt lieben?
Um des Menschen willen Gott und das Leid zusammendenken
Professor Dr. Hans-Joachim Höhn
Wie können wir einer Welt zustimmen, die von Angst und Schuld, Unglück und Willkür, Tod und Unheil geprägt ist? Wenn wir mit unserem Denken den Widerspruch zwischen den Übeln der Welt und der Existenz eines liebenden und allmächtigen Gottes nicht lösen, hilft dann der Glaube, mit dem Paradox zu leben? Philosophische Lösungsversuche sind gescheitert, die gläubige Beschwichtigung des Leidens ist inhuman. Es bleibt der Versuch, Gott und das Leid zusammenzudenken: Um einer Lebenspraxis willen, die Gottes guten Schöpfungswillen im Tun zur Geltung bringt. Der biblische Glaube bietet keine Interpretation dieser Welt, wie sie ist, sondern inspiriert eine Praxis, durch die diese Welt anders wird.
Montag, 14. Februar 2005, 20.00 bis 22.15 Uhr
Münstersaal, Gangolfstraße 14, Bonn
Teilnehmerbeitrag: € 6,- BBN 7301001


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II.3. Exkursionen des Wissenschaftsladens Bonn und des AK Religiöse Topographie Köln/Bonn (zugsch. von Krischan Ostenrath)

Bei folgenden Exkursionen erbittet der Wissenschaftsladen eine vorherige Anmeldung, damit die Exkursionen auch stattfinden: http://www.wilabonn.de/



II.3.a) Exkursion zur Neuapostolische Kirche in Bonn am 05.03.2005
Sa., 05.03.2005, 14.00 Uhr: Neuapostolische Kirche, Erste Fährgasse 4, 53113
Bonn

II.3.b) Exkursion zur Bonner Moschee Gemeinschaft e.V. in der Maxstraße am 09.04.2005
Sa., 09.04.2005, 14.00 Uhr: Bonner Moschee Gemeinschaft e.V., Maxstraße 60,
53111 Bonn

II.3.c) Exkursion zum Centrum Lebendiges Wort in Bonn am 30.04.2005

Sa., 30.04.2005, 14.00 Uhr: Centrum Lebendiges Wort, Quellenstraße 17, 53177
Bonn


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III. Erklärung des Runden Tisches der Religionen in Deutschland: Religionen gemeinsam für Toleranz und Integration (zugesch. von Alfred Weil)

Religionen gemeinsam für Toleranz und Integration

Der Runde Tisch der Religionen in Deutschland, in dem führende Persönlichkeiten der Juden, der Christen, der Muslime, der Buddhisten und Baha’i seit 1998 zusammenkommen, wendet sich angesichts neuer Tendenzen zu Antisemitismus, Islamophobie, Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus in unserer Gesellschaft an die Öffentlichkeit.
Wir erklären, dass wir mit unseren Religionsgemeinschaften uneingeschränkt auf der Basis des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland stehen und entsprechend handeln.
Wir wissen, dass die im Grundgesetz garantierte Freiheit der Religionszugehörigkeit, der Religionsausübung, des Religionswechsels - einschließlich des Rechts, keiner Religion anzugehören - wie auch die Mitwirkung der Religionsgemeinschaften am öffentlichen Leben ein hohes Gut ist, das nur in Toleranz und gegenseitigem Respekt gewahrt werden kann.
Wir wenden uns gegen allen Fanatismus, gerade auch wenn er religiös und weltanschaulich motiviert ist. Toleranz gegenüber Intoleranz und jegliche Duldung von Aktivitäten, die zu Terrorismus führen, dürfen in unserer Gesellschaft und damit auch in unseren Religionsgemeinschaften keinen Platz haben. Wir sehen die gesellschaftliche Vielfalt als einen Reichtum an. Wir fördern alles, was der Integration dient.

In allen Religionen gibt es die Aufforderung zur Mitmenschlichkeit und zum Frieden, zur Achtung der Würde des einzelnen Menschen und zur Bewahrung der Lebensgrundlagen. Diese gemeinsame Botschaft des Friedens, der Toleranz und der gegenseitigen Achtung zu fördern und auch in unserer Gesellschaft wirksam werden zu lassen, ist die wesentliche Aufgabe des Runden Tisches der Religionen.

Wir setzen uns deshalb dafür ein,
· dass Konflikte grundsätzlich gewaltfrei gelöst werden,
· dass eine Religion niemals zur Rechtfertigung von Gewalt dienen kann,
· dass eine Religion nicht für politische Zwecke missbraucht werden darf,
· dass die Religionsgemeinschaften für gegenseitige Kenntnis, für Respekt und Toleranz werben und dass dies ein wesentliches Thema religiöser Erziehung sein muss,
· dass die Religionsgemeinschaften aktiv unseren demokratischen und sozialen Rechtsstaat unterstützen, damit jede Form von Extremismus und Fundamentalismus, Nationalismus oder andere menschenverachtende Ideologien keine Chance haben,
· dass die Religionsgemeinschaften Begegnungen und Dialoge fördern,
· dass die Religionsgemeinschaften mithelfen, eine bessere Chancengerechtigkeit zu ermöglichen – mit voller Gleichberechtigung von Mann und Frau und dem Schutz und der Förderung der Familien,
· dass keine Religionsgemeinschaft wegen der Taten einzelner pauschal verurteilt und niemand wegen seiner Religionszugehörigkeit diskriminiert wird.

Wir laden ein, hierfür in allen Städten und Regionen Deutschlands Zeichen zu setzen.
Mainz, am 1. Dezember 2004

Für den Nationalen Geistigen Rat der Baha’i: Dr. Nicola Towfigh
Für die Deutsche Buddhistische Union: Dr. Alfred Weil
Von der Evangelischen Kirche: Bischöfin Bärbel Wartenberg-Potter
Vorsitzender des Islamrates: Ali Kizilkaya
Von der Orthodoxen Kirche: Ipodiakon Nikolai Thon
Von der Römisch-Katholischen Kirche: Weihbischof Dr. Hans-Jochen Jaschke
Vom Zentralrat der Juden in Deutschland: Landesrabbiner em. Dr. Henry Brandt
Vorsitzender des Zentralrats der Muslime: Dr. Nadeem Elyas

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IV. Forum

IV.1. Tod von Prof. Dr. Charles Ternes

Hans-Ulrich Reuter bat mich, folgende Todesmitteilung, die er in der Yggdrasill-Liste rund geschickt hat, auch im interrel. Rundbrief bekannt zu geben:

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

den Beginn des neuen Semesters bzw. das Ende der schulischen Herbstferien zum Anlaß nehmend, muß ich Ihnen mitteilen, daß der große Luxemburger Religionswissenschaftler Professor Dr. Charles Maria Ternes am 06. Juni 2004 nach langer Krankheit verstorben ist. Sein Tod ist nicht nur für die die ihn persönlich kannten sondern auch für die Wissenschaft ein großer Verlust.

In tiefer Trauer,

Hans-Ulrich Reuter.

Dr. phil. H.-U. Reuter
Herderstraße 21
32427 Minden



PS: Ich schreibe diese Zeilen im Auftrag von Prof. Hartmut Zinser, dem provisorischen Vorstand der Association Europeenne pour l'Etude Scientifique des Religions (EurAssoc), als dessen Kontaktperson zu Yggdrasill.

PS: Über eine Aufnahme der beiden gestrige Nachrichten in Ihren
interreligiösen Rundbrief würden wir uns auch sehr freuen.



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IV.2. Gedanken über die Rundbriefe

Tja, auf meine Bitte um Zusendung von Gedanken und Erlebnissen über und mit Interreligiosität oder Multikulturalität sind nur zwei Leute eingegangen. Was weiter unten im Forum zu lesen ist, wurde mir großenteils unabhängig davon zugeschickt. Aber ich ließ mir auch schon sagen, dass wohl kaum jemand darauf antworten wird. Ja, ich weiß und könnte mir so viele Gründe vorstellen, die dagegen sprechen, auf meine Bitte einzugehen, dass ich damit ein paar Seiten füllen könnte, was ich jetzt aber tunlichst lasse, denn es gibt wichtigeres zu schreiben.

Wenn man Leute persönlich anschreibt reagieren sie meistens eher. Seit Oktober 2003 habe ich nach und nach fast alle – genau gesagt 364 – Rundbriefleser(innen) persönlich angeschrieben, und gefragt, ob die Rundbriefe willkommen sind und wie sie genutzt werden. Und immerhin erhielt ich 129 Antworten, darunter nur 2 oder 3 Abmeldungen. Die meisten Antworten schmeichelten mir sehr, und zeigten mir, dass ich das hier nicht nur für mich tue. Danke!

Viele bejahten den genanten Zweck:
- Informationen über Veranstaltungen mit interreligiösen, religionswissenschaftlichen, religionsphilosophischen, religionstheologischen, friedensfördenden und ausgewählten anderen Themen
- Weitergabe von interessanten Texten und anderen Informationen aus diesen Themenbereichen
- Vermittlung eines Eindruckes von der Vielfalt des religiösen Lebens in unserer Region
- Förderung des gegenseitigen Interesses zwischen Menschen verschiedenen Glaubens
- Förderung des friedlichen Miteinanderlebens in unserer gemeinsamen Gesellschaft
- Bildung eines Forums des Austausches von Informationen, Anschauungen, Meinungen usw.

Einige bezweifelten, ob ich das alles auch erreiche. Klar, ich mag zwar Utopien, aber ein solcher Tagträumer bin ich nun auch wieder nicht, dass ich hier eine Anvisierung mit dem Erreichen eines Zieles verwechsele. Aber ich denke da auch eher prozess- als zielorientiert. So als Zen-Praktizierender tut man das so;-)

Viele beklagten sich, die Rundbriefe seien zu lang. So mancher beklagte die Unübersichtlichkeit, worauf ich mit den Inhaltsverzeichnissen anfing, die man, wenn man sich die Rundbriefe als doc- oder htm-Datei schicken lässt, auch einfach anklicken kann, um so zu den Beiträgen zu kommen. Das wurde auch alles schon lobend zu Kenntnis genommen.

Mancher schlug Kürzungen vor: man könne die Leserbeiträge weglassen oder die Zeitungsartikel oder die Gedichte oder die Veranstaltungshinweise oder ... Aber andere hoben gerade das als besonders interessant hervor, was die einen kürzen wollen. So kann ich nun auch nicht anders, als Euch/Ihnen die Wahl zu lassen, was Ihnen/Euch als lesenswert erscheint. So macht man das bei einer Zeitung ja auch. Und es gibt aber tatsächlich Leser(innen), die schrieben, dass sie alles läsen. Hut ab!

Die Rundbriefe mit einer Homepage zu verbinden, was einige vorschlugen, halte ich für eine gute Idee. Aber alles Homepagemäßige schiebe ich immer auf die Zeit, da ich mein Domizil in Siegburg endlich mal aufschlage, woran wir schon seit Jahren nebenbei arbeiten, so wie der Anwalt Petrocelli in der gleichnamigen US-Krimiserie aus den 1970ern die ganze Serie lang an seinem Haus baute, Stein um Stein, auch eher prozess- als zielorientiert, wobei er aber in jeder Folge einen Gerichtsfall erfolgreich löste. (Vgl. http://www.tvtome.com/tvtome/servlet/ShowMainServlet/showid-1862/Petrocelli/. Ich lese gerade, dass sie derzeit sonntags auf Premiere ausgestrahlt wird, was ich allerdings nicht empfange. Vgl. http://www.wunschliste.de/links.pl?p=1&s=0920 )

Nun sind es also 111 interreligiöse Rundbriefe, eigentlich ja mehr, wenn man jeden Zwischen- und Ergänzungsrundbrief extra zählt. Mal sehen, ob wir die Nr. 1111 auch erreichen. Warum tue ich das eigentlich? Ich meine nicht, dass ich oben genanntem Zweck dienen möchte, das ist klar, aber was ist an diesem Zweck so wichtig? Die Antwort darauf ist mir zumindest auch sehr klar: Ich halte Religion für einen wichtigen, weil Sinn gebenden Teil des menschlichen Lebens, der aber, wie alles Menschliche, nicht frei von Fehlern ist. Fehler kann man aber meistens am besten dadurch vermeiden oder beheben, indem man von anderen lernt, was wiederum nur geht, indem man sich mit ihnen austauscht. Durch den mangelnden Austausch und statt dessen einer – wie Wolfgang Gantke es ausdrückt – Gehäusementalität vieler Menschen, auch religiöser, wird aber eher einer Sturheit und einem Fanatismus Vorschub geleistet. Und da meine ich, kann man eigentlich kaum genug, aber auf keinen Fall zu wenig tun, um dem entgegen zu wirken. Ich weiß zwar mittlerweile auch den Konservativismus kognitiver Systeme konstruktivistisch zu erklären und ihm auch gutes abzugewinnen – wir als nicht mehr durch Instinkte verhaltendeterminierte Wesen reduzieren durch ein konservatives Beibehalten angewöhnter Betrachtungsweisen die nahezu unendliche Vielfalt möglicher sinnvoller Weisen, die Dinge zu sehen auf ein überschaubares Minimum und erhalten uns so das innere kognitive und psychische Gleichgewicht und unsere Orientierungsmöglichkeit –, aber das muss nicht heißen, dass wir nicht nach unseren jeweiligen Möglichkeiten bemüht sein sollten, unseren Horizont zu erweitern, und zumindest zu tolerieren, dass andere Menschen sich die Welt anderes erklären und trotzdem gut damit leben. Auf der Toleranz aufbauend kann dann die Möglichkeit erwachsen, von den anderen und ihren Vorstellungen tatsächlich zu lernen und das eine oder andere für sich zu übernehmen oder zumindest den Anderen in seinem Anderssein zu respektieren. Die beiden Schritte sind für viele vielleicht tatsächlich zu schwierig, aber der der Toleranz muss doch drin sein bei einem Homo sapiens sapiens, denke ich.

Mancher sagt mir, ich solle lieber mehr Zeit in die berufliche Karriere oder noch eher ins Geldverdienen stecken. Ja klar, ich hätte gerne mehr Geld als die knapp 600 Euro, die ich nun bekommen werde als Wissenschaftliche Hilfskraft mit Lohnsteuerklasse 5, da mein Stipendium, aber nicht meine Dissertation zu Ende ist. Und ich wäre auch gerne ein paar Rangstufen höher in der gesellschaftlichen Hierarchie, um noch mehr Respekt auch von den Mitmenschen zu erhalten, die auf solche Dinge viel Wert legen, denn die sind es nun mal, die die Geschicke unserer Gesellschaft lenken. Und wenn man die erreichen will, muss man von ihnen anerkannt sein. Dummerweise läuft das dann aber manchmal so, dass wer von ihnen anerkannt ist, seine ideellen Lebensziele vergessen hat. Das muss nicht so sein, kommt aber vor. Und da ich kein Geschäftsmann, tue ich eben vieles ohne Blick auf Profit und Fortkommen, sondern einfach weil ich es für richtig und notwenig halte und – ja, das gebe ich gerne zu – weil es mir Spaß macht.

Ich betreibe gerne mein Fach, die Religionswissenschaft, meine dabei aber, dass es neben der akademischen Forschung noch andere Möglichkeiten gibt, das was ich im Studium und beim Forschen lerne, gesellschaftlich sinnvoll anzuwenden. Wer will kann ja mal meinen Vortragstext „Der interreligiöse Dialog als Aufgabe einer angewandten Religionswissenschaft“ unter http://www.uni-erfurt.de/religion_im_konflikt/abstracts.htm#P17A9 lesen. Ah, da steht nur die Kurzfassung, die lange kann ich aber auf Nachfrage gerne zuschicken. Dass die interrel. Rundbriefe den Rahmen der Religionswissenschaft verlassen, und das nicht nur bei den Gedichten und Musikrezensionen, sondern auch in vielen eher politischen, philosophischen und theologischen Beiträgen und persönlichen Stellungnahmen, ist beabsichtigt und von vielen Leser(inne)n begrüßt. Das dient nicht nur der Auflockerung, sondern der gegenseitigen Durchdringung verschiedener Bereiche, die sich mit dem Thema Religion auseinandersetzen. Wo es nicht um saubere Forschungsmethoden geht, ist eine scharfe Trennung der Bereiche voneinander m.E. nicht immer notwendig (manchmal dagegen schon). Vgl. dazu auch meinen zweiteiligen Artikel „Zwischen Religion und Wissenschaft“ unter http://www.fs-rewi.uni-bonn.de/ss/ss2a9.htm und http://www.fs-rewi.uni-bonn.de/ss/ss3a8.htm.

Ich bin vielmehr davon überzeugt, dass eine Einbeziehung religionswissenschaftlicher Erkenntnisse und Theorien in das eigene religiöse und philosophische Nachdenken so manche Überhöhung menschlicher Konstrukte in den göttlichen oder absoluten Bereich vermeiden helfen kann, ohne diesen transzendenten Bereich damit zu leugnen. Gerade der Konstruktivismus bietet eine sehr praktikable kognitionswissenschaftliche Basis dafür, unser Erkennen- und Wissenkönnen kritisch zu überdenken und so mehr Toleranz gegenüber anderen, uns fremden Modellen der Welterklärung und Sinndeutung zu entwickeln. Wichtig ist immer, wie weit ich mit meinen Erklärungen gehen kann, wie weit mich mein Gerüst aus Vorstellungen und Glaubensinhalten trägt, und für eine Gesellschaft ist es wichtig, wie weit die unterschiedlichen Denk- und Glaubensweisen fähig sind, Stabilität und Entwicklung der Gesellschaft zu fördern.

Diese beiden genannten Zwecke, den Religion erfüllen kann, sind diesseitig. Ich möchte Religion keinesfalls auf das Diesseitige reduzieren, aber wo sie in Bezug auf diesseitige Werte eine entgegengesetzte Wertung einnimmt, muss sie um so kritischer hinterfragt werden. Da muss man ganz sorgfältig sein und mit Vernunft und Gefühl abwägen, welche Intentionen dahinter stehen könnten und auf welche Kontexten man es anwenden könnte. In Bezug auf die in Frage gestellten diesseitigen Werte muss man fragen, wie zentral sie sind, was sie stützen, wen sie bevorteilen, wie weit der Vorteil reicht, und bei den auf den jenseitigen, transzendenten Bereich bezogenen Vorstellungen muss man ganz sorgfältig prüfen, wo denn der, der sie formuliert hat, seine Kenntnisse her hat und wie er sie begründet, welche Kosten ihre Umsetzung mit sich bringt, und immer wieder, wie weit ihr Gültigkeitsbereich ist. Bei dieser Überprüfung wird nicht jeder zum selben Ergebnis kommen, aber auch unterschiedliche Ergebnisse können richtig und auch bei gleich klingenden kann eines falsch, das andere richtig sein.

Nun genug der komplizierten Worte, weiter unten kommen noch ein paar Randbemerkungen, aber nun will ich er’s einmal andere zu Worte kommen lassen.



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IV.3. Leserbrief von Dorothee Palm zu Klaus Martin Finzels Eindrücken vom Offenen Tür des Islamzentrums im Interrel. Rundbrief Nr. 110, Punkt 2.b)

Lieber Michael,

es ist Nachmittag im Ramadan und mein Hirn ist nicht mehr so leistungsfähig, daher konnte ich einfach nicht alle langen Artikel lesen... Aber zwei Bemerkungen muss ich doch machen:
Bei der WCRP-Veranstaltung in Köln heißt es in dem Bericht, "Der Vertreter der Evangelischen Kirche sagte, sie (die Türken) würden immer behaupten, sie wären für Zusammenarbeit und respektierten andere Religionen. In der Türkei sähe das aber anders aus. Sie möchten darauf hinwirken, dass Christen auch in der Türkei anständig behandelt würden."
Das finde ich eine solche unerhörte Überforderung, mit der sich Migranten immer wieder auseinandersetzen müssen: Sorgt doch bitte dafür, dass in Euren Herkunftsländern - aus denen ihr oftmals geflohen seid - sich die Politik ändert. Wie, bitte, sollen sie das denn machen? Macht zudem irgdenwer die Christen in Deutschland etwa für die evangelikalen Fundamentalisten in den USA verantwortlich und fordert sie auf, dafür zu sorgen, dass dort niemand mehr Bomben in Abtreibungskliniken schmeißt??...
Zum anderen fand ich die Bemerkung des Islamwissenschaftlers Tilman Nagel mal wieder sehr vielsagend, die Muslime sollten nun aufhören, den Korantext als Lebensrichtlinie zu nehmen. Ja prima, dann lassen Juden, Christen und Muslime auch die 10 Gebote künftig einfach außer Acht, denn die stehen ja in der Bibel und gelten auch für Muslime. ???!! Ich weiß wirklich nicht, warum manche Islamwissenschaftler davon ausgehen, es gäbe nur Wörtlichnahme der offenbarten Texte. Sie sehen den Islam genau durch die "fundamentalistische" Brille, die sie angeblich ablehnen.
Nein: Der Koran erinnert den Menschen, dass er nicht unabhängig von Gott ist, dass er nicht viel selbst unter KOntrolle hat und dass seine Handlungen Folgen haben, die spätestens nach dem Tod deutlich werden. In welcher Form, ist offen, und die Höllen- und HImmelsbilder sind Allegorien. Für mich als aufgeklärte, westliche, emanzipierte Muslima ist das eine Lebens-Leitlinie, die mir hilft, in dieser komplizierten globalisierten Welt einigermaßen menschenfreundlich zu überleben. Und ich möchte mir einfach nicht mehr von Nichtmuslimen sagen lassen müssen, ich sollte das doch vergessen.
Friede sei mit uns allen und gehe von uns aus. Dorothee

+

Antwort von mir:

Nun ja, die Stellungnahme von Klaus-Martin Finzel bezieht sich auf die DITIB, und deren Vertreter sind ja nicht geflohen, oftmals auch gar keine Emigranten, sondern Beauftragte des türkischen Staates.

Deiner Kritik an Tilman Nagels Äußerung bzw. an der Wiedergabe seiner Äußerung in der Tagespost stimme ich zu. Da müsste man sehr viel genauer darlegen, was mit „als Lebensrichtlinie nehmen“ gemeint ist.

Andererseits weißt Du ja auch, dass Deine Konstruktion von Koran und Islam eben eine „aufgeklärte, westliche, emanzipierte“ ist, und viele Muslime damit (noch) nichts anfangen können, viele Nichtmuslime ebenso wenig. Da gibt es noch viel zu tun.

+

von Dorothee Palm:

Lieber Michael,

danke für Deine Antworten. Ich könnte jetzt noch immer so weiter pingpong spielen, nach dem Motto: Die meisten Immis sind, auch wenn nicht Flüchtlinge, dennoch nicht für die politischen Verhältnisse in ihren Herkunftsländern haftbar zu machen, oder so... Aber lassen wir das. Zugegeben, bei Vertretern des türk. Staates isses was anderes.

[...]

Grüße, Deine

Dorothee S. Palm




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IV.4. Leserbrief von Jeannette Spenlen zu meinen Gedanken zur DITIB-Antiterrorismus-Demonstration in Köln am 21.11.2004 im interrel. Rundbrief Nr. 110 – 4. Nachtrag:

Lieber Michael, eine kurze Bemerkung zu deinen Gedanken über die Demo in Köln:

Ich gehe ganz dáccord mit deinen Äußerungen über Distanz zu gewalttätigen Terroristen im Namen des Islam.

Das Grundproblem besteht meiner Ansicht nach darin, dass sich Repräsentanten muslimischer Staaten und oder Muftis im direkten Anschluss an den 11. September nicht von den Anschlägen distanziert haben, aus welchem politischen Kalkül auch immer.

Eine direkte Distanzierung "im Namen des Islam" hat nicht stattgefunden und so mussten und müssen sich viele Muslime in muslimischen Ländern und in Europa immer wieder persönlich distanzieren.

Der Aufruf zur Demo hat mir sehr gut gefallen, ich dachte: Na endlich!!

Es wird immer kritisiert, die von Ankara ferngesteuerte DITIB habe zur Demo mobilisiert. Das finde ich nicht schlimm. Immerhin gab es ja auch islamistisch terroristische Anschläge in Istanbul !!!
Zum anderen: Hier im Rheinland findet im nächsten Jahr der Weltjugendtag statt, diese Idee ist aber nicht in Köln erfunden worden, sondern eine Vatikanische Idee. Also auch ferngesteuert und die hiesigen Geistlichen , katholischen Jugendlichen machen gerne mit..

Bei den Religionen gibt es Zentren und Peripherien...

Der wichtigste Punkt, den du angesprochen hast ist die Frage: Wer soll was tun?

Die eingeborenen Deutschen fordern von den zugewanderten (Deutschen)INTEGRATION (meist gemeint Deutsch sprechen, unauffällig sein
Die eingewanderten (deutschen) fordern von den Eingeborenen Deutschen: TOLERANZ
(meist gemeint: Kopftuch tragen erlaubt, Teestuben akzeptieren, Türkisch/Arabisch/Bosnisch sprechen ok)

Diese Forderungen sind ja gut und schön, aber wirkliche Veränderung passiert nicht. Denn dies bedeutet: Auf einander zu gehen, gemeinsame Gesprächskreise über Gott und die Welt im Allgemeinen, das Viertel, Familienleben- und -werte, Eigenständigkeit, islamischer Religionsunterricht, Schulerfolge ... im Besonderen.
DA tut sich meiner Ansicht nach zuwenig.

Beste Grüße
Jeannette


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IV.5. Beiträge zu Interreligiösität, Multikulturalität usw.

IV.5.a) „Ken Wilber zu Multikulturalismus“ von Monika Fuchs (Psychologische Psychotherapeutin und angehende Fach- und Wissenschaftsredakteurin)
Ken Wilber äußert sich in seinem Werk „Eros, Kosmos,Logos – eine Jahrtausend-Vision“ in einem Abschnitt zum „Multikulturalismus“ und beleuchtet hier zum einen, was „kulturelle Tolerenz“ in positivem Sinne bedeuten könnte, zum anderen bringt er Beispiele für Zerrformen einer solchen Haltung. Vor allem betont er, dass kulturelle Toleranz immer auch den „Standpunkt der Rationalität“ erfordere, wolle sie echt sein und Zerrformen ausschließen. Kulturelle Toleranz i. Sinne „der Fähigkeit, sich in die Lage eines anderen zu versetzen und dann die die Sichtweise des anderen zu achten oder zumindest zu tolerieren, falls man nicht mir ihr übereinstimmt“ sichere „Rationalität als universal-pluralistische Haltung“. (Wilber (2002), S. 254)

Ken Wilber benutzt in seinem Werk bestimmte Bezeichnungen für bestimmte Formen des Denkens, die er als „archaisch“, „magisch“, „mythisch“ und „mental“ bezeichnet und jeweils eine bestimmte Art und Weise die Welt wahrzunehmen, zu sehen und zu interpretieren, nach sich ziehen. Derartige Einordnungen finden wir auch bei anderen Denkern wie etwa dem kognitivistisch orientierten Entwicklungspsychologen Jean Piaget oder dem Soziologen Jürgen Habermas. In unserem Zusammenhang ist, was diese Begriffsverwendungen angeht, nur wichtig zu verstehen, dass Menschen auch von ihrer entwicklungspsychologischen Reife her unterschiedliche Wahrnehmungsformen und Denkstile aufweisen, und dass ein Aufeinanderprallen dieser Wahrnehmungsformen und Denkstile in der Begegnung zwischen Menschen bzw. Menschengruppen zu massiven Konflikten, die nicht lösbar zu sein scheinen, führen kann.

Ken Wilber schreibt:

„Nun mag einer vom Standpunkt der Rationalität aus beschließen, die Ideen eines mythisch denkenden Menschen zu tolerieren, doch damit wird er vermutlich nicht erreichen, daß solche im mythischen Denken befangenen Menschen auch ihn tolerieren – eher werden sie ihn, historisch war es jedenfalls so, auf dem Scheiterhaufen verbrennen, um seine Seele zu retten (und solche Retter können Christen, Marxisten, Muslime oder Shintoisten sein.).“ (ebd., S. 254)

Offenbar hat Ken Wilber eine bestimmte Spielart von Multikulturalismus vor Augen, die er kritisch sieht, insofern sie Rationalität ausschließt, wenn er schreibt:

„Multikulturalismus ist also ein ebenso achtbarer wie rationaler Ansatz, der nur seinen eigenen Standort falsch einschätzt, indem er nichtrational zu sein behauptet, wo in Wahrheit nur die Dinge, die er toleriert, nichtrational sind. Seine To9leranz ist durch und durch rational, und das kann auch nicht anders sein. Rationalität ist die einzige Struktur, die andere Strukturen zu tolerieren vermag.
Echter Multikulturalismus kann auch nicht einfach durch „Gefühle“ entstehen oder „aus dem Herzen kommen“, denn meine Gefühle sind eben meine und nicht unbedingt auch deine oder deren. Nur im Raum eines rationalen Pluralismus können unterschiedliche Gefühle, Gedanken und Wünsche freies Spiel und gleiche Stimme haben. Nur von dieser Grundlage des rationalen Pluralismus aus können wir die nächste Stufe, die des wahrhaft Aperspektivisch-Integralen (Und Unviersal-Integralen) erreichen.
Multikulturalismus ist also ein durchaus achtbarer Versuch, zur integral-aperspektivischen Struktur überzugehen, aber ähnlich vielen postmodernen Poststrukturalisten zieht er aus der Tatsache, daß keine Perspektive endgültig sein kann, den falschen Schluß, alle Perspektiven seien gleichwertig. Das kann schon deshalb nicht richtig sein, weil der Multikulturalismus alle engeren Perspektiven - mit Recht – zurückweist, also doch nicht alle Perspektiven als gleichwertig anerkennt. Kurzum, die „Multikultis“ haben den aperspektivischen Raum wohl ansatzweise richtig erkannt, aber dann verlieren sie völlig die Orientierung in der schwindelerregenden holonischen Schachtelung endlos gleitender Kontexte und bemerken nicht, daß dieses Gleiten keineswegs alles gleichmacht, sondern manches in dem Sinne besser ist als anderes, daß es mehr umfaßt und mehr Tiefe besitzt.
Wenn alles relativ ist, heißt das also nicht, daß alles gleichrangig wäre. Weder Atome noch Moleküle sind die Grundbestandteile des Universums, aber wo auch immer Moleküle zu finden sind, da enthalten sie Atome als Komponenten, das heißt, es gibt im Gleiten der Kontexte bei aller Relativität auch Durchgängiges und Bleibendes; und eben diese Stabilität in der Relativität ermöglicht richtige Aussagen wie die der Multikulturalisten, daß pluralistische Toleranz besser ist als engstirnige Intoleranz. Nur entspricht ihre eigene Theorie leider nicht dieser Haltung, sondern widerspricht ihr sogar.
Da sie also nicht sehen, daß auch im Relativen immer etwas Definitives ist, fehlt ihnen jede Orientierung im aperspektivischen Raum, und der integrative Aspekt, der universal-integrative Aspekt ihrer eigenen Überzeugung entgeht ihnen völlig, so daß sie immer wieder mal mit einer Wahllosigkeit und Urteilslosigkeit daherkommen, die die Stärken ihre eigenen Position zunichte macht. So fand in den Vereinigten Staaten vor einiger Zeit ein Prozeß gegen einen Chinesen statt, der seine (ebenfalls chinesische Frau) bei einem Seitensprung erwischt hatte. Er griff zum Hammer und erschlug sie mit äußerster Brutalität. Er wurde freigesprochen, weil man der Argumentation der Verteidigung folgte: So machen sie das halt in China, und wir haben den kulturellen Unterschieden Rechnung zu tragen, da keine Perspektive besser ist als irgendeine andere. Hier geht Multikulturalismus in Wahnsinn über“. (ebd., S. 254ff.) Soweit einmal zur Sichtweise Ken Wilbers zum Multikulturalismus.

Ich denke, dass es immer immer kritisch zu fragen gilt, was wir eigentlich meinen, ggf. befürworten oder auch ablehnen, wenn wir von „Multikulturalität“ sprechen. Wenn Multikulturalität zu einer Haltung verflacht, die kein Wertebewusstsein, keine ethisch-moralische Orientierung mehr erkennt und anerkennt, dann wäre sie eine, die ich nicht teilen kann.

Während meiner Studienzeit war „Europa“ und in diesem Zshg. alles, was damit irgendwie zusammenhing, groß im Gespräch. So gab es in der Soziologie auch ein Seminar, in dem wir unter anderem die entwicklungspsychologische Linie von der sog. „Egozentrik“ (im Piagetschen Sinne) über den „familiären Zentrismus“ zum „Soziozentrismus“ bis hin zu einer denkbaren weltweiten Perspektive vertieft erörtert haben. Die Fragestellungen standen im Kontext des Spannungsfeldes „Nationale Identität“ vs. oder/und „europäische Identität“. Auch Ken Wilber greift diese Zusammenhänge auf:

„Auch zum etwas despektierlichen „Eurozentrismus“ sei hier noch ein Wort zu sagen: Die Grenzlinie verläuft nicht zwischen den Kutluren in dem Sinne, daß manche besser oder höher sind als andere, sie zieht sich vielmehr durch jede Kultur, zwischen denen, die der Evolution vom Egozentrischen zum Soziozentrischen zum Weltzentrischen (oder Magischen zum Mythischen zur globalen Vernunft, die als egoische Rationalität beginnt und sich als zentaurische Schau-Logik vollendet) zu folgen bereit sind, und denen, die es nicht oder noch nicht wollen oder können. „ (ebd. S. 256)

Anmerkung zu den Begrifflichkeiten:

Es gelten folgende Entsprechungen:

präkonventionell – magisch
konventionell – mythisch
postkonventionell – rational

Es sind dies Begriffe die in Theorien, die mit einem Entwicklungsstufenansatz arbeiten, bestimmte Stufen kennzeichnen (Piaget, Kohlberg, Gilligan, Selman, Loevinger; Habermas u.a.m.)

Ken Wilber entwirft in seinem o.g. Werk eine Theorie der „Holons“, die er mit „Ganze/Teile“ umschreibt. Seine Theorie basiert auf zwanzig Grundaussagen, die sich unmittelbar auf die „Holons“ bezieht. Seiner Ansicht nach gibt es „weder Ganze noch Teile, sondern nur Ganze/Teile.“ (ebd. 57)


Literatur:
„Wilber, Ken (3. Aufl. 2002)Eros, Kosmos, Logos – Eine Jahrtausend-Vision. Frankfurt am Main: Fischer.


Verfasserin: Monika Fuchs

Sie schickte mir zum besseren Verständnis noch folgendes:

Ken Wilber – Zwanzig Grundaussagen

1. Die Wirklichkeit insgesamt ist nicht aus Dingen oder Prozessen zusammengesetzt, sondern aus Holons.
2. An Holons sind vier Grundvermögen zu erkennen: Selbsterhaltung, Selbstanpassung, Selbsttranszendenz und Selbstauflösung.
3. Holons emergieren.
4. Holons emergieren holarchisch.
5. Jedes emergierende Holon transzendiert und inkorporiert seine(n) Vorläufer.
6. Das Niedrigere setzt die Möglichkeiten des Höheren, das Höhere setzt die Wahrscheinlichkeiten des Niedrigeren.
7. Die Anzahl der Ebenen einer Hierarchie bestimmt, ob sie ´seicht´ oder ´tief´ ist; die Anzahl der Holons einer Ebene werden wir als ihre ´Spanne´ bezeichnen.
8. Jede weitere Stufe der Evolution erzeugt größere Tiefe und geringere Spanne.
9. Zerstöre irgendeine Holon-Art, und du vernichtest damit alle höheren Holons, aber kein niedrigeres.
10. Holarchien koelvolvieren.
11. Mikro und Makro stehen auf allen Ebenen in Beziehung und Austausch miteinander.
12. Evolution hat Richtung:
a) zunehmende Komplexität
b) zunehmende Differenzierung/Integration
c) zunehmende Organisation/Strukturierung
d) zunehmende relative Autonomie
e) zunehmende Telos

(Die Numerierung ist etwas irreführend. Im genannten Kapitel werden nur diese 12 Aussagen detailliert erörtert,.vielleicht zählt Wilber die Unterpunkte mit zu Grundaussagen.)

„Es ist ein Buch über Holons, über Ganze, die Teile von anderen Ganzen sind, bis ins Unendliche. Ganze Atome sind Teile von Molekülen, ganze Moleküle sind Teile von Zellen, ganze Zellen sind Teile von Organismen und so weiter. Jedes Ganze ist zugleich ein Teil, es ist Ganzes/Teil, ein Holon. Und die Wirklichkeit ist nicht aus Dingen oder Prozessen oder Ganzen oder Teilen gefügt, sondern aus Ganzen/Teilen, aus Holons. Wir werden uns Holons im Kosmus, im Bios, in der Psyche und im Theos ansehen und den Faden der Evolution verfolgen, der sie alle und ohne Ende verbindet, entfaltet und in sich schließt.“

(Ken Wilber (3. Aufl. 2002) Daraus: Vorwort S.10 und Grundaussagen entnommen dem Kapitel „Das verbindende Muster“, S. 54 ff.)


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IV.5.b) Bericht von der „Heart to Heart for Peace“-Fahrt der Middle East Peace Initiative und der Interreligiösen und Internationalen Föderation für Weltfrieden nach Jerusalem von Gregor Sattler (katholischer Steuerzahler, aber Mitglied der Vereinigungskirche und der Familienföderation)

Lieber Michael,

hier ist ein kurzer Text, der ein für mich besonders wichtiges Ereignis im Bereich Interreligiöse Erfahrungen beschreibt.
Ich hoffe er passt zu Deinem Rundbrief.

Viele Grüsse
Gregor



Der 12. September

Im September dieses Jahres beteiligte ich mich an der „Heart to Heart for Peace“-Fahrt der Middle East Peace Initiative und der Interreligiösen und Internationalen Föderation für Weltfrieden nach Jerusalem. Menschen von ganz unterschiedlichen Religionen und Weltanschauungen wollten es wagen, jenseits der Barrieren von Gewalt und Angst, von Hass und Rachsucht, von Traditionen und Vorurteilen, von Lehrmeinungen und Doktrinen mutige Schritte in Richtung Verständigung und Frieden zu unternehmen.
Gemeinsam mit jüdischen und palästinensischen Bewohnern Jerusalems reinigten und verschönerten wir einen muslimischen Friedhof und betätigten uns mit Baumscheren, Hacken und Spaten in einem großen Gemeindegarten im jüdischen Teil der Stadt.
Ibrahim zeigte mir die Gräber seiner Vorfahren und auch das Grab, das ihn der Tradition entsprechend aufnehmen wird.
Miriam erläuterte uns die Anfänge des Bustanyha-Gartens. Früher war es ein mit Abfall übersätes Stück Land zwischen zwei jüdischen Siedlungen, von beiden gleichermaßen vernachlässigt. Jetzt wachsen dort Olivenbäume und die verschiedensten Kräuter und Blumen.
Beeindruckend war das Gedenken an die Opfer der Anschläge vom 11. September. Am Abend des 3. Jahrestages versammelten sich hunderte von Menschen im Unabhängigkeitspark in der Nähe des US-Konsulats: Musik und Worte, Gebete und Gesang, leuchtende Kerzen und Fackeln, stille Blicke und aufsteigende Friedentauben – sie alle drückten etwas aus von der universalen Sehnsucht nach Frieden.
Die für mich bewegendsten Ereignisse folgten am nächsten Tag, dem 12. September.
Am frühen Morgen fuhren wir zur Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. Zusätzlich zu den Besichtigungen wurde eine feierliche Vergebungszeremonie unter freiem Himmel abgehalten. Zu Texten und Liedern verschiedener Traditionen legte jeder der über 1000 Teilnehmer eine Blume am Mahnmal nieder, an dem eine Reihe von jüdischen Vertretern ihre Bereitschaft zur Vergebung bekundeten.
Danach machten wir uns auf den Weg nach Abu Dis, wo der von Israel errichtete „Schutzwall“ sich als eine gewaltige, etwa 8 Meter hohe Mauer präsentiert, die mitten durch die Straßen schneidet und Gefühle der Bedrückung und Bedrohung auslöst.
Dort standen die Musik, Ansprachen und Gebete der erneut über 1000 Muslime, Christen, Juden und Friedensfreunde unter dem Motto: „Für das Ende jeder Gewalt und die Einheit aller die glauben.“ Viele palästinensischen Bewohner kamen spontan zu dem Versammlungsplatz und sprachen über ihr Leben im Schatten dieser Mauer.
An diesem Tag stand Yad Vashem für die schlimmen Ereignisse der Vergangenheit.
Abu Dis zeigte uns danach die erschreckenden Konflikte der Gegenwart.
Schließlich wurden die Chancen der Zukunft am späten Nachmittag lebendig, und zwar im Rahmen einer „Brückenzeremonie“ auf einer wunderschönen Promenade vor dem in goldenes Sonnelicht getauchten Panorama Jerusalems. Menschen verschiedener Herkunft betraten von gegenüberliegenden Seiten eine symbolische Brücke, gingen aufeinander zu, begrüßten einander, sprachen miteinander, umarmten einander. Viele waren von diesen einfachen Gesten tief berührt. Auf der Brücke trafen sich Frauen, Männer und Familien aus verschiedenen Kulturkreisen und Nationen, wie z. B. ein jüdischer Professor und ein ägyptischer Doktor, weiße Amerikaner und Indianer, Europäer und Israelis, Briten und Menschen von afrikanischer Abstammung...
Hier wurde für mich erfahrbar, dass den vielen klugen und notwendigen Worten, die in Ansprachen, Konferenzen und Diskussionen ausgetauscht wurden, wirkliches Leben eingehaucht werden kann. Die zahlreichen Besuchsmöglichkeiten wie z. B. von Al Aksa Moschee, Felsendom, Klagemauer, von Tel Aviv, Jericho, Ramallah, Bethlehem, Nazareth, von Krankenhäusern, Schulen, Kindergärten und anderen Einrichtungen waren so keine bloß touristischen Ereignisse, sondern Ausdruck des Bemühens um Schalom, Frieden, Salaam.

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IV.5.c) Randbemerkungen von mir

Mittwoch, 1. Dezember 2004, 18:04 Uhr:

Unser Weltbild hat ja sicher keine unwichtige Bedeutung für uns. Es gibt uns eine Möglichkeit, uns in der Welt zu orientieren und uns in ihr zurecht zu finden, auch in den Bereichen, wo es Bereiche berührt, die für das Alltägliche eigentlich ohne direkte Bedeutung sind, zum Beispiel bei kosmogonischen Fragen. Das Thema, ob das Weltall nun aus einem Urknall entstanden ist oder sonst wie, hat keinen direkten Bezug zu meiner alltäglichen Lebensführung. Es berührt aber die Sinnfrage, insofern es eine Idee davon vermittelt, ob ich zufällig oder absichtlich existiere, wenn auch über viele gedankliche Zwischenstufen. Und insofern hat es doch wieder eine Bedeutung, denn es beeinflusst sehr stark mein Lebensgefühl und dadurch mein Wohlbefinden und dadurch meinen Umgang mit anderen Menschen, ja meine Ethik. Oder zumindest kann es das alles beeinflussen.
So interessieren mich sehr die wissenschaftlichen Vorstellungen von der Entstehung und Entwicklung des Weltalls, der Erde, des Lebens, der Menschheit, der Kultur usw.. Und mir ist es ganz klar, dass es diesbezüglich viele verschiedene Vorstellungen gibt, nicht nur wissenschaftliche, sonder auch mythologische und religiöse.

Und ich beobachte ganz gespannt, was in mir vorgeht, wenn ich mich mit einer mir bisher unbekannten Sichtweise beschäftige. Heute las ich beispielsweise im Internet unter http://www.naturik.de, dass sich die Planeten gar nicht um die Sonne drehen, sondern um einen gemeinsamen Schwerpunkt, der in der Venus liege, dass der Untergang von Atlantis und die Sintflut durch einen Asteroiteneinschlag hervorgerufen worden seien, dass es mathematisch berechenbare Intervalle der Evolution gebe, es wohl doch keinen Urknall gegeben habe und andere meinem Weltbild widersprechende Dinge. Eine Reaktion bei mir war: „Was für ein Unsinn!“ Dann aber: „Das passt nicht zu meinem Weltbild, aber ob nun meines oder das da offerierte richtig ist, ist damit ja noch gar nicht gesagt.“

Eben hörte ich einen Vortrag des Schweizer Psychiaters Samuel Pfeifer über den Umgang mit der spirituellen Sichtweise von Patienten, die sich ihre jeweilige Krankheit ganz anderes erklären als die Medizin, etwa als Folge eines Dämonenbefalls, und wie man auf diese Sichtweisen als Therapeut eingehen kann, wie man sie nutzen kann oder wo man versuchen muss, den Patienten von alternativen Sichtweisen zu überzeugen bzw. davon, dass der Arzt die Krankheit mit einer anderen Sichtweise behandele. Manche Sichtweisen können die Therapie erleichtern, manche sie erschweren. Jedenfalls muss der Arzt irgendwie einen interweltanschaulichen Dialog mit dem Patienten führen mit der gemeinsamen Zielsetzung der Heilung.

Dass wir diese verschiedenen Weltanschauungen konstruieren können, ja, dass wir die eine oder andere konstruieren, ist in uns genetisch festgelegt, aber nicht welche wir dann tatsächlich kreieren, denn darin sind wir flexibel und anpassungsfähig, zumindest bis zu einem gewissen Grad, der nicht bei jedem und auch nicht beim selben Individuum in jedem Lebensalter gleich ist.

Caspar Söling machte letztens in seinem Vortrag über seine biologische Dissertation „Der Gottesinstinkt“ darauf aufmerksam, dass wir viele Veranlagungen schon vom Homo erectus geerbt haben. Diese unsere Vorfahren lebten aber 2 000 000 Jahre lang auf der Erde, also ca. 100 000 Generationen. Da kommen uns unsere vielleicht 5000 Jahre Geschichte geradezu kurz vor, und die ca. 2500 Jahre seit der Achsenzeit mit der agrarischen und urbanen Revolution und den Philosophen und Propheten, deren Lehren uns überliefert sind, erst recht. Man könnte in dieser Relation gar sagen, dass die damals begonnen habende Sichtweise der Individualverantwortung mit globalem Horizont ganz modern ist und sich immer noch nicht allgemein durchgesetzt hat. Vielleicht gab es das aber auch vorher schon in Ansätzen, nur wir haben keine Zeugnisse davon.

Dass wir an einem einmal erlernten und uns plausibel erscheinenden Weltbild festhalten und Neues uns erst einmal unsinnig vorkommt, ist bestimmt noch ein Überbleibsel aus der Zeit des Homo erectus, das auch lange nachher noch vorteilhaft für die Stabilität der Psyche und die Orientierung in der Welt war. Heute dagegen müssen wir es lernen, mit instabilen Weltbildern zu leben, sie immer wieder auf Viabilität zu testen und dabei trotzdem psychisch stabil zu bleiben. Und wir müssen es lernen, die wichtigen gemeinsamen Ziele trotz individuell oder subkulturell unterschiedlichen Weltanschauungen zu erreichen. Das geht nicht, ohne aufeinander zuzugehen und einander zuzuhören und voneinander zu lernen bereit zu sein.
18:54 Uhr

21:42 Uhr
Mir scheint indes, das die alten, polemisch oft „steinzeitlich“ genannten Verhaltensmuster genetisch so eingefahren sind, dass Alternativen vielen Menschen kaum ernsthaft in den Sinn kommen, höchstens mal theoretisch bedacht werden. Viele verteidigen das ihnen gewohnte Weltbild hartnäckig gegen jede Gefahr der Veränderung, da sie Angst haben, die Orientierung und das innere Gleichgewicht zu verlieren. Oft können sie es nicht einmal aushalten, dass andere Menschen ihrer näheren Umgebung ein anderes Weltbild haben. Sie finden sich unter Gleichgesinnten zusammen und verteidigen ihre Gemeinschaft gegen Veränderungen. Darunter leiden dann auch die Mitglieder, die gerne in der Gemeinschaft bleiben wollen, aber eine andere Sicht der Dinge entwickelt haben, etwa durch den Austausch mit anderen Gemeinschaften oder Individuen. Deshalb sind Gemeinschaften in der Diaspora einer anders orientierten Mehrheitsgesellschaft oft viel konservativer als Gemeinschaften mit der gleichen Weltanschauung dort, wo sie die gesellschaftliche Mehrheit bilden. Das ist wohl ein Grund, warum es in den pluralistischen USA so extrem konservative Gemeinschaften gibt und warum die Türken in Deutschland vielfach so konservativ sind, und wohl auch, warum in der Türkei teilweise ein stärkerer Konservativismus herrscht als zur Zeit des Osmanischen Reiches, da sich die Leute heute verunsichert fühlen.

Wer da zwischen die Fronten gerät, seien es Töchter, die andere Vorstellungen vom Leben haben, seien es ethnisch oder religiös anders orientierte Gruppen, wird angefeindet und bekämpft. So entsteht Rechtsradikalismus, die extremste Form des Konservativismus, voller Hass gegen alles Fremde, komme es von außen oder von innen. Rechtsradikalismus ist eine sehr gewalttätige Form des Konservativismus, der vor allem darauf aus ist, die eigene Macht zu erhalten, weil ohne diese Macht alles den Bach runter zu gehen scheint. Rechtsradikalismus ist eine Folge von Angst vor Orientierungsverlust. Gemäßigter Konservativismus ist zumeist sehr gesund, aber extremer Konservativismus nimmt den Menschen die Möglichkeit der Anpassung, sogar denen, die es von sich aus könnten, aber unter dem Gruppendruck daran gehindert werden.

Nun haben aber wir Menschen selber unsere Umwelt so verändert, dass einige von uns da nicht mitkommen. Es gibt immer Menschen, die von Veränderungen profitieren und solche, die durch sie benachteiligt werden. Veränderungen sind genau so wenig per se gut und begrüßenswert wie der Erhalt des Status quo. Es kommt immer darauf an, was verändert und was erhalten werden soll. Über diese Frage aber sollte man sich friedlich austauschen und für die Flexibleren und für die Konservativeren soziale Nischen lassen, in denen sie sich jeweils wohl fühlen. Die Wahl der Nische muss aber dem Individuum obliegen. Niemand darf einen anderen dazu zwingen, sich zu verändern oder so zu bleiben, wie er ist, auch keine Eltern ihre Kinder. Das ist natürlich auch so ein Punkt der Diskussion, denn so mancher mag der Gemeinschaft ein Bevormundungsrecht gegenüber dem Individuum vorschreiben. Meiner Meinung nach ist diese Ansicht aber nur solange ethisch vertretbar, wie kein Individuum darunter leidet. Eine Gemeinschaft, die absolute Unterordnung verlangt ist letztlich genau so überlebensunfähig wie eine Gesellschaft ohne jeden Gemeinschaftssinn, denn ersterer mangelt es am Austausch der Ideen und damit der Kreativität ihrer Mitglieder und letzterer der Stütze, Hilfe und Solidarität, ohne die kaum ein Mensch leben kann.

Soweit ein paar theoretische Gedanken, die aber doch Konsequenzen für die Praxis haben können. Eine Rechtsradikale Geisteshaltung, sei es die eines deutschen Nazis, der alle Ausländer aus dem Land jagen will oder die eines türkischen Paschas, der seine Tochter gegen ihren Willen verheiratet oder in welcher Form auch immer, ist untauglich, ein menschenwürdiges Leben in der modernen Welt zu ermöglichen. Ebenso untauglich dafür ist aber auch eine neoliberale Geisteshaltung, die aus reine Profitsucht jeden Arbeitnehmer und Kunden zur Anpassung zwingen will. Wenn wir denn ein Feindbild brauchen, dann sind es diese beiden Geisteshaltungen. Aber Vorsicht: Ihre Vertreter sind oft zugleich Täter und Opfer. Da die Trennlinie zu ziehen, ist oft sehr schwierig.
22:14


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V. Leserbrief von mir an den Stern zu der Serie über die Weltreligionen

Liebes Stern-Team,

noch habe ich nicht alles gelesen, und ein Heft liegt noch ungelesen bei meinen Schwiegereltern, aber grundsätzlich möchte ich Ihnen mal zu der sechsteiligen Serie über die Weltreligionen aus meiner Warte als Religionswissenschaftler gratulieren. Sie ist vielseitig, gut recherchiert, und schön vergleichbar dargestellt. Kleinere Fehler oder Unstimmigkeiten sind mir aufgefallen, die stelle ich Ihnen zur Weitergabe an die Autoren noch zusammen und schicke sie Ihnen im Januar, aber gerade im Vergleich zu so vielen oberflächlichen und verzerrenden Darstellungen (nicht nur des Islam) in der Presse und auch in früheren Stern-Ausgaben schneidet diese neue Serie m.E. sehr gut ab.

Mit freundlichen Grüßen,

Michael A. Schmiedel




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VI. belief-o-matic

Möchten Sie gerne erfahren, welcher religiösen Gemeinschaft, Tradition oder Lehre Sie inhaltlich am Nächsten stehen oder welcher Typ von Spiritualität Ihnen entspricht? Dann schauen Sie doch mal auf diese Seite: http://www.beliefnet.com/ . Dort gibt es zwei Fragebögen (allerdings auf Englisch), die auszufüllen evtl. einen Überraschungseffekt nach sich ziehen könnte. Also ich war sehr überrascht, welcher Religion ich da am nächsten stehe. Allerdings halte ich die Ankreuzmöglichkeiten nicht immer für exakt genug, aber sehen Sie selbst.

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VII. Literaturtipps

VII.1. Johann-Christoph Student (Hg.). Sterben, Tod und Trauer. Handbuch für Begleitende (Rezension von mir)

Johann-Christoph Student (Hg.). Sterben, Tod und Trauer. Handbuch für Begleitende. Freiburg, Basel, Wien (Herder) 2004.

Letztens lag ein Päckchen vom Herder-Verlag vor unserer Wohnungstür, darin ein Buch und die Bitte, dieses zu rezensieren. Na gut, aber nur kurz:

Es ist ein Handbuch für Menschen, die einen Angehörigen auf seinem letzten Weg begleiten, wobei sehr verschiedene Facetten der Sterbebegleitung von Autoren unterschiedlicher fachlicher Provenienz (medizinischer, psychologischer, theologischer, religionswissenschaftlicher, juristischer und anderer) in einzelnen afabetisch nach Themen von A wie „Abschied“ bis Z wie „Zu Hause sterben“ behandelt werden. Zur Sprache kommen z.B. zum Tode führende Krankheiten, Therapien, die Sterbenden helfen können, die Hospizbewegung, Beziehung zwischen Pflegepersonal und Angehörigen, Nah-Todeserfahrungen, die Ars moriendi, also die Vorbreitung auf den Tod schon im Leben, sowie verschiedene religiöse Besonderheiten.

Bzgl. letzterer ist je ein Kapitel dem Buddhismus, dem Hinduismus, dem Islam und dem Judentum gewidmet, bis auf den Hinduismus alle aus der Innenperspektive entsprechender Gläubiger, aber keines dem Christentum, das eh mehr oder weniger das ganze Buch durchzieht. Das Christentum nimmt darin eine Symbiose mit den verschiedenen wissenschaftlichen Zugängen gewissermaßen die Position der Mehrheitsgesellschaft ein.

Bei alle Pluralität der Perspektiven spricht sich das Buch doch eindeutig gegen eine Sterbehilfe, also Euthanasie aus, sondern betont die Notwenigkeit, einen Menschen bis zum letzten Augenblick seines natürlichen Lebens noch reifen und sein Leben vollenden zu lassen.

Ich finde die Lektüre interessant, aber auch anstrengend, was am eben todernsten Thema liegt. Der Tod meiner Mutter liegt ja noch kein Jahr zurück, und vielleicht hätte mir das Buch geholfen, wenn ich es schon besessen hätte. Wenn man sein eigenes Leben im Angesicht des sicheren Todes führen möchte und den Tod nicht verdrängen will, kann ich das Buch nur empfehlen.


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VII.2. Bücher aus dem Nachlass von Charles Ternes (zugsch. von Hans-Ulrich Reuter via Yggdrasill-Liste)


Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,


weiterhin bin ich als - Kontaktperson zu Yggdrasill - beauftragt, Sie über die Möglichkeit des Erwerbs aktueller Veröffentlichungen aus dem Forschungsliteratur-Nachlaß von Professor Ternes zu informieren. Folgende Bände der Luxemburger Studien zur Religionsgeschichte und -wissenschaft / Etudes Luxemburgeoises d'Histoire et de Science des Religions (EtRelLux) wurden in größerer Stückzahl vorgefunden und können nun auf diesem Wege zum Sonderpreis von je 20 EURO per E-Mail bestellt werden: u.reuter@die-wissensmanager.de

1) C.M. Ternes / H. Zinser (Hg.): Dieux des Celtes, Götter der Kelten, Gods of the Celts, EtRelLux Bd. 1, Luxemburg 2002.

2) S. Lenwerd (Hg.): Der Kanon und die Sinne, Religionsaesthetik als akademische Disziplin, EtRelLux Bd. 2, Luxemburg 2003.


Mit freundlichen Grüßen,

Hans-Ulrich Reuter.

Dr. phil. H.-U. Reuter
Herderstraße 21
32427 Minden


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VII.3. Beiträge der DVRG-Tagung 2003 in Erfurt (zugesch. von Wassilios Klein via Yggdrasill-Liste)


Liebe Liste,
einige Beiträge der DVRG-Tagung 2003 in Erfurt sind inzwischen publiziert. Sie alle beschäftigen sich mit dem religiösen Konfliktpotential in Ländern Ost- und Südosteuropas. Intrareligiöse, interreligiöse und extrareligiöse Konflikte (z. B. Staat und Kirche) kommen zur Sprache. Der Band ist zugleich der erste in einer neuen, von Prof. Dr. Vasilios Makrides herausgegebenen Reihe "Erfurter Studien zur Kulturgeschichte des orthodoxen Christentums". Hier nun die Literaturangabe:
Vasilios Makrides (Hg.): Religion, Staat und Konfliktkonstellationen im orthodoxen Ost- und Südosteuropa, Vergleichende Perspektiven, Frankfurt: Peter Lang, 2004, 180 Seiten, ISBN 3-631-51321-6.
Enthalten sind folgende Beiträge:
Silke Graupner: Alter Konflikt neu entfacht. Zum Spannungsfeld: Römisch-Katholische Kirche in Russland;
Wassilios Klein: "Alle Vertreter der Kirche Christi fordern Menschenblut": Vorrevolutionäre russische Stimmen wider den Heiligen Krieg;
István Keul: Kirchen im Streit und der Staat: Orthodoxe und Unierte in Rumänien;
Klaus Buchenau: Kleines Serbien, große Welt: Serbiens Orthodoxie über Globalisierung und europäische Integration;
Ludmil Duridanov: Ein "postbyzantinisches" Schisma - Bulgarien 1992, oder: Wie viel hat Politik mit Religion zu tun?;
Vasilios Makrides: Between Normality and Tension: assessing Church-State Relations in Greece in the Light of the Identity (Cards) Crisis.
Aus dem Klappentext:
Das Augenmerk liegt besonders auf gegenwärtigen Konflikten, die vor dem Hintergrund der für sie relevanten Geschichte beleuchtet und gedeutet werden. Das Ziel dabei ist, einerseits diese Konfliktsituationen vergleichend darzustellen und ihre komplexen Dimensionen zu analysieren und andererseits nach iherer Bedeutung für die gesamte Region, in der das orthodoxe Christentum eine Vormachtstellung genießt, zu fragen.

Ich hoffe, dieses Buch bietet der Liste anregende Lektüre,

Wassilios Klein

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VII.4. Global Hindu Diaspora. A Bibliography of Books and Main Articles (zugesch von Martin Baumann via Yggdrasill-Liste)

Liebe Listenteilnehmer/innen,



Ich erlaube mir den Hinweis, dass auf den Webseiten des Religionswissenschaftlichen Seminars Luzern seit kurzen eine Bibliographie zur hinduistischen Diaspora bzw. den Diasporas aufgeschaltet ist.

Global Hindu Diaspora. A Bibliography of Books and Main Articles.

Die Bibliographie umfasst etwa 120 Titel und kann unter:

http://www.unilu.ch/gf/3259_14461.htm



aufgerufen werden



Schöne Grüsse,

Martin Baumann





Prof. Dr. Martin Baumann

Religionswissenschaftliches Seminar

Universität Luzern, Kasernenplatz 3, 6004 Luzern



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VII.5. Forschungsbericht über muslimische Migranten in der Zentralschweiz (zugesch. von Samuel-Martin Behloul via Yggdrasill-Liste)

Liebe Listenteilnehmer/innen,

Gerne verweise ich auf meinen kürzlich erschienenen (in Deutsch und
Englisch) Forschungsbericht über muslimische Migranten in der
Zentralschweiz.

Eine Zusammenfassung in Deutsch, Englisch und Französisch befindet sich
unter http://www.unilu.ch/gf/3259_13874.htm

Der Gesamttext des Berichtes wird in Kürze auf der Homepage des Pluralism
Project der Harvard University aufgeschaltet
(http://www.pluralism.org/affiliates/baumann/index.php)

Freundliche Grüsse

Samuel M. Behloul

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VIII. Pressetexte

VIII.1. Tagespostartikel über die Gefährdung der Menschenwürde: Wie rettet man den Menschen vor sich selbst? (zugesch. von Walter Schröder)

Die Tagespost
Katholische Zeitung für Politik, Gesellschaft und Kultur
Artikel der Tagespost vom 04.11.2004 abgeschickt um 15:33:34 Uhr

Nachrichtentext: Interreligiöser Rundbrief
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Wie rettet man den Menschen vor sich selbst?
Von Lothar Roos
„Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Ein Satz mit Ewigkeitsgarantie, so dachten zumindest die Verfassungsväter. Doch diese Ewigkeit währte offenbar nur kurz: Artikel 1 der Verfassung ist unter die Räder der Interpretationskünstler geraten. Was nun? Die Joseph-Höffner-Gesellschaft hat sich dieser Frage gestellt.
Als sich das deutsche Vol k in den nicht kommunistisch beherrschten Gebieten nach dem Schrecken einer totalitären, mörderischen Diktatur 1949 wieder eine demokratisch e Verfassung gab, ging es ihm um eine fundamentale Neubegründung staatlichen Handelns gemäß der markanten ersten Sätze des Grundgesetzes: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt“ (Art. 1, Abs. 1 GG). Diese Staatszielbestimmung wurde vom Verfassungsgesetzgeber, wie die Kommentare sagen, mit einer „Ewigkeitsgarantie“ (Art. 79 Abs. 3) ausgestattet Wie lange aber währte diese Ewigkeit?
Ein unlängst vorgelegter neuer, die Geltung der Menschenwürde relativierender Grundgesetzkommentar zu Artikel 1 provozierte den ehemaligen Verfassungsrichter Professor Ernst-Wolfgang Böckenförde zu der Bemerkung: „Die Würde des Menschen war unantastbar“.
„Der erste Artikel des Grundgesetzes, ein ,weltliches Derivat‘ der christlichen Schöpfungs- und Erlösungslehre“
Was haben wir vergessen, dass es so weit kommen konnte? Bei einer Veranstaltung der Joseph-Höffner-Gesellschaft, die anlässlich des Jahrgedächtnisses an den 1987 verstorbenen Kardinal vor kurzem in Köln stattfand, gab der Bonner Staatsrechtslehrer, Professor Josef Isensee, darauf eine rechtstheologische Antwort. Er erinnerte an die Opferungsgebete der „Tridentinischen Messe“: „Gott, Du hast den Menschen in seiner Würde wunderbar erschaffen und noch wunderbarer erneuert; lass uns ... teilnehmen an der Gottheit Dessen, der Sich herabgelassen hat, unsere Menschennatur anzunehmen ...“. Und er erläuterte: Keine andere Formulierung des Grundgesetzes sei so sehr wie dessen erster Satz von der christlichen Botschaft geprägt. Der erste Artikel des Grundgesetzes sei ein „weltliches Derivat“ der christlichen Schöpfungs- und Erlösungslehre. Wer daran nicht zu glauben vermag, der kann sich auch an die Prämissen der Ethik Immanuel Kants halten: Der Mensch ist immer „Zweck an sich“. Seine Würde hat darum keinen „Preis“. Er ist vom Anfang seiner biologischen Existenz an Person durch seine Teilhabe an der menschlichen Natur. Das Kind im Mutterleib ist deshalb nach Kant kein „Gemächsel“ der Eltern. Dies gelte auch dann, so Isensee, wenn das Kind in der „Petrischale“ gezeugt werde.
Wodurch aber wird heute die Würde des Menschen bedroht? Hier ist an erster Stelle die biotechnische Entwicklung als äußere Gefahr zu nennen, die mit der inneren Gefahr einhergeht, dass der Mensch sich nach einem von ihm selbst gemachten Bild neu erschaffen wolle. Damit könnte er aber als „Gipfel“ der Entwicklung die Auslöschung seiner Würde erreichen. Darauf hat die Deutsche Bischofskonferenz bereits 2001 in ihrem Wort zu Fragen von Gentechnik und Biomedizin „Der Mensch: Sein eigener Schöpfer?“ hingewiesen.

„Es wäre fatal, die Würde des Menschen dem ,rostigen Vehikel des Gesellschaftsvertrags ‘ und den Launen der ,Political Correctness‘ zu überlassen“
Wie ab er kann man solchen Entwicklungen entgegentreten? Der Buchstabe der Verfassung vermag dies nicht zu verhindern, denn keine Norm interpretiert sich selbst. Verfassung und Staatsphilosophie können die Menschenwürde zwar anerkennen und ihre Achtung fordern, sie aber nicht begründen und durchsetzen. Der „Grund der Grundrechte“ liegt allen rechtlichen Gewährleistungen voraus. Wird dieser Grund schwankend, dann ist alles möglich.
Solche Aufweichungen des grundrechtlichen Schutzes der Menschenwürde suche man heute, so Josef Isensee, unter Rückgriff auf die so genannte „Entkoppelungstheorie“ zu rechtfertigen: Dabei koppelt man die Würde des Menschen von dessen vitaler Existenz ab, um sie in einer „Güterabwägung“ jenen vorzubehalten, die man für „vernünftig“ und „tüchtig“ hält. Wer nicht dazugehört, „der stehle weinend sich aus diesem Bunde“. Es wäre fatal, die Würde des Menschen dem „rostigen Vehikel d es Gesellschaftsvertrags“ und den Launen der „Political Correctness“ zu überlassen. Insofern hängt alles davon ab, welches „Bewusstsein“ die Bürger eines Staates von ihrer Menschenwürde haben. Entscheidend ist es, den Anfängen zu wehren. Denn der Weg von der künstlichen Befruchtung bis zum Klonen ist gar nicht so weit.
Genau auf diesen Verhängnis vollen Zusammenhang hatte Kardinal Höffner bereits 1977 in seinem markanten Hirtenwort „Nicht töten – sondern helfen!“ aus Anlass der Einführung der „sozialen Indikation“ durch das „Fünfte Strafrechtsänderungsgesetz“ vom 21. Juni 1976 hingewiesen. Daran erinnerte dessen langjähriger Sekretär, der heutige Kölner Weihbischof Manfred Melzer, bei der gleichen Veranstaltung. Er zitierte „die prophetische Aussage“ Höffners , eine strafrechtliche Freigabe der Abtreibung werde „die Achtung vor der unantastbaren Würde des menschlichen Lebens im öffentlichen Bewusstsein auf das Bedenklichste herabmindern. Das würde sich auf die Dauer verheerend auswirken, zum Beispiel im Hinblick auf die Unantastbarkeit des Lebens unheilbar siecher Menschen oder des Lebens von Neugeborenen, die körperlich oder geistig schwer geschädigt sind. Der Schutz des menschlichen Lebens ist unteilbar.“ Was Höffner damals vorausgesagt habe, sei inzwischen weitgehend eingetroffen.
Kardinal Höffner sah sich zu seiner damaligen Stellungnahme nicht zuletzt durch den Eid verpflichtet, „den ich“ – wie er sagte – „als Bischof bei der Übernahme meines Amtes vor dem Staat am 31. August 1962 in Düsseldorf geleistet hab e“, mit dem Inhalt, „um das Wohl ... des deutschen Staatswesens“ besorgt zu sein und „in Ausübung des mir übertragenen geistlichen Amtes jeden Schaden zu verhüten ..., der es bedrohen könnte.“ Höffners Wort von 1977 schließt mit dem Satz: „Wir müssen den mühevollen Kampf gegen Leichtfertigkeit und kurzschlüssiges Denken entschieden aufnehmen.“

„ Wir müssen den mühevollen Kampf gegen Leichtfertigkeit und kurzschlüssiges Denken entschieden aufnehmen“
Der Bedrohung der Menschenwürde kann allein durch die Pflege der geistigen und moralischen Ressourcen der Gesellschaft begegnet werden. Nur dadurch könne es gelingen, so hob Isensee abschließend hervor, „die rettende Ehrfurcht des Menschen vor sich selbst“ (Thomas Mann) zu erhalten.

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VIII.2. Tagespostartikel über Christen in Ägypten: Zwischen Tradition und Moderne. Ägyptens Christen werden nach wie vor verfolgt (zugesch. von Walter Schröder)

Die Tagespost
Katholische Zeitung für Politik, Gesellschaft und Kultur
Artikel der Tagespost vom 04.11.2004 abgeschickt um 16:56:35 Uhr

Nachrichtentext:
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Zwischen Tradition und Moderne
Ägyptens Christen werden nach wie vor verfolgt
Von Monika Prangemeier

Bonn (DT) Eine „verfolgte und terrorisierte Minderheit“ nennt der in der Schweiz lebende ägyptische Ingenieur Adly Youssef die Christen in seiner Heimat. Der Präsident der amerikanischen Vereinigung der Koptischen Christen (United States Copts Association), Michael Meunier, beschreibt die Lage differenzierter, aber nicht weniger deutlich: In dem Land am Nil, das sich zuletzt bei der jüngsten Frankfurter Buchmesse als modern, fortschrittlich und liberal präsentierte, sind Christen nach wie vor diskriminiert. Die meisten führenden Staatspositionen sind ihnen ebenso verschlossen wie der Besuch der international renommiert en Kairoer Azhar-Universität.
Die Lehrpläne an den öffentlichen Schulen erniedrigen den christlichen Glauben, staatliche Medien bevorzugen auch in ihren religiösen Programmen eindeutig den Islam, bei gewalttätigen Überfällen auf Christen oder christliche Einrichtungen schauen die Sicherheitskräfte gerne weg – oder beteiligen sich sogar an Ausschreitungen.
Noch immer gilt Artikel 2 der ägyptischen Verfassung von 1972, die den Islam zur Staatsreligion und das islamische Religionsgesetz, die Scharia, zur Richtschnur der Justiz macht. Auch ein vor über 140 Jahren von den damaligen türkischen Herrschern erlassenes Dekret, wonach der Staatschef den Bau neuer Kirchen genehmigen muss, ist weiter hin in Kraft.
Vor einem Jahr wurde erstmals der Weihnachtstag als nationaler Feiertag für das ganze Land begangen. Den etwa zehn Millionen koptischen Christen (darunter etwa 200000 Katholiken) in Ägypten stehen etwa sechzig Millionen Muslime gegenüber.
Der Ausdruck Kopten bezeichnete ursprünglich einfach die Bewohner Ägyptens, es ist eine abgewandelte Form des griechischen Wortes „aigyptios“. Nach der muslimisch en Eroberung des Landes im siebten Jahrhundert wird der Begriff nur noch auf die christliche Bevölkerung Ägyptens angewendet. Als Gründer und erster Papst der koptischen Kirche, die zu den alt-orientalischen Glaubensgemeinschaften gehört, gilt der heilige Markus. Etwa seit dem dreizehnten Jahrhundert gerieten die Christen im Land am Nil in die Minderheit. Heute sehen sie sich, ebenso wie ihre Brüder und Schwestern im gesamten arabischen Raum, zunehmend an den Rand der Gesellschaft gedrängt.
Der Jesuit Keith Roderick aus Washington zeichnete kürzlich bei einem Kongress in der Schweiz ein düsteres Bild: Die Zahl der Christ en in der Region von der Türkei bis Ägypten verringerte sich in den vergangenen hundert Jahren um mehr als fünf Millionen auf jetzt knapp fünfzehn Millionen – mit fortdauernder Tendenz
Der ägyptische Theologe und Philosoph Henri Boulard spricht besorgt von einem „wachsenden Einfluss zunehmend radikaler Islamisten“. Besonders der Einfluss islamischer Geheimbünde nehme zu, betonte der Jesuit und ehemaliger Direktor von Caritas Ägypten unlängst vor Journalisten. Zudem sei der Islam „in der Falle des Scharia-Gesetzes gefangen“. Es gebe kaum noch eine echte muslimische Spiritualität, sondern alles drehe sich nur noch um die Frage, was das islamische Gesetz erlaubt oder verbietet. „Alle unsere Gesetze sind uralt, sie stammen überwiegend aus dem Mittelalter“, klagt auch die muslimische Feministin Iman Abdul-Wahid aus Kairo.
Zwar rückte der Besuch von Papst Johannes Paul II. im Jahr 2000 im alten Pharaonenreich die Christen vorübergehend ins Rampenlicht, auf die dadurch erhofften Verbesserungen warten sie jedoch noch immer. So berichtete der koptische Patriarch von Alexandrien, Kardinal Stephanos II. Ghattas, bei seinem jüngsten Vatikanbesuch über fortdauernde Diskriminierungen. Berichte über gewaltsame Entführungen und Zwangskonversionen christlicher Mädchen werden auch von unabhängigen Menschenrechtsorganisationen bestätigt. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die etwa hundertsiebzig koptischen Schulen des Landes wegen ihrer Qualität überwiegend von Muslimen besucht werden.
Ägypten bemüht sich um ein westlich geprägtes liberales Image, nicht zuletzt wegen der dringend benötigten Einnahmen aus dem Tourismus. Während in Metropolen wie Kairo westliche Kleidung auch von modebewussten Ägypterinnen getragen wird, richten sich in ländlichen Gegenden selbst die einheimischen Christen nach den islamischen Kleidungsvorschriften.
„Gerade während des Ramadan muss man sehr aufpassen, dann herrscht eine gereizte Stimmung“, berichtet etwa eine Lehrerin im oberägyptischen Assuan. Sie trägt ein langärmeliges bodenlanges Kleid, die Haare mit einem Kopftuch verhüllt. Auch das Mittagessen wird während des islamischen Fastenmonats „halb im Geheimen“ in einem abgeschlossenen Raum eingenommen. „Man muss einfach die gebotene Rücksicht und Vorsicht walten lassen“, fügt die Lehrerin hinzu, die ihren Namen aus Sicherheitsgründen nicht nennen möchte. Dabei geht es bei den regelmäßig vorkommenden gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Christen und Muslimen oft gar nicht um religiöse Fragen. Vielmehr wird die Religion zum Vorwand genommen, um aus wirtschaftlichen oder sozialen Gründen auftretende Schwierigkeiten mit Gewalt zu lösen. In den vergangenen zehn bis fünfzehn Jahren kamen dabei mehr als tausendzweihundert Menschen ums Leben.
Veränderung ist nur sehr schwer zu erreichen. Meunier redet einer „offenen Strategie“ gegen Kairo das Wort. Nur Druck auf die ägyptische Regierung könne die Lage der Christen verbessern und zu gesellschaftlicher Gleichberechtigung aller Bevölkerungsgruppen führen. Niemand müsse dabei Angst haben, dass die politische Führung des Landes muslimischen Extremisten in die Hände fallen könne. Vielmehr ist Meunier überzeugt, „dass die Regierung bereits in den Händen muslimischer Extremisten ist“. Anders sieht es der Direktor der unabhängigen ägyptischen Wochenzeitung „Watani“, Youssef Sidhom. Er mahnt eindringlich zu einem „nationalen Dialog“, Stärkung der christlich-muslimischen Beziehungen mit dem Ziel eines besseren gegenseitigen Verständnisses. Politischen Druck oder gar Sanktionen gegen die ägyptische Regierung lehnt Sidhom strikt ab.
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VIII.3. Tagespost-Artikel „Nun sag, wie hast dus mit der Religion?“ Gespräch zwischen dem Katholiken Joseph Ratzinger und dem Agnostiker Ernesto Galli della Loggia (zugesch. von Walter Schröder)

Die Tagespost
Katholische Zeitung für Politik, Gesellschaft und Kultur
Artikel der Tagespost vom 30.10.2004 abgeschickt um 16:56:58 Uhr

Nachrichtentext:
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„Nun sag, wie hast dus mit der Religion?“
Der Katholik Joseph Ratzinger und der Agnostiker Ernesto Galli della Loggia dachten in Rom gemeinsam darüber nach, ob und wie Europa heute die Gretchenfrage beantworten soll
Von Marie Czernin
Rom (DT) Anders als in Straßburg und Brüssel scheint es in Rom heute noch möglich zu sein, dass sich Vertreter der laizistischen Welt mit Würdenträgern der katholischen Kirche auf eine ehrliche Diskussion einlassen und um einen gemeinsamen Nenner ringen. Eine einzigartige Debatte dieser Art fand Anfang der Woche in einem der schönsten Paläste Roms, dem Palazzo Colonna statt, wo der bekannte Politologe, Publizist und Agnostiker Ernesto Galli della Loggia und der Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal Joseph Ratzinger, zwei Stunden über das Thema „Geschichte, Politik und Religion“ und die Herausforderungen der heutigen Zeit diskutierten.
Die Stiftung „Centro di Orientamento Politico“, die in den letzten Jahren schon mehrere Diskussionen mit bekannten Persönlichkeiten aus der Politik organisiert hatte, hätte keinen besseren Raum für diesen Anlass finden können, als jenen großartigen Saal des römischen Barocks mit dem Deckenfresko des Filippo Gherardi, das die Heldentaten des Marc Antonio Colonna in der legendären Schlacht von Lepanto darstellt. Während die Kirche damals, zur Zeit des Kirchenstaates, noch in wirkliche Kriege und Schlachten verwickelt war, liefert sie sich heute nur noch Wortgefechte im Meer der pluralistischen Ansichten. Doch weiß sie das Schwert des Wortes noch gut zu gebrauchen. So räumte Galli della Loggia ein, dass die katholische Kirche heute die einzige religiöse Institution ist, die in der öffentlichen Debatte noch eine relevante Rolle spielt.
Eine Kultur der Technik muss moralische Kräfte mobilisieren
Kardinal Ratzinger verwies gleich zu Beginn au f ein Gespräch mit Jürgen Habermas, das er im vergangenen Januar in München geführt hatte. Er erinnerte an die Worte von Habermas, dem – lau t Ratzinger – „reinsten aller Laizisten“, der damals feststellte, dass die säkulare Welt die „religiösen Weisheiten“ der Weltreligionen heut zutage nicht mehr außer Acht lassen könne. Es sei dringend notwendig geworden, „alle moralischen Kräfte zu mobilisieren“, um den neuen Herausforderungen in der Welt gerecht zu werden. Für Ratzinger sind es gleich mehrere Bedrohungen und Gefahren, denen man in einer Welt voller Hoffnung entgegenzutreten habe. Die fortschreitende Vereinheitlichung der ganzen Welt durch die universale Präsenz der technischen Kultur bestimme immer mehr den Alltag des Menschen. Dadurch sei eine rein laizistische Kultur entstanden, die eine allmähliche Uniformierung des Lebens mit sich bringe. Andererseits habe dies auch dazu geführt, dass andere Kulturen gegen diese Vereinheitlichung zu rebellieren beginnen. Sie sähen in dieser Uniformierung eine Gefährdung ihrer eigenen Identität und versuchten, ihre kulturelle Identität mit allen Mitteln zu verteidigen.
Eine weitere Gefahr sieht der Kardinal in den Ländern der so genannten Dritten Welt, die sich mit dem Luxus der westlichen Welt konfrontiert sähen. Eine neue Form der Sklaverei, eine Abhängigkeit der armen Welt vom reichen Westen, sei dadurch entstanden. Dieser Prozess habe jedoch auch zu einer radikalen Ablehnung der westlichen Kultur geführt, die in diesen Ländern allgemein mit der Kultur des Christentums identifiziert werde. So entstehe allmählich auch eine Rebellion gegen das Christentum. Der Präfekt der Glaubenskongregation plädierte daher für „einen größeren Respekt vor den anderen Kulturen“.
Die Hauptgefahr erkennt Ratzinger aber in der „Macht des Menschen“, die „bis zur Möglichkeit der Selbstzerstörung angewachsen“ sei. „Der Mensch ist heute fähig, den Menschen zu schaffen. Der Mensch wird zum Produkt, das man herstellen und somit auch zerstören kann. Er wird nicht mehr als ein Geschenk Gottes angesehen.“ Darin sieht der Hüter der katholischen Glaubenslehre „eine noch größere Gefahr als die, die von Massenvernichtungswaffen ausgeht“. Die vermehrten Möglichkeiten des Menschen gingen nicht einher mit einer Zunahme seiner moralischen Fähigkeiten. Die Nutzung von Embryonen für die Forschung, das Vordringen der Pädophilie und Pornographie seien „Anzeichen einer kranken Gesellschaft“, meinte der Kardinal. „Es ist ein großes Ungleichgewicht entstanden zwischen der technischen Macht und unserer Fähigkeit, die Technik mit moralischen Kriterien zu beherrschen.“ Deshalb sollten sowohl die Vertreter der laizistischen Welt als auch der Kirche gemeinsam gegen diese Gefahren vorgehen.
In seiner Antwort auf den Kardinal zeigte sich auch Galli della Loggia überzeugt, dass das religiöse Element heute mehr denn je in der öffentlichen Debatte in Betracht gezogen werden müsse, unabhängig von der jeweiligen Religion, der man angehöre. Die Globalisierung habe zu einem Moment der Krise im Prozess der Säkularisation geführt, die nun die nationale und ideologische Zugehörigkeit in Frage stelle. Diese habe einen „Zerfallsprozess dieser beiden Identitäten eingeleitet“, weshalb man heute vor einer großen Identitätsleere stehe. „Das Thema der Identität wird als gefährlich empfunden, denn es scheint dem universalistischen Anspruch der Demokratie zu widersprechen“, meinte der Politologe und wies darauf hin, dass andererseits „die Thematik der Menschenrechte zum zentralen Thema stilisiert“ worden ist, wobei diese als einzige Möglichkeit einer Lösung dieser Problematik angesehen werden. Es sei kein Zufall, dass sich die Verfassung der Europäischen Union auf die Menschenrechte berufe, wenn von einer Förderung des Friedens und von den internationalen Organisationen die Rede sei. Interessanterweise warf gerade Galli della Loggia die Frage auf, von woher eigentlich die Menschenrechte stammen. „Kann man zu ihrem Ursprung vordringen? Die Europäische Union meint Nein! Jedoch muss man ehrlich zugeben, dass die Menschenrechte im Schoß der jüdisch-christlichen Kultur geboren wurden. Das darf man aber heutzutage nicht sagen, da es sich ja um Religionen handelt.“ Die Europäische Union begnüge sich hingegen damit, „die Menschenrechte als solche anzuerkennen, losgelöst von ihrem historischen Ursprung und einer kulturellen Identität. Andere Kulturen glauben uns jedoch nicht, dass es Menschenrechte in einem sozusagen ,wertfreien‘ System gibt, für sie stellen sie vielmehr ein Instrument des westlichen Imperialismus dar. Daher denunzieren sie diese westliche Ideologie.“
Positivismus heißt, dass keine ethischen Normen mehr gelten
Kardinal Ratzinger wiederum wies darauf hin, dass „ein rein positivistischer Ansatz im Verständnis der Menschenrechte nicht das letzte Wort in der kulturellen Debatte“ haben dürfe. Dieser Positivismus sei nur „die Fassade eines viel tiefer liegenden Problems, das darin besteht, das s es überhaupt keine großen ethischen Prinzipien mehr gibt. Wir müssen uns bemühen, die positiven Kräfte wachzurütteln, die den Relativismus zu überwinden versuchen.“ In der heutigen Zeit werde die „Vernunft des Menschen förmlich zerstückelt. Die Wissenschaft scheint als einziges Kriterium der Objektivität zu gelten, der Rest wird als rein subjektiv angesehen.“ Wenn das Leben aber nur noch als rein subjektiv eingestuft werde und die Willkür somit darüber verfügen könne, gebe es wirklich keine Kriterien mehr, auf die man sich berufen kann. Das Subjekt sei jedoch eine offene, auf andere hin ausgerichtete Realität, die es ermöglicht, mit dem anderen zu kommunizieren und zu höheren Erkenntnissen fortzuschreiten. „Wir sind Wesen, die mit anderen Wesen in Beziehung stehen, das ist keine Begrenzung, sondern stellt einen Reichtum dar“, stellte Ratzinger fest und verwies auf die Enzyklika „Fides et Ratio“, in der darauf hingewiesen wird, dass der Mensch nicht nur fähig ist zu handeln, sondern auch zu erkennen.
Auch der Begriff „Natur“, so Ratzinger weiter, sei heute auf ein rein empirisches Niveau reduziert worden, das auf nichts Menschliches mehr hindeute. „Das Naturrecht hat kein Anrecht mehr in einer technisierten Kultur“, meinte der Kardinal. Er verwies darauf, dass man das Naturrecht schon einmal außerhalb des christlichen Kulturkreises, während der Eroberung Amerikas, neu entdeckt habe. „Damals stellte man sich die Frage, ob die Indianer, die keine Christen waren, auch über Menschenrechte verfügen, und man kam zur Einsicht, dass sie unabhängig von ihrer religiösen Zugehörigkeit Anspruch auf die Menschenrechte besitzen.“ Es sei keine katholische Weisheit, wenn man behaupte, dass „alle eine menschliche Natur besitzen, welche wiederum ein moralisches Verhalten vorgibt. Wir müssen dieses Bewusstsein wieder neu entdecken, damit wir uns im interkulturellen Dialog engagieren und eine Plattform einer gemeinsamen ethischen Vision entwickeln können“, so der Präfekt der Glaubenskongregation. Der alte Traum , wie Gott sein zu wollen, habe eine falsche Freiheit vorgetäuscht, denn der Mensch bleibe weiterhin ein begrenztes Wesen. „Jeder Mensch muss seine Freiheit mit seinem Mitmenschen teilen, damit allen die Freiheit garantiert wird.“ Die Freiheit des Menschen lasse sich letztendlich nur aus der Wahrheit und Liebe Gottes definieren.
Galli della Loggia meinte hingegen, dass die Identitätsleere dazu dränge, neue Identitäten zu suchen, wobei das religiöse Element durchaus eine gewisse Rolle spiele. Andererseits stelle man heute auch den christlichen Glauben in Frage. Es sei jedoch interessant, dass „in der öffentlichen und politischen Diskussion nur noch die katholische Kirche eine relevante Rolle spielt, während andere religiöse Gruppierungen praktisch aus dem öffentlichen Leben verschwunden sind.“ Die katholische Kirche habe inzwischen in der Öffentlichkeit eine vorrangige Stellung eingenommen, was ihr jedoch auch viel Feindschaft eingebracht habe. Jemand, der anders als der Kardinal die Gnade des Glaubens nicht besitzt, könne bei all diesen Fragen keine Gewissheit demonstrieren, er müsse eine „kritische , ungewisse Haltung“ bewahren und könne daher auch nicht bestimmen, was „wahr“ und was „falsch“ sei. In diesem Zusammenhang zog Galli della Loggia in Zweifel, ob ein Embryo schon eine Person sei. Er gab jedoch zu, dass es sich dabei um „Leben“ handele. Denjenigen, die zu keiner absoluten Wahrheit vorgedrungen seien, wollte er aber auch nicht „einen gewissen Fortschritt in Sachen Moral“ absprechen. Mit knappen Worten ging der Präfekt der Glaubenskongregation auf die Debatte über den „Status des Embryos“ ein, indem er darauf hinwies, dass es falsch sei, das Wort „Person“ durch das Wort „Leben“ zu ersetzen, „denn ein Embryo ist eine Person und nicht nur einfach Leben. Auch die Pflanzen und Tiere sind ja Leben, aber deshalb noch keine Personen.“ Der Kardinal kehrte jedoch wieder zum zentralen Thema des Abends zurück und verdeutlichte, dass der Laizismus in allen Kulturen vorkomme, weshalb man meinen könne, dass „dies in der kulturellen Debatte einen gemeinsamen Nenner darstellt“.
Gemeinsam die Totalität der Vernunft wiedergewinnen
Der Laizismus sei jedoch „eine partielle Ideologie, gerade weil er nicht die moralischen Herausforderungen und die letzten Fragen beantworten will. Die Person wird zum Fragment. Wir stehen vor der moralischen Zerstörung des Menschen.“ Daher könne man den Laizismus, wie ihn Habermas verkörpere, nicht als definitive Antwort ansehen. Er sei „eine partielle Antwort, eine partielle Aussage unserer Vernunft.“ Der Kardinal rief dazu auf, „gemeinsam die Totalität der menschlichen Vernunft wieder zugewinnen“. Denn heutzutage wirke „eine Kraft, die zwar den Anspruch auf ,Universalität‘ erhebt, jedoch nur ein Vorwand ist, ganze Nationen und das Heilige der großen Religionen mit den Füßen zu treten.“ Daher könne der reine Laizismus in seiner Partialität nicht als ein gemeinsamer Nenner betrachtet werden. Vielmehr müssten sich „die großen Religionen auf einen interreligiösen und interkulturellen Dialog einlassen, der jedoch keinem Relativismus verfallen darf“.
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VIII.4. Tagespost-Artikel: „Da werden allerlei Mogelpackungen verkauft“ Lässt sich der Islam „europäisieren“? – Fragen an Erzbischof Paul Josef Cordes, den Präsidenten des vatikanischen Hilfswerks „Corunum“ (zugesch. von Walter Schröder)

Die Tagespost
Katholische Zeitung für Politik, Gesellschaft und Kultur
Artikel der Tagespost vom 13.11.2004 abgeschickt um 19:49:41 Uhr
Nachrichtentext: Zur Veröffentlichung im interreligiösen Rundbrief
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„Da werden allerlei Mogelpackungen verkauft“
Lässt sich der Islam „europäisieren“? – Fragen an Erzbischof Paul Josef Cordes, den Präsidenten des vatikanischen Hilfswerks „Corunum“
Hin und wieder fällt das Stichwort vom „Euro-Islam“. Dahinter verbirgt sich die Hoffnung, gerade vor dem Hintergrund der Verhandlungen mit der Türkei über einen Beitritt zur Europäischen Union ließen sich muslimische Prinzipien mit denen der europäischen Staatengemeinschaft v erbinden. Das Gespräch hierüber mit dem langjährigen Kurienbischof Paul Josef Cordes, der als „vatikanischer Entwicklungsminister“ die Welt des Islam aus eigener Anschauung kennt, führte Guido Horst.
Im „Heute Journal“ vom 5. Oktober hat Bundeskanzler Schröder zur Eröffnung von Beitrittsverhandlungen der Europäischen Union mit der Türkei erklärt : „Es wäre ein ungeheurer Stabilitätszuwachs, wenn es gelänge, einen nicht fundamentalistischen Islam zu verbinden mit den Werten europäischer Aufklärung und dies dann für zusätzliche Sicherheit in Europa wirken zu lassen.“ Ist das ein realistischer Wunsch?
Zunächst einmal ist zu sagen, dass es den Islam, wie der Bundeskanzler ihn sich vorstellt, überhaupt nicht gibt. Schon vom Wort her ist der Islam „Selbsthingabe an Gott“. Ein Muslim ist davon überzeugt, dass Gott überall wirksam ist. Er ist der einzige Gegenstand der Anbetung, und der Mensch hat sich seinem Willen zu unterwerfen. Es gibt also gar nicht die Möglichkeit, dass Islam noch existiert, wenn er sich so säkularisiert, wie sich das Christ-sein für Bundeskanzler Schröder offenbar säkularisiert hat. Und insofern ist das ein Gedankending – wie das berühmte „hölzerne Eisen“ –, das überhaupt nicht real umzusetzen ist. Der Islam besteht darin, dass er einen absoluten Gehorsam gegenüber dem Koran-Vorschriften fordert. Islam ist absolute Theozentrik. Und solange ich diesen Islam überhaupt noch praktiziere, bin ich auf Gott verwiesen. Religion des Islam ist also etwas völlig anderes als Religion des Christentums, weil diese Religion alle Bereiche des Lebens durchdringt. Im Christentum haben wir ja inzwischen – vielleicht auch auf etwas missverständlichen Wegen – die irdische Wirklichkeit als etwas in sich selbst Wertvolles erkannt. Der Islam hingegen könnte die irdische Wirklichkeit nicht als etwas in sich selbst und unabhängig von Gott Selbstständiges denken. Insofern ist jede Erwartung seiner Säkularisierung eine Illusion.
Heißt das, dass es in der Beziehung zum Islam nie zu einem Zusammenleben in Frieden und Sicherheit kommen wird?
Die Geschichte belegt, dass e s eine friedliche Koexistenz zwischen Ländern des Islam und dem Christentum nie für lange Zeit gegeben hat. Das hat Alain Besancon, ein Historiker aus Frankreich, bei der Synode der Bischöfe zum Thema „Europa“ 1999 sehr deutlich gesagt. Das belegen Spanien und der Balkan, das belegt andererseits aber das Vordringen der Muslims in Afrika und im Nahen Osten, wo die Christen früher oder später verdrängt worden sind. Man kann nicht umhin in Erwägung zu ziehen, dass Bundeskanzler Schröder, der bei seinem Amtseid jeden Bezug auf Gott ausgeschlossen hat, sich von seiner Natur und seiner Geschichte her gar nicht in den Islam hineindenken kann. Und man müsste sich auch fragen, was die angesprochenen Werte der Aufklärung sind. Was kann gemeint sein? Fortschrittsoptimismus, Vernunftmoral, Individualismus, kritisches Denken, bei dem Gnade und Offenbarung immer überflüssiger werden? Für den Islam gibt es nicht die Alternative Ringen um Gott und Ringen um den Menschen, die von der Aufklärung stammt. Er kann Religion nicht rationalisieren. Und für die Aufklärung ist die Erbsünde eine Mär und die Kirche eine moralische Bildungsanstalt. Für Karl Barth, den Protestanten, ist die Aufklärung der Tiefpunkt des modernen Missverständnisses der Bibel.
Wie sieht es denn mit dem Zusammenleben von Christen und Muslims aus, wenn man konkret an die Türkei denkt?
Staatliches Recht räumt ein, dass dort jeder ungehindert seinen Glauben praktizieren kann. Die Republik schränkt aber das Recht, Religion als Gemeinde zu praktizieren, erheblich ein. Die Gemeinden können sich nicht zivilrechtlich organisieren. Sie müssen als Stiftungen auftreten, dürfen aber offiziell nur weltlichen Zwecken dienen. Sie haben kein Recht auf Immobilienbesitz, sie dürfen keine Geistlichen ausbilden und Geistlichen, die nicht die türkische Staatsbürgerschaft besitzen, erteilt der türkische Staat keine Aufenthaltsgenehmigung. Geistliche dürfen auch nicht Schulen von Minderheiten betreten und Religionsunterricht erteilen. Die Situation für die christlichen Minderheiten der Türkei, die türkische Staatsbürger sind, hat sich wieder verschlechtert. Erst vor einigen Monaten schlossen sich 1500 radikale türkische Nationalisten vor dem ökumenischen Patriarchat zusammen und verbrannten eine Strohpuppe, die den Patriarchen symbolisier en sollte.
Sie sagten eben, einen säkularisierten Islam gibt es eigentlich gar nicht. Jetzt ist aber die Türkei ein säkularer Staat mit einer weitgehend muslimischen Bevölkerung. Ist das eine Mogelpackung?
Einmal ist dieses säkulare Staatsmodell wie mir scheint zu Unrecht von unserer westlichen Erfahrung übernommen. Das Zweite Vatikanum hat die Eigenwertigkeit der irdischen Wirklichkeit, der Schöpfung deutlich herausgestellt, und von daher gibt es in der christlichen Offenbarungsreligion eine Möglichkeit der Säkularisierung. Das fängt schon im Schöpfungsbericht an: Im Buch Genesis werden die numinosen Lichter am Himmel den Menschen zu Diensten gegeben und damit säkularisiert: die Sonne für den Tag und der Mond für die Nacht. Das ist also schon im Ansatz von der Möglichkeit die Rede, Geschöpfliches als Instrument in die Hand des Menschen zu geben. Das könnte ein Mohammedaner gar nicht denken, weil die geschöpfliche Wirklichkeit für ihn immer etwas unmittelbar auf Gott Bezogenes bleibt. Und insofern ist die Anwendung auch von positiver säkularisierter Lebenserfahrung auf die Religion des Islam ein Irrtum. Es zeigt sich auch faktisch, dass es trotz aller Veränderung der Gesetzlichkeit keine menschlich eigenwertigen Wirklichkeiten im Islam gibt. Wahrscheinlich werden schon allerlei Mogelpackungen verkauft.
Das heißt ein säkularer, islamisch geprägter Staat ist weder Fisch noch Fleisch...
Es ist ein Irrtum, wenn man westliche Lebenserfahrungen auf die Welt des Islam anwendet, weil die Möglichkeit, irdische Wirklichkeit nicht in Bezug auf Gott zu denken, im Islam nicht gegeben ist Es gibt nicht einen säkularisierten Islam. Das bedeutet jetzt nicht, dass man jede Form von Islam als fanatisierten Islam darstellt. Sondern es bedeutet einfach, dass man Islam missversteht, wenn man christliche Möglichkeiten in ihn hineininterpretiert. Und von daher kann jemand, der nicht einmal die christlichen Elemente in unserer irdischen Wirklichkeit mitbedenkt, gar nicht verstehen – ich spreche jetzt von der Aussage Schröders –, wieso alle irdische Wirklichkeit unbedingt auf Gott bezogen ist.
In der Konsequenz würden Sie also sagen, dass die Europäische Union vielleicht zu einer privilegierten Partnerschaft mit d er Türkei kommen kann, diese aber der Union nicht beitreten sollte.
Der Papst hat in diesem Sinne Stellung genommen, die deutschen Bischöfe haben sich ähnlich geäußert. Vielleicht hat man das nie im Detail so aufgenommen oder auch nicht in extenso begründet, aber ich bin davon überzeugt, dass jeder, der sensibel ist für das, was das Christentum der Welt zu bringen hat, nicht sagen kann, wir Christen könnten auf irgendeiner Ebene mit von der islamischen Religion geprägten Völkern eine substanzielle Einheit eingehen.
Aber haben die Europäische Union beziehungsweise der aufgeklärte Westen die Schwierigkeiten, die sie mit dem Islam haben, nicht auch mit dem Christentum? Auch Christen sehen alles im Lichte Gottes – und da gibt es Dinge, etwa beim Lebensschutz oder in Fragen von Ehe und Familie, da legen sie eine ganz entschiedene Haltung an den Tag.
Mir scheint zunächst, dass wir den fundamentalen Unterschied zwischen Christentum und Islam in diesem Punkt im Blick behalten müssen. Wenn es sogar – angeregt durch das Zweite Vatikanische Konzil – eine Theologie der irdischen Wirklichkeiten gibt, dann bedeutet das, dass der Christ differenzieren kann zwischen dem, was ihm als Erde, als das empirisch Greifbare, begegnet und dem, was er in dies er Erde als Schöpfung Gottes sieht. Wenn Biologie die Gesetze des Menschen untersucht und Mathematik sie auswertet, hat das zunächst mit dem Glauben überhaupt nichts zu tun. Es gibt also eine ganze Phalanx von Möglichkeiten, in denen der Mensch der Erde begegnet. Und die Theologie sagt uns, dass diese Erde in sich selbst wertvoll ist. Der Christ weiß, dass sie Schöpfung ist, dass sie von Gott stammt – aber er kann sie auch erkennen als etwas, was in sich seinen Wert hat unabhängig von der Tatsache, dass sie von Gott stammt. Das ist eben ein Unterschied gegenüber dem Islam, der das nicht denken kann, weil der Koran auf alles, was Erde ist, die Gesetze Gottes anwendet. Insofern gibt es da schon, so glaube ich, einen fundamentalen Unterschied.
Zum Zweiten bleibt mir zu sagen: Wenn ich den Papst sorgfältig höre und lese, dann leitet er die menschliche Würde nicht von der Offenbarung ab. Auch Philosophen wie Robert Spaemann würden niemals sagen, dass wir die Bibel brauchen, um das und jenes an der Würde des Menschen zu erkennen. Sie gründen ihre Sicht des Menschen nicht auf Gott, sondern auf die menschliche Vernunft. Aus solcher Erkenntnis leiten sie für Mensch und Gesellschaft allerlei Verpflichtungen ab – vom Missbrauch von Embryonen zu Forschungszwecken, das Klonen von Menschen, die Abtreibung und viele andere Forderungen, die unser aller Würde sichern sollen, bis zur Ablehnung der Euthanasie. Selbst die Auffassung von der Unauflöslichkeit der Ehe stützt sich für Katholiken nicht auf eine spezifisch christliche Lehre. Der Herr selbst sagt im Evangelium, dass die Schöpfungsordnung das Zerschneiden des Ehebands nicht vorsieht: „Am Anfang war das nicht so.“
Meine Teilnahme an internationalen Konferenzen auf Ebene der Vereinten Nationen hat mich übrigens erfahren lassen, dass sich Christen in Fragen des Naturrechts nicht selten näher bei Auffassungen von Muslimen als bei Zielen Bundeskanzler Schröders finden.
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VIII.5. Tagespost-Artikel: Die anhaltende Aktualität des heiligen Augustinus (zugesch. von Walter Schröder)

Die Tagespsot
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Artikel der Tagespost vom 13.11.2004 abgeschickt um 19:58:40 Uhr
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Die anhaltende Aktualität des heiligen Augustinus
Die Kirche gedenkt heute des 1650. Geburtstags des Kirchenlehrers und Bischofs von Hippo – „Ein Mann, der in der Theologiegeschichte nicht seinesgleichen hatte“
Von Cornelius Petrus Mayer OSA
Heute vor 1650 Jahren erblickte jener Genius das Licht der Welt, de er die Geistesgeschichte des christlichen Abendlandes wie kaum ein zweiter geprägt hatte, Augustinus. Kardinal Newman nannte ihn „das große Licht der westlichen Welt, der ohne Anspruch auf Unfehlbarkeit die Intelligenz Europas prägte“. Der Kirchenhistoriker Adolf von Harnack sagte sogar: Er „ist der Mann, der überhaupt in der Antike und in der Kirchengeschichte nicht seinesgleichen gehabt hat“.
Augustins Stellung in der westlichen Kultur ist in der Tat einmalig: Die Literatur um seine Person und sein Werk wächst Jahr für Jahr immer noch um einige hundert Titel. Diese exzeptionelle Breitenwirkung beruht sicherlich darauf, dass am Gespräch mit ihm – gewiss mit ungleichartigem Vorverständnis – nicht nur Kirchenleitungen, Theologen und Philosophen, sondern auch Gelehrte aus unterschiedlichen Disziplinen wie der Geschichte, der Psychologie, der Linguistik etc. teilnehmen. Seines Geistes Erbe sind es alle, die das Suchen nach Gott und das Ringen um die Wahrheit beseelen.
Mit Recht sah man in Augustinus den letzten antiken und den ersten modernen Menschen, ging er doch aus der griechisch-römischen Kultur hervor. In seiner Person hat die Antike die in ihr wohnende künstlerische Gestaltungskraft noch einmal zusammengefasst. Er wuchs aber auch über sie hinaus – eben durch seine Bekehrung zum Christentum.
Als Autor in die Weltliteratur eingegangen
Im Unterschied zu den meisten Persönlichkeiten der Alten Kirche sind unsere Kenntnisse über Augustinus alles andere als dürftig. Der Grund dafür liegt einfach darin, dass er seine zur Weltliteratur zählenden „Confessiones“, seine „Bekenntnisse“ schrieb. Über deren Wirkung notierte er selbst: „Die dreizehn Bücher meiner Bekenntnisse preisen Gott den Gerechten und Guten um des Bösen und des Guten willen, das ich in mir gefunden, und sie lenken des Menschen Sinnen und Trachten auf ihn hin. Was mich betrifft, so erfuhr ich dies schon beim Schreiben und ich erfahre es immer noch beim Lesen. Was andere davon halten, das mögen sie selber sehen. Ich weiß jedoch, dass sie vielen Brüdern gefallen haben und immer noch gefallen.“
Als auch mit reicher Emotionalität, Phantasie und praktischem Sinn ausgestattete Person war Augustinus, der ehemalige Lehrer der Grammatik , Professor der Rhetorik, kenntnisreicher und geübter Dialektiker, bereits zu seinen Lebzeiten ein in gebildeten Kreisen viel gelesener und begehrter Autor. Die Fertigstellung seiner fünfzehn Bücher „Über den dreieinigen Gott“ – vielleicht das Tiefsinnigste, was je über den Gott der Christenheit geschrieben wurde, und woran der fromme Bischof zwanzig Jahre arbeitete – wollte seine elitäre Leserschaft nicht mehr abwarten. Man entwendete ihm die ersten zwölf, ehe die restlichen drei geschrieben waren.
Bei der Besetzung Roms durch den Westgoten Alarich a m 24. August 410 verstärkte sich der Druck der noch Heiden gebliebenen Gebildeten auf das Christentum, dem man die Schuld dafür anlastete. Als Wortführer der Christenheit sah Augustin sich verpflichtet, seine auf 22 Bücher konzipierte epochale Schrift „Über den Gottesstaat“ in Angriff zu nehmen. Dieses „grande opus – bedeutsame Werk“, wie der Verfasser es nannte, erschien von 413–427 in Abschnitten. Schon beim Erscheinen der ersten Lieferung beeindruckte es die Leser, von denen Macedonius, damals Prokonsul in Afrika, sich fragte, was er am Verfasser mehr bewundern solle, dessen priesterliche Vollkommenheit oder dessen philosophische Ansichten, die Fülle seines historischen Wissens oder den Reiz seiner Beredsamkeit.
Schon zwanzig Jahre nach seinem Tod begann en Gelehrte Augustins Schrifttum, das von zahlreichen Briefen und Predigten abgesehen im großen und ganzen erhalten blieb, in Sentenzensammlungen und Florilegien zu verbreiten. Solche Sammlungen waren im Mittelalter gefragte Hilfsmittel des Schulbetriebs. Die berühmteste war die des Petrus Lombardus (†1160). Sie umfasste mehr als 1500 Sentenzen au s der gesamten Patristik, darunter circa 950 dem Werk Augustins entnommene. Selbst Thomas von Aquin, der die aristotelische Philosophie zur Grundlage seines Denkens machte, zitiert in seinen Schriften Augustinus häufiger als Aristoteles. Nahezu alle namhaften Theologen des Mittel alters betrachteten Augustinus als ihren Lehrer und Meister.
Luther war von seinem Ordensvater fasziniert
Vollends war dies bei den Reformatoren der Fall. Luther, dessen Vorlesungen noch als Augustinermönch an der Universität Wittenberg von Augustinuszitaten gespickt waren, meinte, Augustinus sei ganz und gar der seine. Bei der Konzeption sowie bei der Verteidigung seiner Gnaden- und Rechtfertigungslehre berief er sich ständig auf dessen Theologie. Wie Luther meinte auch Calvin, Augustinus interpretiere authentisch die Schriften des Apostels Paulus von der Rechtfertigung des Sünders allein aufgrund des Glaubens an den rettenden Gott. Auf katholischer Seite berief sich das Konzil von Trient ebenfalls auf Augustinus, aber man bemühte sich, die übertriebenen Zuspitzungen der Reformatoren zu glätten. Der christliche Humanismus propagierte in Ablehnung der Scholastik und des Aristotelismus die Rück kehr zu den Quellen und zu den Kirchenvätern, speziell zu Augustinus. Die Philologen der Renaissance haben mit Hilfe der Buchdruckerkunst entscheidend zur Verbreitung der augustinischen Schriften beigetragen. Bereits 1506 erschien in Basel die erste Gesamtausgabe.
Die Philosophie und Theologie des siebzehnten Jahrhunderts war vorzüglich vom Gedankengut Augustins geprägt, einmal durch Descartes Rückführung der Grundlagen des Denkens auf die Selbstvergewisserung durch das „cogito ergo sum“, worin man eine Übereinstimmung mit Augustinus feststellen zu müssen glaubte, sodann durch den über die Schriften des Jansenius’ ausgelösten Gnadenstreit, der hauptsächlich die Kirche Frankreichs zu spalte n drohte. Darin ging es stets um die Interpretation der Schriften Augustins. So war der Kirchenvater bei Gelehrten erneut in aller Munde und er blieb dies in der Folgezeit. Denn die evangelischen Kirchen haben trotz liberalistischer Tendenzen während der Zeit der Aufklärung nicht aufgehört, sich in Sachen des Glaubens auf Augustinus zu berufen, und in den Enzykliken der Päpste in der jüngeren und jüngsten Zeit war er als Autorität in der Regel präsent. In den Dokumenten des Zweiten Vatikanischen Konzils zählt er mit zu den meist zitierten Autoren. Die Auseinandersetzung mit ihm – zum Teil auch sehr kritisch – hält an. Kurz : Seine Aktualität nimmt eher zu als ab.
Was fasziniert an Augustinus heute noch? Was ist an seiner Lehre für gläubige Christen zu beherzigen? Vieles! Einiges sei erwähnt. Zunächst seine gegenwärtig nicht unangefochtene Moral. Aber gab er Christen nicht einen zeitlos gültigen Parameter für ihr sittliches Denken und Tun zur Hand, indem er kurz und bündig formulierte: „Liebe, und (dann) tu (!), was du willst“? Das heißt doch: Wenngleich moralische Auffassungen einem gesellschaftlichen Wertewandel unterliegen, so doch nicht das Liebesgebot! Sagte nicht schon der Apostel Paulus, auf den Augustin sich häufig berief, die Lieb e sei die Erfüllung des Gesetzes (Röm 13, 8–10), und illustrieren die Evangelien dies nicht sattsam an Jesu Verhalten?
Augustin sei der Vater der Erbsünde, lautet eine weitere, ihn diskriminierende innerkirchliche Propaganda. Gewiss mag der Kirchenvater sich aufgrund der gelten den Ansichten seiner Zeit über die physiologisch bedingte Unbotmäßigkeit der Sexualorgane bei der Zeugung geirrt haben, nicht geirrt hat er sich über das entfremdete Dasein des in eine entfremdete Welt hineingeborenen Menschen. Diesen Zustand nahm er an sich selbst wahr und aufgrund der verschlungenen Gefühle und Regungen seines Herzens nannte er in seinen „Bekenntnissen“ sich und den Menschen als solchen einen „Abgrund“, ein „grande profundum“ (4, 22). Wie „unser unruhiges Herz“ im Glauben an das von der Kirche verkündete Erlösungsgeschehen die verheißene „Ruhe“ findet, das ist sein Thema. Weil aber alle Initiative in diesem Geschehen bei Gott liegt, deshalb ist Gott der Einzige und das Einzige, was Augustin interessiert. „Unselig ist der Mensch“, dies bekennt er darin seinem Schöpfer und Erlöser, „der alles weiß, dich aber nicht kennt; selig hingegen ist, wer dich kennt, auch wenn er von allem anderen nichts weiß. Wer jedoch dich und alles andere kennt, ist darum keineswegs seliger; selig ist er einzig um deinetwillen“ (5, 7). Des Menschen Wert richtet sich nicht danach, was er weiß, sondern nach dem, was er liebt. Was und wie er lieben soll, das sagt Gott ihm in seinen Heiligen Schriften.
Ein Heiliger, der den Abgrund in der eigenen Seele kannte
Augustins Bild vom Menschen ist ganz und gar getragen von dessen Gottebenbildlichkeit als Kreatur, von dessen Sünde genannter Tragödie und von deren Aufhebung durch die Macht der Gnade. Der von Gott Ergriffene ist ein Mensch der Demut, der alles, was sein Heil betrifft, allein von seinem Erlöser erhofft. Mit diesem anthropologischen Leitbild verabschiedete sich der Kirchenvater von dem antiken Ideal des in sich ruhenden und auf sich angewiesenen Herrenmenschen.
Seine in den „Bekenntnissen“ niedergeschriebenen Ansichten aus dem Bereich des Individuellen übertrug Augustin ohne Zögern auch auf die Gesellschaft. Kein Staat, kein politisches System, so lautet die Quintessenz seiner Schrift „Über den Gottesstaat“, wird je in der Lage sein, die Entfremdung jetzt schon aufzuheben und ein Reich des Friedens bereits hier auf Erden zu schaffen.
An Stoff, dies zu illustrieren, mangelt es nicht. Beherzigenswertes steht darin über die beiden Staaten beziehungsweise über die beiden Gesellschaften zu lesen. Diese unterschieden sich ebenfalls einzig und allein durch ihre je eigene Liebe, die Selbstliebe, die den irdischen Staat, und die Gottesliebe, die den himmlischen schuf. Die Bürger des einen suchten ihren Ruhm bei Menschen, ihre Bestimmung sei der Untergang, die des anderen bei Gott, ihre Bestimmung sei die Herrschaft mit Gott. Ist dies eine Geschichtsbetrachtung in Schwarz-weiß oder eine solche in der Optik der neutestamentlichen Verkündigung?
Unser Bild aus einem Kodex der königlichen Bibliothek des Augustinerklosters im Escorial in Spanien zeigt den predigenden Bischof Augustinus umgeben von ihm lauschenden Gläubigen. Der Text mit den Note n ist dem Eröffnungsvers der heiligen Messe für Kirchenlehrer entnommen: „In medio ecclesiae apperuit os eius ... Inmitten der Kirche öffnet e der Herr ihm den Mund“. Auf keine andere Person trifft dieser Vers aus Sirach 15, 5 mehr zu als auf Augustinus, der die Mysterien des christlichen Glaubens nicht nur tiefsinnig zu reflektieren, sondern auch predigend so darzulegen, so zu veranschaulichen verstand, dass selbst nicht Gebildete wissen konnten und sollten, worauf es da ankommt.
Wenn der christliche Glaube im öffentlichen Bewusstsein unserer Gesellschaft heutzutage und hierzulande abnimmt, verkümmert, gar bis zu dem Grade verschwindet, dass Jugendliche bei Kirchenführungen fragen, wer der ans Kreuz Genagelte sei, dann dürfte der Grund dafür nicht zuletzt in der Hintansetzung, in der Vernachlässigung, um nicht zu sagen in der Preisgabe jener Mitte der neutestamentlichen Botschaft liegen, mit deren Verkündigung das Christentum einst antrat und mit der es unsere Kultur prägte. Sich darauf wieder zu besinnen, es sich anzueignen und zu vertiefen, es sich zur Richtschnur für das Leben zu machen, dazu dürfte der heilige Augustinus mit seinem immensen, immer noch faszinierend en Schrifttum beitragen.
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VIII.6. Zeit-Artikel: Als der Frieden zu Ende war. Über den Mord an Theo van Gogh (zugesch. von Helmut Schmitz)
DIE ZEIT

46/2004
Als der Frieden zu Ende war
Die Niederlande in den Tagen nach dem Mord an Theo van Gogh. Wird Kritik am Islam in Europa lebensgefährlich? Die Eskalation hat begonnen
Von Werner A. Perger für ZEIT.de
Der brutale Meinungsmord an Theo van Gogh ist mehr als eine nationale Tragödie für die Niederländer. Der Tod des Filmemachers, Opfer eines offenbar fanatisierten marokkanisch-niederländischen Islamisten, ließ vor allem politische Intellektuelle auch jenseits des Polderlandes zutiefst erschrecken. Was man in Europa seit langem nur noch aus Nordirland, aus dem Baskenland und vom Balkan kannte – Fememorde auf Grund von religiösem Hasses und politischem Fanatismus –, scheint nun im Gefolge der globalen Auseinandersetzungen mit dem radikalen Islam überall möglich zu sein.
In Berlin beispielsweise. Dort stelle auf einer Konferenz über Kommunikationsprobleme sozialdemokratischer Reformprojekte einer der holländischen Teilnehmer, René Cuperus von der Wiardi-Beckman-Stiftung, rhetorische Fragen, die auch den Nichtholländern unter die Haut gingen: „Wie diskutiert man über Probleme des öffentlichen Diskurses, wenn dieser Diskurs insgesamt vergiftet ist? Wenn er geprägt ist von Angst, Hass und Unsicherheit?“ Politische Morde, sagte er, kenne man aus der Geschichte genügend, doch Intellektuelle, Künstler und Meinungsmacher als Opfer – das sei eher selten. Ob es Vergleichsmöglichkeiten gebe, um die neue Dimension des Schocks für die holländischen Intellektuellen auch anderswo nachvollziehbar zu machen, fragte Cuperus, Mitarbeiter eines linken Think-tanks in Amsterdam. Und nannte selbst gleich ein paar illustrative Beispiele: „Stellen Sie sich vor, in Paris wäre Alain Finkielkraut auf offener Straße ermordet worden, oder Rainer Werner Fassbinder in Berlin, Will Hutton in London, Michael Moore in New York – von einem fanatischen Moslem mit Messer und Pistole regelrecht exekutiert.“
Das drückt nicht nur auf die Stimmung, wie jede öffentliche Gewalttat. Die Wirkung reicht darüber hinaus. Sie untergräbt das individuelle Gefühl der Sicherheit in der Demokratie. Sie zerstört das Urvertrauen in die Regeln des friedlichen Zusammenlebensunterschiedlicher oder gar gegensätzlicher Kulturen in der demokratischen Gesellschaft. Und sie nimmt den Demokraten die Unbefangenheit, mit der sie bisher Konflikte mit ihrem Rechtsverständnis kritisierten und gegebenenfalls auch verfolgten, von der alltäglichen Diskriminierung der Mädchen über die „Frauenbeschneidung“ bis zu den sogenannten „Ehrenmorden“ moslemischer Männer an weiblichen Familienmitgliedern wegen – angeblichen oder tatsächlichem – Ehebruchs.
Wird es fortan lebensgefährlich, fundamentalistische Fehlentwicklungen zu kritisieren? Wird es, wenn das Amsterdamer Beispiel unter Fanatikern Schule macht, von nun an zunehmend riskant, sich mit scharfem öffentlichen Protest gegen die verbalen Exzesse so genannter „Hassprediger“ zu wehren? René Cuperus hat sich verständlicher weise einen Moment lang auch gefragt: Soll und kann er es sich als Familienvater eigentlich leisten, in Artikeln und Debattenbeiträgen ´weiterhin gegen den EU-Betritt der Türkei zu argumentieren? Ein falsches Wort gegen den Islam, ein hartes Argument gegen einen moslemischen Imam, schon gibt es Drohanrufe und Hass-mails. „Die Stimmung ist völlig umgeschlagen.“
Und das friedliche Holland gibt es nun endgültig nicht mehr. Ohnehin war es nie so freundlich, tolerant und gelassen, wie es sein Image als Land mit der liberalsten Drogenpolitik in der EU vor gaukelte. Aber politische Gewalt hat es in der neueren Geschichte nicht gekannt, bis zum Mord an dem Rechtspopulisten Pim Fortuyn am 6. Mai 2001. Das war der erste Schock, mit weit reichenden Folgen für die politische Klasse (und die politische Machtverteilung im Lande). Nun gibt es schon den zweiten Toten innerhalb von zwei Jahren. Und dass Theo van Gogh vorerst der letzte ist, darauf wagt kaum noch jemand zu vertrauen.
Inzwischen hat es bereits mehrere Anschläge auf moslemische Einrichtungen gegeben, unter anderem in Eindhoven. Eine islamische Organisation, die irgendwie Al Quaida [sic!] nahe stehen soll, hat danach sogleich Vergeltungsmaßnahmen angedroht. Wie seriös diese Nachricht ist, war zunächst schwer zu beurteilen. Aber selbst wenn sich da nur moslemische Trittbrettfahrer wichtig gemacht haben sollten: Die Eskalation der Gewaltbereitschaft ist schon jetzt unübersehbar.
Der ermordete Filmemacher, ein entfernter Nachfahre des Malers Vincent van Gogh, ist eine Woche nach der Tat beigesetzt worden. Am Tag davor hatte eine sehr eigenartige Trauerfeier stattgefunden, die von einigen Teilnehmern „bizarr“ genannt wurde. Geprägt war sie von solidarischem Biertrinken und Gauloiserauchen, den „Theo“ hatte beides geliebt, sowie von Bekleidungsvorschriften, die der ermordete Berufsprovokateur sich in seinem Testament erbeten hatte: die Damen sollten elegante Hosen und Mantelkleidern tragen, und obendrein Perlenketten, ganz im Stil höherer Töchter aus besseren Kreisen. Und obendrein gab es auf dem Fest an prominenter Stelle zwei ausgestopften Ziegen zu sehen, als unübersehbarer Verweis auf van Goghs liebstes Schimpfwort für die aus seiner Sicht unzivilisierten Einwanderer aus dem Morgenland. Bei denen sei es üblich, so hatte er gelegentlich öffentlich unterstellt, sich der Ziegen sodomitisch zu bedienen (dementsprechend verkündete auf der makabren Trauerparty ein Schild neben den viehischen Attrappen: „Für alle, die’s nötig haben“).
„Geitenneukers“ hatte van Gogh die moslemischen Zuwanderer übrigens genannt, ein extrem vulgäres Schmähwort, das ausreichte, auch kreuzbrave, kulturell zu 100 Prozent integrierte moslemische Immigranten hellauf zu empören. Jetzt macht das Wort vor allem unter jungen nicht zugewanderten Holländern eine schnelle Karriere – als Kampfwort, das den Stolz treffen und die Selbstachtung zerstören soll. Türken und Marokkaner zu beschimpfen ist aus ihrer Sicht schließlich das Mindeste, was sie für den toten Theo jetzt tun können, egal, ob sie dessen filmisches Werk überhaupt gekannt oder seine aggressiven Kolumnen gegen Moslems, Juden und andere Andere je gelesen hatten. Die Angst vieler Holländer, der Krieg der Worte könnte der Anfang einer gefährlichen Eskalation sein, ist offenkundig berechtigt.
ZEIT online überprüft nicht die Korrektheit des Absenders. Diese Mail wurde weder von Mitarbeitern des ZEIT-Verlages noch von Kooperationspartnern der ZEIT verschickt. Bei Anregungen und Kritik senden Sie bitte eine Mail an webmaster@zeit.de
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VIII.7. taz-Artikel: brennpunkt 1,Gut, dass ihr mich erzieht (zugesch. von Yasin Alder via IHV-Bonn-Köln-Verteiler)

-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Yasin Alder
Gesendet: Samstag, 20. November 2004 11:30
An: neues@ihv-bonn.de; ihv-info@uni-koeln.de
Betreff: Außergewöhnlicher Kommentar von Navid Kermani zur aktuellen Debatte

taz
brennpunkt 1,Gut, dass ihr mich erzieht …,VON NAVID KERMANI

,,Aufgefallen ist mir, dass die meisten, die sich über die Ausländer
oder, um genau zu sein: über die Türken, nein, das ist es auch nicht,
schließlich zeigt das Fernsehen im Augenblick ständig richtig gute
Türken, die das Kopftuch abgelegt haben und auf die Türken schimpfen,
wie sage ich also nun: also, dass die meisten, die sich über den
Fundamentalismus aufregen … Fundamentalismus, Fundamentalismus, das ist
gut, muslimischer Fundamentalismus, um genau zu sein, Islamismus
sozusagen, das kann man sagen, andererseits, der Islam ist doch
fundamentalistisch, jedenfalls wenn man daran glaubt, der Islam ist
frauenfeindlich und verherrlicht die Gewalt, da ist doch diese eine Sure
mit den Frauen, die unter den Männern stehen, und dass man die
Ungläubigen töten soll, uns also töten soll, also euch, meine ich, ich
selbst gehöre ja zu den Mördern, gibts zwar in der Bibel zuhauf so
Verse, aber, mein Gott, wir hatten ja auch eine Aufklärung, die Muslime
hingegen, die leben noch im Mittelalter, und außerdem ist unsere
Religion die Religion der Liebe, also eure Religion, ich selbst lebe ja
noch im Mittelalter mit meiner Religion der Gewalt, und wenn ich meine
Frau nicht schlage und meine Tochter nicht zwangsverheirate und abends
im Eigelstein keine Selbstmordattentate begehe, dann liegt es nur daran,
dass ihr mich erzogen habt im Geiste der Toleranz und Aufklärung,
gereinigt von meiner fundamentalistischen Tradition, im Elternhaus kann
ich das kaum gelernt haben, das sind ja Islamfaschisten, ihr hingegen,
mein Gott, was habt ihr die Welt geliebt, vor allem die armen verfolgten
Türkinnen, denen ihr keine Wohnung und keinen Arbeitsplatz gebt, weil
sie ja verfolgt sind, also nicht von euch verfolgt, sondern von den
Muslimen verfolgt, von ihren muslimischen Islamfaschomännern, und
deshalb müsst ihr sie auf der Straße anspucken, damit sie merken, wie
verfolgt sie sind, und auf Schulkinder darf man die armen verfolgten
islamfaschogehirngewaschenen Kopftuchträgerinnen schon gar nicht
loslassen, nur aus Liebe, meine ich, aus Liebe zu den Kindern und auch,
ja, zu den armen Musliminnen, die unter die Burka gezwungen worden sind,
ihr seid wirklich eine Kultur der Nächstenliebe und Toleranz, das wird
mir jetzt erst richtig klar, Verzeihung, liebe Springer-Presse, lieber
Spiegel, liebe Alice Schwarzer, dass ich das jetzt erst merke, was habt
ihr vor allem die Juden und die Neger geliebt und Gewalt in der Ehe, das
kennt ihr natürlich nicht, völlig unbekannt, und wenn es doch Gewalt
gibt in Familien, was es nicht gibt, hat das natürlich nichts, aber auch
gar nichts mit eurer Kultur zu tun oder gar eurer Religion, und die
Asylbewerber erst, Mensch, habt ihr die geliebt, als ihr sie in Rostock
angezündet habt, ihr toleranten, nächstenliebhabenden Deutschen, nun
gut, war vielleicht ein wenig heftig, besser, man liebt die Asylbewerber
nachts in der Nebenstraße, wenn es niemand sieht, andererseits muss man
auch mal die Relation sehen, darüber wird gar nicht gesprochen, gerade
mal hundert tote Ausländer gab es in den Neunzigerjahren, das ist doch
nichts gegen die tausende, die am 11. September bestialisch ermordet
worden sind von diesen Islamfaschos, die sich von unserer Toleranz
genährt haben, unserer Toleranz und Nächstenliebe, die wurden einfach zu
viel geliebt, die Muslime, zu viel Toleranz, und dann in Madrid und in
Djerba, das sind doch die Dimensionen, um die es geht, die wollen uns
alle umbringen, also euch, jedenfalls ist mir aufgefallen, dass die
meisten, die sich über den Islamfaschismus aufregen, Muslime höchstens
aus dem Urlaub oder aus dem Restaurant kennen, weil sie entweder im
Osten leben, wo sich Muslime sowieso kaum hintrauen, oder in
Stadtvierteln, wo es nur gute Ausländer gibt, gemäßigte Ausländer, wie
es so schön heißt, Verzeihung, gemäßigte Muslime, meine ich, obwohl das
ja ein Widerspruch in sich selbst ist, aber man kann schlecht sagen:
nichtmuslimische Muslime, Exmuslime, wie man sagt Exnazis oder Exfrauen,
aber ist auch egal, ich wollte nur sagen, es gibt auch gute Muslime, wie
überall in der Presse zu lesen ist, sozusagen geschiedene Muslime, vom
Islam und ihren faschistischen Eltern geschiedene Muslime, die ihre
Kinder auf die Montessori-Schule schicken und dort auf den Elternabend
köstliche Süßspeiße mitbringen, so köstliche kleine
Islamfaschosüßspeisen, die aber vom Geist der christlichen Liebe und
westlichen Toleranz durchzogen sind, dass man sie wirklich gut
integrieren kann in unsere, nein eure säkulare Gesellschaft und in die
Montessori- Schule, und das wollen wir ja, oder ihr, Integration ist
unheimlich gut, auf dass niemand sagen könne, wir hätten etwas gegen den
Islam, also Ihr hättet etwas gegen den Islam, also gegen mich, um genau
zu sein, ich vergess das immer, dass ich zu den Bösen gehöre, ich fühle
mich gar nicht so böse, aber, mein Gott, ich habe ja auch keine
Aufklärung hinter mir, da weiß ich gar nicht, wie böse ich bin, aber
gut, dass ihr mich erzieht, sonst würde ich abends auf dem Elternabend
ein Selbstmordattentat begehen und vorher die Lehrerin zwangsheiraten."


taz Nr. 7519 vom 20.11.2004, Seite 3, 156 Zeilen (Kommentar), NAVID
KERMANI,,taz muss sein: Was ist Ihnen die Internetausgabe der taz wert?


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VIII.8. taz-Artikel über die muslimische Musikerin Hülya Kandemir: Die Glückliche (zugesch. von Nuri Köseli via IHV-Bonn-Köln-Verteiler)


die tageszeitung portrait Die Glückliche
-----Ursprüngliche Nachricht-----

[mailto:owner-ihv-info@rrz.uni-koeln.de] Im Auftrag von "Nuri Köseli"
Gesendet: Mittwoch, 17. November 2004 13:22
An: ihv-info@uni-koeln.de; neues@ihv-bonn.de
Betreff: Die Glückliche

die tageszeitung
portrait

Die Glückliche

Regen war vorausgesagt, für den letzten Samstag im Oktober. Jetzt
scheint die Sonne in das Gesicht der kleinen Frau. "Ein Zeichen von
Allah!", ruft Hülya Kandemir über den Münchner Marienplatz. Verwundert
gucken Passanten mit Einkaufstüten in der Hand auf die Frau unter dem
grünen Schleiergewand. "Muslime gegen Terror und Gewalt" steht auf einem
Tuch über der kleinen Bühne geschrieben. Der Oberbürgermeister hat schon
gesprochen, die Kirchen schickten Vertreter, der Chef des Islamischen
Zentrums hielt eine Rede, und Rapper Ammar versuchte, den Münchnern die
Gemeinsamkeiten von Bibel und Koran in Reimform zu vermitteln. Und alle
waren sich einig: Endlich findet sie statt, die öffentliche
Distanzierung der Muslime vom islamistischen Terror. Organisiert hat
diese Veranstaltung ausgerechnet die ehemalige Liedermacherin Hülya, die
erst vor drei Monaten eine praktizierende Muslima wurde.
"Ich weiß nicht, warum es niemand vor mir gemacht hat. Es fehlte wohl
einfach ein Zünder", sagt die 29-Jährige am Rande dieser Kundgebung. Zum
Anzünden braucht man Energie, und die hat Hülya. Davon konnten sich
Besucher ihrer Konzerte überzeugen - als sie noch welche gab. Vor
wenigen Wochen hat sie beschlossen, ihre Karriere aufzugeben und sich
lieber dem Islam zu widmen. Geld will sie als Bedienung in einem
türkischen Restaurant verdienen.
Schon seit längerem hatten die Fans das Ringen der Sängerin gespürt, die
sich von Pop-Rock immer weiter entfernte und immer mehr der türkischen
Folklore näherte. Zu ihrem letzten Konzert im ehemaligen Schlachthof in
München hatte sie mit dem Vermerk "Nur für Frauen!!!" eingeladen. Wie
eine Tracy Chapman mit Kopftuch sitzt sie den ganzen Abend auf der Bühne
auf einem Barhocker. Der Gesang des Publikums klingt etwas dünn, als
Hülya ihre Fans bittet, in den Refrain zu ihrem neuen, ihrem letzten
Lied "Hay" einzustimmen. Nach ein paar Versuchen winkt sie ab und singt
mit einer Stimme, die viel zu kraftvoll scheint für sie: "Haaaay!" -
"Das ist Arabisch und bedeutet ,lebendig'", erklärt sie dann und zupft
ihren Schleier zurecht, aus dem eine dunkle Locke hervorgerutscht war.
Seit August trägt sie das enge Kopftuch, wenn sie das Haus verlässt.
Dieses Tuch ist die eine Konsequenz aus ihrem neu entdeckten Glauben,
der Abschied von der Karriere eine weitere. "Im Koran steht nirgends,
ich dürfte nicht vor Männern singen, aber ich fühle mich besser, wenn
ich es lasse", erklärt Hülya dann im Anschluss an ihr Konzert. Sie ist
von der Bühne gestiegen, um mit den Konzertbesuchern über ihre
Entscheidung zu diskutieren. "Ich glaube, dass Frauen auf der Bühne Neid
und Eifersucht beim Publikum erzeugen", sagt sie. Da helfe auch ein
Schleier nichts. Eigentlich will sie wohl sagen, dass Männer nur an Sex
denken, wenn sie eine Frau auf der Bühne sehen.
Entrüstung beim Publikum. Ein grauhaariger Lehrer, der sich mit einigen
Jugendlichen im Gefolge dem Wunsch Hülyas widersetzt hat, nur vor Frauen
zu spielen, schimpft: "Ich bezweifle, dass das mit unserer Verfassung
vereinbar ist!" Dann steht er auf und marschiert mit seinen Schülern zum
Ausgang. Die Atmosphäre ist vergiftet - nicht nur hier im Saal.
Beschimpfungen auf der Straße häufen sich. "Du Fundamentalist, raus aus
meinem Land!", habe ihr erst kürzlich eine Frau zugerufen, erzählt
Hülya.
Als sie ein paar Tage später durch die Stuhlreihen eines Straßencafés
schreitet, lässt die Sonne das Weiß ihres Umhangs leuchten. Sie kommt zu
spät, hatte den Verkehr auf dem Weg von der Moschee in die Innenstadt
unterschätzt. Sie will noch einmal ihren Abschied von der Bühne
verständlich machen. "Das Musikgeschäft ist mir zu schmutzig", sagt sie.
In der Gesellschaft drehe sich sowieso schon viel um Sex und Besitz, im
Showbusiness gehe es um gar nichts anderes mehr. "Das erträgt doch
keiner lange ohne Drogen!", sagt sie bestimmt. Sie wisse sehr wohl,
wovon sie spreche, schließlich stand sie schon im Vorprogramm von Joan
Baez, Natalie Cole und Bonnie Tyler auf der Bühne. Man hat das Gefühl,
Hülya kann immer noch nicht glauben, was sie getan hat. "Ich war genau
an dem Punkt, den ich immer erreichen wollte", sagt sie lachend.
Schon früh wurde ihr Talent erkannt. Ein Produzent überredete sie mit
sechzehn, die Schule abzubrechen und zu singen. Seitdem lebte sie von
der Musik, machte drei CDs und bekam zahlreiche Angebote von Majorlabels
und Produzenten. Meist lehnte sie ab, weil sie ahnte, dabei nicht ihr
Ding machen zu können. Und dann sagt sie: "Wenn ich gewollt hätte, wäre
ich schon längst reich und berühmt. Aber ich hätte dafür meine Seele
verkaufen müssen." Und dann kam eben auch noch Allah dazu.
Es hatte nach dem 11. September 2001 begonnen. In ihrer Familie hatte
sie den Koran nie richtig kennen gelernt. "Bei uns daheim wurde Ramadan
eher aus Tradition gefeiert als aufgrund der Religion." Ihre Mutter
trägt kein Kopftuch und kann die Entscheidung ihrer Tochter nicht ganz
nachvollziehen. "Die hätte mich lieber im Fernsehen gesehen." Auch ihre
Brüder verstehen den Entschluss der Schwester nicht.
Hülya bricht mit vielen Klischees: Sie hat keine Koranschule besucht,
hatte kein autoritäres Elternhaus, und es gibt auch keinen dominanten
Mann, der sie unter das Kopftuch zwingt. Sie lebt allein, und ganz
allein habe sie sich über Jahre dem Islam genähert. Erst fastete sie
nur, dann begann sie fünf mal täglich zu beten. Und diesen Sommer
"bedeckte" sie sich, wie sie es nennt. Jetzt achtet sie akribisch
darauf, dass kein Haar unter dem weißen Tuch hervorschaut, Ohren und
Hals verhüllt sind und ihr Körper keine Rundungen preisgibt. Als sie das
erste Mal auf die Straße ging, habe sie Mut gebraucht. "So ein Ding auf
dem Kopf ist natürlich schon total komisch", sagt sie und muss lachen.
Für ihre Fans war es ein Schock. Das Gästebuch auf ihrer Homepage zeigt,
dass ihr Wunsch nach Toleranz viele überfordert. "Mir ist jedenfalls die
Lust vergangen, ihre CDs zu hören", schreibt ein Fan. "Vera" verbreitet
im Gästebuch den Aufruf "Runter mit dem Kopftuch!", denn das Kopftuch
sei das "Symbol schlimmster sexistischer Repression". Einer hinterlässt
antiislamische Hetze. Aber es gibt auch viel Unterstützung. Vor allem
von ihren "Schwestern", wie Hülya die Muslimas nennt. Sie ist auf dem
besten Weg, das Symbol einer Bewegung zu werden, die die zweite
Generation der türkischen Gastarbeiter erfasst hat. Immer mehr junge
Türken bekennen sich zu einem Glauben, den sie im Elternhaus oft nur
noch rudimentär erlebt haben. Mädchen binden sich Kopftücher um, junge
Männer gehen in die Moschee statt in die Disco.
Bei dem Abschiedskonzert waren gut die Hälfte des Publikums junge Frauen
türkischer Abstammung. Auch wenn fast alle unverschleiert sind,
unterstützten sie Hülyas Entschluss. Sätze wie "Ich selbst fühle mich
nur noch nicht reif genug" fielen während der Diskussion mehr als
einmal. "Der 11. September hat bewirkt, dass wir anfingen, uns mit dem
Islam auseinander zu setzen", sagte Jasmin. Sie war eine von zwei
Kopftuchträgerinnen auf dem Abschiedskonzert.
Jasmin ist 22 Jahre alt und optisch das Gegenteil der zerbrechlich
wirkenden Hülya. Ihr roter Hosenanzug und das kunstvoll gebundene
schwarze Tuch unterstreichen ihre dominante Erscheinung. Keine Spur vom
schüchternen Mädchen. Noch bevor sie ihren heutigen Mann kennen lernte,
entschied sich Jasmin für das Kopftuch. In dem türkischen Friseursalon,
in dem sie arbeitete, war es nicht erlaubt, aber seit sie in
Mutterschaft ist, trägt sie das Tuch. Ihr Mann habe damit nichts zu tun,
betonte Jasmin.
Im Café redet Hülya weiter über das Tuch. Es scheint für sie sogar ein
Akt der Befreiung zu sein: "Das mit dem Kopftuch war nicht geplant.
Eines Abends während des Gebets band ich mir einfach einen Schal um und
spürte plötzlich ein unbeschreibliches Glück." Am nächsten Tag habe sie
sich dann "bedeckt" und seitdem sei sie "so glücklich wie nie zuvor".
Das eigene Erleben steht für Hülya auch im völligen Widerspruch zum
"Klischeebild" der unterdrückten Muslima. Sie fühle sich im Islam als
Frau viel wohler als in der westlichen Kultur, wo die Frau nur noch als
Sexsymbol vermarktet werde. "Ich kenne aus dem Koran nur Ausdrücke, die
für und nicht gegen die Frau sind. Im Koran steht: Das Tor zum Paradies
liegt unter den Füßen der Mutter."
Wenn Hülya versucht zu erklären, was sie am Islam so fasziniert, sagt
sie immer wieder: "Es ist ein tolles Gefühl, seinen inneren Schweinehund
zu besiegen." Etwa beim Fasten oder beim Beten in aller Frühe. Ja es
stimmt, sie sei ehrgeizig und "sehr perfektionistisch". Manchmal, wenn
Sätze fallen wie "Ich will doch nur versuchen, meine Aufgaben so gut wie
möglich zu erfüllen", hat man das Gefühl, sie habe die Leidenschaft für
einen neuen Sport entdeckt.
Nach der erfolgreichen Friedenskundgebung auf dem Marienplatz wurde die
ehemalige Sängerin von den Münchner Muslimen beauftragt, den islamischen
Beitrag zur Bundesgartenschau zu betreuen, die im kommenden Jahr in
München-Riem stattfindet. So wird sie wohl auch in Zukunft gelegentlich
auf Bühnen Funken versprühen, um Toleranz für ihre Form des Glaubens zu
fördern. Blickte man in die verständnislosen Gesichter der Passanten bei
der Kundgebung auf dem Marienplatz, wird es noch vieler zündender Funken
bedürfen, um den Islam in der Gesellschaft fester zu verankern.

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VIII .9. Pressmitteilung vom Bildungs- und Kulturverein muslimischer Frauen NISA zur Spiegel-Auflage Nr 47 vom 15.11.2004 (zugesch. von Karimah Stauch, DML-Bonn)


Thema: Pressemitteilung zur Spiegel-Auflage Nr. 47 vom 15.11.2004 Datum: 23.11.2004 23:57:35 Westeuropäische Normalzeit
(zugesch, von Karimah Stauch, DML-Bonn)Von: ZehraYilmazMail NISA Bildungs- und Kulturverein muslimischer Frauen e.V. Trautenaustr. 21, 47053 Duisburg Tel.0203/ 34 81 89 80 e-mail:info@nisa-ev.de www.nisa-ev.dePressemitteilung zur Spiegel-Auflage Nr. 47 vom 15.11.2004"Allahs rechtlose Töchter"Spiegel verkommt zu einem Organ der Boulevard-Presse!Wie schon so oft in der Geschichte und in den heutigen Gesellschaften werden muslimische Frauen missbraucht.Nicht genug damit, dass muslimische Frauen von patriarchalischen Männern unterdrückt, von radikalen Extremisten benutzt und von christlichen Serben vergewaltigt wurden, nun werden sie auch noch von westlichen Medien missbraucht um ihre Auflagen zu erhöhen.Als Objekte waren muslimische Frauen schon immer beliebt. Ob nun für machthungrige Politiker, gewaltbesessene Ehemänner, für sexistische Feministinnen oder eben sensationshungrige Printmedien… Ansonsten aber werden sie in dieser unseren Gesellschaft mit ihrem islamischen Äußeren nicht so gern gesehen. Scheinen sie doch eine ganz andere Welt zu repräsentieren, die man /frau nicht kennt und die man fürchtet. Kaum ein Mensch, eine Partei oder Organisation hat sich die Mühe gemacht, in den 40 Jahren Migration die muslimische Frau näher kennen zu lernen. Sie wurde immer nur gesehen als Anhängsel der hier lebenden Gastarbeiter. Kaum eine Institution hat sich um die Probleme der Frauen gekümmert, die nach Deutschland kamen, meist durch eine Heirat. Eine fremde Familie, eine unbekannte Welt, eine andere Sprache und eine befremdende Gesellschaft. Wer hat sich gekümmert um die Integration dieser Frauen? Der Aufenthaltsstatus gekoppelt an den Ehemann, eine ausgrenzende Gesellschaft, Sprachprobleme, die Erwartungen der Familie... Welche Möglichkeiten hatten diese Frauen, sich selbst zu verwirklichen und an der Gesellschaft teilzuhaben?Es ist ein Leichtes für westliche Feministinnen und den Autoren vom Spiegel, sich über die Situation dieser Frauen auszulassen. Wenn diese Möchtegern Frauenbefreier tatsächlich an der Lage von Musliminnen interessiert wären, wüssten sie, dass sich in der Situation der muslimischen Frauen viel verändert hat. Steigende Bildungsraten und Frauenerwerbstätigkeit, sinkendes Heiratsniveau, rückläufige Geburtenzahlen, Zuwachs der Scheidungsraten und immer mehr Alleinerziehende. Der Individualisierungsprozess ist nicht nur ein Symptom der deutschen Gesellschaft. Engagierte Sozialwissenschaftler können bestätigen, dass gerade die ausländischen Familien und damit die Frauen trotz ihrer schlechten rechtlichen, wirtschaftlichen und lebensräumlichen Lage Enormes leisten für die Alltagsbewälltigung und Zukunftsfürsorge in diesem Land. Die Unterdrückung der Frau im IslamEndlich ein Thema, über das sich alle Parteien einig sind. Nichts eignet sich besser als Diskussionsthema, wenn man von eigenen Problemen ablenken und Gemeinsames hervorheben will, als das Thema Muslimische Frau.Die Entmündigung der Muslimischen Frauen nimmt kein Ende. Muslimische Frauen sind durchaus in der Lage, für sich selbst zu sprechen. Sie haben es satt, immer nur als Opfer betrachtet zu werden. Sie brauchen weder die Zwangsemanzipation der Feministinnen, noch die Assimilation unter dem Deckmantel der Integration als Druckmittel parteiübergreifender Staatspolitik. Angeblichen Zwangsehen und Unterdrückungen stehen Verbote und Diskriminierungen auf der deutschen Seite gegenüber. Wie will man die Gleichberechtigung der muslimischen Frau erreichen, wenn man sie aufgrund ihrer Kleidung vom öffentlichen Dienst und Bildungsweg ausschließt? Als Alternative schlagen die muslimischen Frauen vor: Bessere Bildungschancen, Einrichtung von Beratungsstellen, Unterstützung der Selbstorganisationen, Loslösen des Aufenthaltsrechts der Frau vom Fortbestehen der Ehe uva. Offensichtlich haben angeblich weltoffene, ein bestimmtes Maß an intellektuellem Niveau für sich beanspruchende Medien wie der Spiegel überhaupt kein Interesse an der Schaffung eines gesellschaftlichen Friedens, in dem auch muslimische Frauen unter Wahrung ihrer religiösen und kulturellen Identität einen gleichberechtigten und gleichwertigen Platz haben müssen.Zehra Yilmaz1. Vorsitzende
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VIII.10. Welt-Artikel Islamrat fühlt sich von den deutschen Kirchen ausgegrenzt (zugesch. von Jeannette Spenlen)


DIE WELT 6.12.2004

---Ursprüngliche Nachricht---
From: "Irmgard Pinn"
To: "amana"
Subject: [amana-news] Islamrat - Interview mit Ali Kizilkaya WELT 6.12.2004

DIE WELT 6.12.2004

Islamrat fühlt sich von den deutschen Kirchen ausgegrenzt

Verbands-Chef Kizilkaya klagt im WELT-Gespräch: Sie gehen mit uns Muslimen unverbindlich um - Plädoyer für mehr Solidarität aller Gläubigen

von Gernot Facius
Bonn - Der von türkischen Zuwanderern dominierte Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland zeigt sich "von den Kirchen hierzulande enttäuscht". Sein Vorsitzender, Ali Kizilkaya (Köln), der auch dem Runden Tisch der Religionen angehört, klagt im Gespräch mit der WELT: "Sie gehen mit uns Muslimen unverbindlich um. Ich wünsche mir mehr Solidarität aller Gläubigen. Ich persönlich bin gerne bereit, Christen zu unterstützen, wenn es um den Bau von Kirchen in der Türkei geht." Einen Dialog zwischen Christen und Muslimen gebe es "eher auf unterer Ebene, aber nicht mit Kardinal Karl Lehmann oder Bischof Wolfgang Huber". Kizilkaya unterstützt die vom CSU-Vorsitzenden Edmund Stoiber in der WELT erhobene Forderung nach Respektierung der demokratischen Wertmaßstäbe durch alle Religionen und Gruppen: "Dazu bekennen wir uns. Zur Einhaltung der Gesetze und der Verfassungsordnung in Deutschland gibt es keine Alternative. Das sollte eine Selbstverständlichkeit sein." Als "integrationshemmend und verletzend" empfindet es der Vorsitzende des Islamrates jedoch, wenn die islamischen Gemeinschaften von politischer Seite ausschließlich mit Forderungen konfrontiert würden: "Darin kommt eine Obrigkeitshaltung zum Ausdruck, die in uns Muslimen nicht Bürger, sondern Gäste sieht. Vergessen wir nicht: Auch wir haben Forderungen, zum Beispiel nach Religionsunterricht für unsere Kinder." Ausdrücklich bekannte sich Kizilkaya zur Religionsfreiheit und damit auch zur Möglichkeit des Religionswechsels; eine entsprechende Resolution des Runden Tisches der Religionen trägt auch seine Unterschrift. Dieser Punkt spielt in der aktuellen Islam-Debatte eine gewichtige Rolle. Zum Christentum übergetretene Muslime haben wiederholt über eine ernstzunehmende Lebensbedrohung geklagt. Von islamischer Seite werde ihnen Gotteslästerung vorgeworfen, die mit dem Tod zu ahnden sei. Wie der von Nadeem Elyas geleitete Zentralrat der Muslime wirbt der Islamrat derzeit bei Politikern und Kirchenvertretern um Unterstützung bei der Zuerkennung des Körperschaftsstatus für islamische Gemeinschaften. "Bisher haben wir nur den Vereinsstatus, das ist nicht mehr als bei einem Kegelklub", sagt Kizilkaya. Die katholischen Bischöfe haben auf ihrer jüngsten Vollversammlung den Muslimen nahegelegt, sich repräsentativ zu organisieren, damit der Staat einen verläßlichen Ansprechpartner erhalte. Ähnlich äußerte sich die CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Weiter möchte sie allerdings nicht gehen. Anders die Grünen: Sie beharren nicht nur auf der Anerkennung des Islam als "gleichberechtigte Religion", sondern wollen die Rahmenbedingungen des Staatskirchenrechts überprüfen. Kirchen und auch die Unionsfraktion wittern hinter dieser Forderung den Versuch, die Standards für die Verleihung des Körperschaftsstatus, der den Muslimen eine Fülle rechtlicher und finanzieller Vorteile einräumen würde, zu senken. Daß die religiöse Gleichberechtigung längst ein Faktum ist, das ist für den evangelischen Staatskirchenrechtsexperten Axel von Campenhausen "überhaupt keine Frage". Die Religionsfreiheit gelte unbedingt, betonte er im WELT-Gespräch. Von Campenhausen differenziert aber zwischen der Religionsfreiheit und dem Körperschaftsstatus. Dieser sei eine Förderungsmaßnahme, mit der solche Religionsgemeinschaften ausgestattet würden, die im Bereich des Öffentlichen für das Gemeinwohl positiv wirken. In Nordrhein-Westfalen wird es in etwa zwei Jahren erstmals einen regulären islamischen Religionsunterricht geben, allerdings nur für die rund 40 000 alevitischen Kinder. Die Alevitische Gemeinde Deutschlands hat nach einem im Düsseldorfer Landtag vorgelegten Gutachten große Chancen, als Religionsgemeinschaft und damit als konkreter Ansprechpartner des Staates eingestuft zu werden. Die Aleviten haben statt der Scharia eine eigene Ordnung und gelten als "gemäßigte" Muslime.

Artikel erschienen am Mo, 6. Dezember 2004
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© WELT.de 1995 - 2004


Islamrat fühlt sich von den deutschen Kirchen ausgegrenzt.htm

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IX. Off-Topic: Musiktexte (von mir)

IX.1. Bal Folk mit Mensch Mayr und Jostal in Marienthal am 5.12.2004



Ich bin ja schon kaum ein Musiker, aber erst recht kein Tänzer. Letzteres merkte ich mal wieder bei einem Bal Folk am Sonntag, dem 5.12.2004. Und zwar luden die Gruppen Mensch Mayr mit Johannes Mayr (Akkordeon) und Ingrid Mayr-Feilke (Drehleider und Blockflöten) und Jostal mit Johannes Mayr, Alexander Loch (Drehleier) und Stefan Emde (elektrische Geige) zu einem Tanznachmittag nach Marienthal ein, und zwar das Marienthal im Westerwald zwischen Altenkirchen und Wissen, ein kleines Dorf, das besonders durch seine katholische Wallfahrtskirche bekannt ist. Der Bal Folk fand auf dem Heinzelmännchen Hof etwas unterhalb der Ortschaft statt, einem Fachwerkhaus, in dessen Scheune neuerdings ein uriges Restaurant eingerichtet ist. In selbigem gab es erst einmal einen rustikalen Brunch, der in den 15,- Euro Eintritt enthalten war. Gegen 13 oder 14 Uhr – so genau schaute keiner auf die Uhr – wurden Tische und Stühle beiseite geräumt, und zuerst spielte Johannes und Elke auf, gefolgt nach einer Pause von Johannes, Alexander und Stefan.

Anfangs gab es noch kurze Anleitungen für Leute wie mich, die noch nicht so viele Bal Folk oder Ceilidhs mitgemacht haben und zudem lange brauchen, bis die Koordination von Beinen und Armen richtig stimmt und es schneller wieder vergessen, als sie es gelernt haben. Walzer, An Dros, Schottische, Fröhlicher Kreis und andere, also Paar- und Gruppentänze gemischt nacheinander, forderten meine ganze Aufmerksamkeit. Trotzdem lief es ruhig und harmonisch ab, nicht so autoscootermäßig, wie ich es mal in Glasgow erlebt habe. Die ca. 30 Teilnehmer(innen) waren vom Säuglings- bis ins Rentenalter, ein gemischtes Volk eben, wenn auch die meisten zwischen 30 und 50 waren.

Jostal spielte sodann aber wild drauf los, sehr zur Freude der Fortgeschrittenen. Bourrées und Mazurkas waren mir zum Mittanzen dann wirklich zu schwierig, und auch eine Polka war mir ungewohnt, aber das Zugucken und Zuhören machte auch riesigen Spaß! Sonst höre ich die Musik ja auch von CD z.B. beim Autofahren, ohne dabei zu tanzen, nicht aber ohne zumindest innerlich mitzuwippen. Das ging dann so bis 18 Uhr, aber wir verabschiedeten uns schon etwas früher, denn vor einer Woche in der Fremde und voller Arbeit, sind Petra und mir die Sonntagabende gemütlich zu Hause lieber als anderswo.

Die Tänze waren zumeinst französische und bretonische, aber auch deutsche, schwedische, englische, schottische. Mir scheint, so um 1900 herum waren das noch allgemein europäische oder zumindest westeuropäische Standardtänze, und ich erhaschte ein paar Gesprächsfetzen zweier Männer, wonach diese Art zu tanzen in Belgien und den Niederlanden oder auch in Schweden noch sehr verbreitet sein soll, auch bei jungen Leuten unter 30. Von Schottland kenne ich das ja, dort ist es gesellschaftlicher Standard, gemäß der Tradition. Hier in Deutschland aber muss man lange warten oder weit reisen, um solche Tänze mitzukriegen. Ein Teilnehmer kam gar aus Düsseldorf, und ein Autokennzeichen war aus Friedberg, ganz zu schweigen davon, dass Alexander derzeit in Ost Timor wohnt, und dabei machte es den Eindruck, als tanzte da die Dorfbevölkerung in der Scheune.

Im Sommer soll es wieder einen Bal Folk dort geben, und ich hoffe, dann auch Zeit zu haben, damit nicht nur meine Ohren, sondern auch meine Beine die Musik einmal ihr Eigen nennen.

Infos:
http://www.johannes-mayr.de/menschmayr.htm
http://www.mpmai.de/jostal/index.html
http://www.folker.de/200406/rezi-d.htm#06


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IX.2. Jochen Vogel u.a. am 17.12.2004 auf einer Weihnachtsfeier in Bonn


Endlich kam ich mal dazu, Jochen Vogel zu hören, von dem mein Kommilitone Christof Drobny mir so oft vorgeschwärmt hat, denn selbiger hatte ihn für die Weihnachtsfeier, die unsere religionswissenschaftliche Fachschaft zusammen mit der musikwissenschaftlichen feierte, engagiert.

Nun, Jochen spielt die keltische Harfe, ist aber keineswegs Traditionalist, wenngleich ein paar irische Traditionals bzw. Klassiker auch auf seinem Programm standen. Nein, er sang auch selbstgeschriebene Lieder in deutscher Sprache dazu und spielte auch selbstkomponierte Stücke, die außer irischem Einfluss auch arabischen, indischen und japanischen und wohl noch manch anderen enthielten. Außer den Saiten benutzte er auch den Rahmen und zwar zur Perkussion oder zum Erzeugen sonstiger Geräusche. Das alles fügte sich zu einer modernen, harmonischen und auch spannungsreichen, sehr hörenswerten Weltmusik zusammen.

Außer ihm boten natürlich auch die MuWis einiges an, z.B. Lieder aus fünf Jahrhunderten, teils im Chor, teils solo gesungen, ein ironisches Liebesehnsuchtslied zur Gitarre und ein erzgebirgisch-mundartliches Weihnachtslied zum Klavier. Ein schönes Programm, eine sehr musikalische Weihnachtsfeier oder vielmehr ein Konzertabend mit Glühwein.

http://www.jochen-vogel.de
http://www.fs-muwi.uni-bonn.de/fachschaft.htm
http://www.fs-rewi.uni-bonn.de/fr.html


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IX.3. Ein paar unausgereifte Gedanken über bulgarische Einflüsse auf die irische Musik

Vielleicht ist das, was ich hier jetzt schreibe für Euch ja längst bekannt und alter Kaffee, aber mit kommt es wie ein Aha-Erlebnis. Für gegenteilige Stellungnahmen bin ich aber offen.

Es könnte sein, dass ich der Frage, was es denn sei, was die ganz moderne irische Musik von der ganz traditionellen und auch der aus den 1970ern unterscheidet, gefunden habe. Ich vermutete bisher, es seien vor allem Einflüsse aus den verschiedenen Musikrichtungen vor allem aus den USA, also vor allem Jazz, Funk, Rock, Raggae. Der Einfluss dieser und anderer Musikstile, auch von Country, Blues, Soul u.a. hat sicherlich einiges dazu beigetragen, dass sich schon die Musik des Folk-Revivals der 1970er von der davor unterschied. Aber, es wird mir nun deutlich hörbar, dass es noch was anderes ist, was übrigens schon in den 1970ern anfing, wobei es letztlich Richard Schuberths Lexikon „CrossRoots“ ist, das mich mit der Nase drauf stieß.

2002 hörte ich mal in Rudolstadt den Andy Irvine aus seinem Leben erzählen. Eine wichtige Passage in seinem Leben war eine Reise durch den Balkan, von der er Rhythmen und Melodien aus der bulgarischen und mazedonischen Volksmusik mit nach Irland zurück brachte. Das meinte ich auch schon mal aus dem einen oder anderen Stück von ihm heraus gehört zu haben. Nach Schuberth ist der Einfluss, der davon ausging, aber viel größer.

Ihm voran sei in Irland die Kreativität von Seán Ó Riada und in Bulgarien die von Philip Kutev gegangen, die der jeweiligen traditionellen Musik Neuerungen hinzugefügt habe, die heute als typisch irisch bzw. typisch bulgarisch gelten. Die so für Neues geöffnete und eigentlich nie hermetisch abgeschlossene irische Musik habe nun also die ungeraden, versetzten und sonst wie anderen Rhythmen in ihre Jigs und Reels integriert.

Das ist es! Die heutigen Avantgarde-Gruppen wie Flook oder Solas, Caipercaillie oder Lúnasa, also nicht nur in Irland, sondern auch in England, Schottland und USA, haben diese balkanischen Rhythmen noch viel intensiver eingebracht, als Irvine es tat, allerdings auch so, dass es sich nach wie vor irisch bzw. schottisch anhört. Die neuen Rhythmen erscheinen nicht als Fremdkörper, sondern sind assimiliert, wenn auch vielleicht nicht für die Ohren von Puristen. Ich habe mir letztens die Solas-CD „The Edge of Silence“ gekauft, und da sind ein paar Tunes drauf, die allerdings nach meinem ungeübten Gehör auch sehr gut als bulgarische oder mazedonische durchgehen könnten oder sagen wir mal: wenn mir jemand das unter der Rubrik „neue bulgarische Folkmusik“ vorgespielt hätte, ich hätte es ihm geglaubt.

Ich finde es auch für die deutsche Rezeption einerseits keltischer und andererseits balkanischer Musik sehr interessant. Gibt es denn Überschneidungen der Szenen? Und könnte man die beiden Einflüsse dermaßen rezipieren und assimilieren, dass da eine entsprechend groovende deutsche Folkmusik bei raus kommt, wie die Iren, Schotten, Bretonen u.a. es können? An guten Musikern mangelt es ja nicht, aber gibt die deutsche Musiktradition das her, da eine lückenlose Verbindung zu schaffen?

Jedenfalls habe jetzt Interesse daran, mehr irische, schottische und andere keltische und bulgarische, mazedonische und andere balkanische Musik zum Vergleich zu hören.

Vgl.
http://www.lyrikwelt.de/autoren/schuberth.htm
http://www.concerto.at/mitarbeiter/Folk&World.htm
http://www.yopi.de/Schuberth_Richard_CrossRoots_Musik_Lexika-zeige_details






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X. Und noch’n Gedicht

X.1. Br. David Steindl-Rast. OSB: Du (zugesch. von Karin Murad Merwanji)

Lieber Michael,
falls Sie das Gebet von br.David in den newsletter nehmen möchte, er...der Wortkünstler...hat eine Korrektur gemacht.
Peace
KMurad Merwanji



DU,
von dem wir alle
auf verschiedenen Wegen
gekommen sind....

zu dem wir alle
auf verschiedenen Wegen
zurückkehren...

stärke in unseren Herzen
das, was uns vereint.
baue Brücken über alles,
was uns trennt.

Lass uns einig sein
und uns unserer Vielfalt freuen:

Vereint als Zeugen deines Friedens,
ein Regenbogen deines Glanzes.

Amen


Br. David Steindl-Rast. OSB

*

X.2. Hildegard von Bingen: Sei tapfer und stark in der schiffbruechigen Welt (zugesch. von Karin Murad Merwanji)

Sei tapfer und stark in der schiffbruechigen Welt
und in den harten Kaempfen gegen die Ungerechigkeit.
Dann wirst du als heller Stern in der ewigen Seligkeit
strahlen.

Keine Sicherheit irgendeines Koennens erkenne ich in mir.
Doch strecke ich meine Haende zu Gott empor.
dass ich gehalten werde wie eine Feder,
die ohne jedes Gewicht von Kraeften sich vom Wind
dahinwehen laesst.

Schaut auf das Licht, das ihr ein wenig gekostet habt,
und erhebt euch schnell zu heiligem Tun,
denn ihr wisst nicht, wann euer Ende gesetzt ist.

(HL.Hildegard)



*

X.3. Al-Ghazali: „…Wenn du das Wahre durch die (zugesch. von Haluq Yildiz via IHV-Bonn-Köln-Verteiler)

„…Wenn du das Wahre durch die
Menschen erkennst, ohne auf deine
eigene Intelligenz zu vertrauen, dann ist
dein Bemühen vom richtigen Weg
abgewichen. Der Wissende ist wie die
Sonne oder wie die Lampe, er gibt das
Licht. So sieh mit deinen Augen. Wenn
du blind bist, ist für dich die Lampe und die
Sonne ohne Nutzen. Und wer sich zur
Nachahmung entschließt, begibt sich
mit Sicherheit in Gefahr.”
Al- Ghazali

(zugesch. von Haluq Yildiz via IHV-Verteiler)


**

Herzliche Grüße,

Ihr/Euer Michael A. Schmiedel