Dienstag, August 07, 2007

Interreligiöser Rundbrief Nr. 127

Wenn du anders bist als ich, mein Bruder, dann schadest du mir nicht, du bereicherst mich.
Antoine de Exupery

Die wertvollsten Dinge sind nicht die, die du besitzt, sondern die, die dich besitzen.
aus einer Seat-Werbung

Menschings und Eliades Werken liegt eine zum Teil ausgesprochene, zum Teil unterschwellige Programmatik zu Grunde: Beide Autoren schrieben ganz bewusst über den engen Zirkel der Fachvertreter hinaus, richteten sich auch an ein allgemeines Publikum. Darum bedienten sie sich einer allgemein verständlichen Sprache. Beide Gelehrte hatten eine Botschaft, wollten die Rezipienten existenziell verändern. Dies ist ein ausgesprochen praktischer Zug ihres Wirkens.
Udo Tworuschka

Interreligiöser Rundbrief für Köln/Bonn und Umgebung Nr. 127
(07.08.2007)

Inhaltsverzeichnis

Vielleicht ist es doch besser, das Inhaltsverzeichnis über das Editorial zu stellen, denn es gibt tatsächlich Leser(innen), die es unter dem Editorial noch nicht entdeckt hatten und mir vorschlugen, doch eine Übersicht an den Anfang der Rundbriefe zu stellen.

Interreligiöser Rundbrief für Köln/Bonn und Umgebung Nr. 127. 1
Inhaltsverzeichnis. 1
Editorial 2
I.) Veranstaltungshinweise/Termine. 4
I.1.) Veranstaltungen unter Beteiligung von Religions for Peace Köln/Bonn. 4
I.1.a.) Schweigen für Frieden und Gerechtigkeit am 6.9., 4.10., 1.o.8.11., und 6.12.2007. 4
I.1.b.) Interreligiöser Gesprächskreis in Bonn am 6.9.2007. 4
1.1.c.) GEBETe der Religionen in Bonn am 18.9.2007. 4
1.1.d.) Religions for Peace Regionaltreffen Nordrhein-Westfalen – Hessen am 10.11.2007 in Köln 5
1.1.e.) Faltblatt „Religionen vor Ort“. 5
I.2.) Tag der interreligiösen Begegnung am 26.8.2007 in Bonn. 5
I.3.) Radiotipps. 7
I.4.) Interkulturelle Woche 2007 in Bonn vom17.9. bis zum 3.10.: Teilhaben – Teil werden. 7
I.4.a.) Di 18.9. GEBETe der Religionen. 7
I.4.b.) Do 20.9. Diskussionsrunde: Islam in Deutschland – Bedrohung oder Bereicherung?. 7
I.4.c.) So 23.9. KulturCafé: Lesung von Kurt Westenberg: "Ein Unfallopfer gibt nicht auf" 7
I.4.d.) So 23.9. MIGRApolis online Medienplattform.. 8
I.5.) Veranstaltungen des Interreligiösen Runden Tisches Köln-Mülheim.. 8
I.5.a.) Themenabend: Sünde und Vergebung – die Schuldfrage aus der Sicht der Religionen am 6.9.2007 8
I.5.b.) Interreligiöses Fest am 9.11.2007. 8
II.) Ein paar Berichte und Gedanken. 9
II.1.) Zu den Zitaten über dem Rundbrief 9
II.2.) Ringvorlesung Religion und Rationalität 10
II.3.) Bekim Agai: „Die Rolle des Islam in der laizistischen Türkei“. 12
II.4.) Raida Chibib: „Wer repräsentiert den Islam in Deutschland?“. 12
II.5.) Dies academicus: „Multireligiöse und interreligiöse Feiern aus katholischer und evangelischer Sicht“ 13
II.6.) 31. Deutscher Evangelischer Kirchentag – Eindrücke. 13
II.7.) Vortragreihe „Buddhismus in Bonn“. 16
III.) Buchtipps und ein Spieletipp: 16
III.1.) Helmut Zander. Anthroposophie in Deutschland. 16
III.2.) Ina Braun: Günter Wallraff: Leben - Werk - Wirken – Methode. 18
III.3.) Otto Ulrich: Das Weltklimaspiel: Cooling down. 20
IV.) off-topic: Musikrezensionen. 25
IV.1.) Konzertrezension: Tom McConville & Dave Wood am 14.5.2007 beim Folk im Feuerschlösschen in Bad Honnef 25
IV.2.) Konzertrezension: Marcel Adam am 18.5.2007 im Bungertshof in Königswinter-Oberdollendorf 26
IV.3.) Konzertrezension: Bach meets Celtic am 3.6.2007 in der Nommensens-Kirche in Bonn-Beuel-Pützchen 28
IV.4.) Konzertrezension: Günter Gall & Konstantin Vassiliev am 15.6.2007 beim Folk im Feuerschlösschen in Bad Honnef 30
IV.5.) Konzertrezension: Tannahill Weavers am 22.6.2007 im Bungertshof in Königswinter-Oberdollendorf 31
IV.6.) Konzertrezension: Solas am 24.6.2007 in der evangelischen Kirche in Höhr-Grenzhausen. 32
IV.7.) Konzertrezension: Capercaillie am 30.6.2007 auf dem Marktplatz in Bonn. 34
IV.8.) 17. TFF.Rudolstadt 6.- 8.7.2007 – Eindrücke. 37
IV.9.) Konzertrezension: Urban Trad am 14.7.2007 auf dem Marktplatz in Bonn. 44
IV.10.) Konzertrezension: Funxion am 25.7.2007 im Parkrestaurant Rheinaue in Bonn. 45
IV.11.) Konzertrezension: Currach am 28.7.2007 auf dem 3. Michel-Fest in Siegburg. 46
IV.12.) CD-Rezension: Marcel Adam. Starke Frauen. Femmes de caractère. 47
IV.13.) CD-Rezension: Tom Bombadil Folkband. dans mon village. 49
IV.14.) CD-Rezension: The Reel Bach Consort – Bach goes Celtic. 51
IV.15.) CD-Rezension: Finsbury Park. fading. 52
IV.16.) CD-Rezension: Trio Manfred Ulrich. Hallo Freunde. Volkslieder pur 54
IV.17.) CD-Rezension: Cara. In Between Times. 55
V.) Und noch’n Gedicht: Mahnung von NN.. 55


Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

nach gut drei Monaten ist es mal wieder Zeit für einen Hauptrundbrief, zumal jetzt im August, September und Oktober einige interessante Termine anstehen. Wem, nach dem dieser Rundbrief rund ging, noch einfällt, er oder sie habe noch Termine mitzuteilen, schicke sie mir bitte bis zum 21.8., dann gehen sie mit dem nächsten Nachtragsrundbrief in die Welt hinaus.

Über den kommenden Winter werde ich mich mit Rundbriefen, also sowohl mit dem interreligiösen als auch mit dem folkigen noch etwas mehr zurück halten müssen, da ich neben dem Fertigstellen der Dissertation noch ein wenig mehr Arbeit angeboten bekam, nämlich einen Lehrauftrag an der Uni Jena bei Prof. Dr. Udo Tworuschka. Dazu werde ich wöchentlich einmal mit dem Zug nach Jena fahren müssen, um einmal abends und am Morgen darauf je zwei Stunden Seminar zu geben. Mit Vor- und Nachbereitung wird das einiges an Zweit in Anspruch nehmen, so dass ich die woanders abzweigen muss, eben an der Diss. und an den Rundbriefen.

Mit der Interaktivität der Rundbriefe ist das ja auch so eine Sache. In der Nr. 126 schrieb ich in Bezug auf meine Gedanken und überhaupt: „Jetzt bin ich mal gespannt auf Rückmeldungen.“ Aber es kamen gar keine. Würde nicht hin und wieder jemand mir mündlich mitteilen, das er oder sie die Rundbriefe lese, könnte ich manchmal zu dem Eindruck gelangen, ich schriebe sie für mich alleine. Ach ja, die Veranstalter sind natürlich froh für die Werbung, besonders auch im folkigen Rundbrief, aber was ist mit den normalen Leserinnen und Lesern? Ja ich weiß, es kostet Zeit, mal ein paar Zeilen in die Tastatur zu klimpern, und nicht jeder hat so einen Mitteilungsdrang wie ich. Aber so mal zur Anregung: Rückmeldungen sind willkommen! Monologe kann ich auch in mein Tagebuch schreiben. Wenn es dann zu viel wird, sage ich das schon.

Nun überlasse ich Sie den Veranstaltungshinweisen, Berichten und Gedanken, Literatur- und Spieletipps, Musikrezensionen und dem Gedicht, das ich wie beim letzten Mal von der anonym bleiben wollenden Freundin eines Brieffreundes habe. Aber auch sie freut sich über Zuschriften, die ich gerne an sie weiter leite.

Den nächsten Nachtragsrundbrief wird es also voraussichtlich am 21.8. geben, den nächsten Hauptrundbrief, die Nr. 128, irgendwann im Spätherbst.


*
I.) Veranstaltungshinweise/Termine

I.1.) Veranstaltungen unter Beteiligung von Religions for Peace Köln/Bonn

I.1.a.) Schweigen für Frieden und Gerechtigkeit am 6.9., 4.10., 1.o.8.11., und 6.12.2007

Auch weiterhin laden wir ein, sich für eine viertel Stunde oder auch kürzer am Schweigen für Frieden und Gerechtigkeit zu beteiligen.
Es findet in der Regel am 1. Donnerstag jeden Monats von 17.30 Uhr bis 17.45 Uhr auf dem Münsterplatz in Bonn statt. Nur im November weiß ich es noch nicht, ob es auch an Allerheiligen (1.11.) stattfindet oder eine Woche später (8.11.).


I.1.b.) Interreligiöser Gesprächskreis in Bonn am 6.9.2007

Auch zum interreligiösen Gesprächkreis sind wieder alle eingeladen, die sich mit anderen Menschen mit unterschiedlicher religiösen Überzeugungen und Identitäten über Fragen des Glaubens und der religiösen/spirituellen Praxis austauschen wollen.
Er findet wie immer statt von 19.30-21.30 Uhr bei Lioba von Lovenberg, Argelanderstr. 6, 53115 Bonn.
Thema: Abschied, Loslassen.

Hier ein Rückblick auf den letzten interrel. Gesprächkreis am 14.6.2007:
In einem kleinen christlich-buddhistisch-humanistischem Kreis tauschten wir Gedanken und Erfahrungen zum Thema „Wandlung, Verwandlung, Umwandlung, Umkehr“ aus. So weit wie das Thema, so weit waren auch die Beiträge, die ich jetzt (6.8.) leider nicht mehr so präsent in Erinnerung habe, da ich es versäumte, mir gleich hinterher Notizen zu machen. Wir sprachen über die biologische Veränderung der Lebewesen im Zuge der Evolution, über den Wandel, den jeder im Laufe des Lebens durchmacht und natürlich über Wandlung und Umkehr im religiösen Sinn, die spirituelle Weiterentwicklung oder eben die Kehrtwende, die man machen sollte, wenn man meint, einen falschen Weg eingeschlagen zu haben. Es tut mir leid, aber mehr Details fallen mir jetzt nicht ein. Für das nächste Mal verspreche ich wieder einen detaillierteren Bericht. Oder noch besser: Kommen Sie dazu, erleben Sie es selbst und beteiligen sich.

1.1.c.) GEBETe der Religionen in Bonn am 18.9.2007

Das diesjährige Motto lautet:
Wenn du anders bist als ich, mein Bruder, dann schadest du mir nicht, du bereicherst mich.
Antoine de Exupery

Wie jedes Jahr findet auch in diesem Jahr die Veranstaltung „GEBETe der Religionen“ im Rahmen der interkulturellen Woche statt, und zwar am 18.9.2007 um 19.30 Uhr in der Krypta der Evangelischen Kreuzkirche in Bonn.
Die Schreibweise „GEBETe“, statt „Gebete“ rührt daher, dass es einerseits kein gemeinsames Gebet der teilnehmenden Vertreter(innen) der Religionen ist, sondern jeder sein/jeder ihr eigenes Gebet vorträgt, es aber doch eine gemeinsame Veranstaltung ist. Es ist also eine mulitreligiöse und keine interreligiöse Veranstaltung (vgl. meinen Bericht über den Vortrag auf dem Dies academicus unter Gedanken), aber der Wunsch, es könnte doch eine interreligiöse sein, ist doch vorhanden.


1.1.d.) Religions for Peace Regionaltreffen Nordrhein-Westfalen – Hessen am 10.11.2007 in Köln

Das steht noch gar nicht so ganz fest, wann, wie, was und wo, aber am 10.11.2007 soll in Köln ein Regionaltreffen der RfP-Gruppen in NRW und in Hessen stattfinden, also der Gruppen Aachen, Köln/Bonn, Witten und Rhein-Main. Ich verkünde Genaueres, sobald ich es weiß.

1.1.e.) Faltblatt „Religionen vor Ort“

Im Anhang finden Sie ein Faltblatt, dass wir von Religions for Peace Köln/Bonn zusammengestellt haben. Mit der religionswissenschaftlichen Religionen vor Ort –Forschung hat es trotz des Namens nichts zu tun, sondern es enthält Angebote von Einzelpersonen und Organisationen, die mit uns zusammen arbeiten, und die man buchen kann, also Vorträge, Workshops, Exkursionen und Materialkoffer. Gedacht ist es in erster Linie für Schulen, Gemeinden, Vereine, Betriebe und so weiter. Schauen Sie mal hinein. Es ist graphisch nicht die aktuelle Fassung, aber die können sie als echtes Faltblatt aus Papier beim Tag der interreligiösen Begegnung (vgl. I.2.) am Stand der Evangelischen Migrations- und Flüchtlingsarbeit abholen. Oder Sie melden sich bei mir.


*

I.2.) Tag der interreligiösen Begegnung am 26.8.2007 in Bonn

Bei dieser Veranstaltung geht es in erster Linie um den jüdisch-chistlich-muslimischen Dialog im Rahmen der Aktion „Weiß Du wer ich bin?“, so dass es eigentlich eine innerabrahamitische Angelegenheit ist. So kann man verstehen, was unten im Programm mit „aus allen drei Religionsgemeinschaften“ gemeint ist. Es hat nichts damit zu tun, dass die Veranstalter nur bis drei zählen können.

Mir wurde das Programm von Sema via IHV-Bonn-Verteiler (IHV = Islamische Hochschulvereinigung) zugeschickt, aber mich kann man dann dort auch antreffen, zumindest zeitweise beim Stand der EMFA (Evangelische Migrations-und Flüchtlingsarbeit), wo dann auch das RfP Köln/Bonn-Faltblatt „Religionen vor Ort“ ausliegt, schöner, als es hier im Anhang der Fall ist. Und da zählen wir auf jeden Fall weiter als nur bis drei.


Programmablauf (Stand 7.6.2007)

Begrüßung
13.00 – 13.30 Uhr Musikalisches Programm:
Friedenslieder, Kinderchorprojekt Paxx- The Ring of Light von Fried Bauer, mit Kindern aus allen drei Religionsgemeinschaften

13.30 - 14.00 Uhr Grußwort der Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann

14.00 – 15.00 Uhr 1. Podiumsgespräch: Selbstverständnis der Religionen
Teilnehmer: Pfrn. Barbara Rudolph, Generalsekretärin der ACK Deutschland, Joel Berger, Rabbiner, Haluk Yildiz, Sprecher des Rates der Muslime Bonn
Moderation: Burkhard Müller

Unterzeichnung der Kölner Friedensverpflichtung

15.00 – 15.30 Uhr Musikalisches Programm: Islamische Gesänge Ilahi - Gruppe der DITIB

15.30 – 16.15 Uhr 2. Podiumsgespräch: Vorstellen von interreligiösen Initiativen Teilnehmer: AK Muslime und Christen im Bonner Norden, Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit , Katholische Grundschule Mehlem
Moderation: Burkhard Müller

16.15 – 17.00 Uhr Musikalisches Programm: Gospelchor „Wave of Joy“

17.00 - 17.30 Uhr Interview mit Herrn Muhammad Aman Hobohm, Zeitzeuge der Anfänge des interreligiösen Dialogs

17.30 – 18.00 Uhr Musikalisches Programm zum Abschluss: Jüdische Tänze“


… außerdem auf dem Markt:

Stände der Religionsgemeinschaften

Essen und Trinken

Spiele und Aktionen für Kinder im interreligiösen „Kinderzelt“

Gebetszelt


Schirmherrschaft: Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann


Träger des Projekts:
Arbeitgemeinschaft Christlicher Kirchen Bonn, Evangelischer Kirchenkreis Bonn, Evangelischer Kirchenkreis Bad Godesberg-Voreifel, Katholikenrat Bonn,
Rat der Muslime in Bonn, Synagogengemeinde Bonn

Vgl. auch:
http://www.ekir.de/BadGodesberg-Voreifel/bgv_index_45281.php
http://www.weisstduwerichbin-bonn.de/

*

I.3.) Radiotipps

Generell möchte ich auf zwei regelmäßige Sendungen hinweisen, die ich wenn es geht, immer höre :
„Tag für Tag. Aus Religion und Gesellschaft“, Mo-Fr 9.35 bis 10 Uhr im Deutschlandfunk
„Diesseits von Eden“, So 8.20 bis 9 Uhr im WDR 5

Bei „Tag für Tag“ oder auch mittwochabends in der Studiozeit (20.05-20.30 Uhr) gibt es hin und wieder Beiträge meines Kommilitonen Manuel Gogos. So soll demnächst irgendwann einer über den Religionswissenschaftler Mircea Eliade kommen. Wenn ich es rechtzeitig erfahre, gebe ich Bescheid.
Auch im Deutschlandfunk soll Ende August ein Beitrag von Nina Louis zum Thema „Rückkehr der Religion?“ kommen, für den sie meinen Kommilitonen Robert Kötter und per Telefon den Zen-Meister Willigis Jäger interviewt hat. Auch da: Ich gebe Bescheid, wenn ich es rechtzeitig erfahre, wann das genau ist.

Am 26.8. soll es um 8.30 Uhr auf WDR 3 und als Wiederholung um 22.05 Uhr auf WDR 5 ein Interview mit Dorothee Sabriyah Palm über ihre Konversion zum Islam geben.

(Komisch, wieso sagt man eigentlich „auf WDR 5“, statt „im WDR 5“? Oder sagt man das gar nicht?)

*
I.4.) Interkulturelle Woche 2007 in Bonn vom17.9. bis zum 3.10.: Teilhaben – Teil werden

Ende September findet wieder bundesweit die interkulturelle Woche statt. Das Programm von Bonn liegt als PDF-Datei vor, die Sie im Anhang finden. Das von Köln habe ich leider nicht erst recht nicht. Wer es hat, möge es mir zuschicken.

Ich habe hier nur vier aus dem Programm Termine, auf die ich besonders aufmerksam machen möchte, nicht nur, weil ich da teilweise selber dran beteiligt bin.

I.4.a.) Di 18.9. GEBETe der Religionen
(vgl. oben unter I.1.c.)

I.4.b.) Do 20.9. Diskussionsrunde: Islam in Deutschland – Bedrohung oder Bereicherung?
Leitung: Hidir Celik, Gundula Schmidt
18.30-2030 Uhr, in den Räumen der EMFA, Thomas-Mann-Straße 1, (Eingang vom Florinsgraben her); da werde ich auch beteiligt sein

I.4.c.) So 23.9. KulturCafé: Lesung von Kurt Westenberg: "Ein Unfallopfer gibt nicht auf"
11.30 bis 14 Uhr in den Räumen der EMFA, Thomas-Mann-Straße 1, (Eingang vom Florinsgraben her)

Ich habe das Buch gelesen und schrieb folgendes dazu:
Kurt Westenberger liest aus seiner autobiographischen Erzählung. Mit elf Jahren wurde er das Opfer eines Autounfalles, und man prophezeite ihm ein Leben im Rollstuhl. Das ließ er sich aber nicht gefallen, sondern brachte sich allen Widerständen zum Trotz das Laufen wieder bei, und sogar das Radfahren. Doch die Alltagsroutinen waren ihm nicht genug, nein, er entwickelte ein starkes Interesse an der Vielfalt menschlicher Kulturen, lernte Türkisch, mietete eine Wohnung in der Türkei und kam so in engen Kontakt mit der türkischen Kultur. Auch bereiste Brasilien, verachtet dabei aber keineswegs, das was hier direkt von der Haustüre liegt und steht: das Besteigen von Burgen und Ruinen ist ihm trotz seiner Behinderung ein liebes Hobby geblieben. Zu guter Letzt verlobte er sich mit der Deutsch-Japanerin Erika und half ihr aus den Fängen einer dubiosen Religionsgemeinschaft. Das alles und viel mehr erzählt Kurt Westenberger mit viel Witz und Ironie und zugleich voller Respekt vor den Vertretern und vor allem Vertreterinnen der Kulturen der Menschheit und macht jedem, auch denen, die sich nicht für behindert halten, Mut zum Leben und zum Lieben.

I.4.d.) So 23.9. MIGRApolis online Medienplattform
14-16 Uhr in den Räumen der EMFA, Thomas-Mann-Straße 1, (Eingang vom Florinsgraben her), so dass man nach dem KulturCafé einfach dableiben kann. Es handelt sich um ein Onlineangebot des Bonner Instituts für Migrationsforschung und interkulturelles Lernen (BIM) e.V., das einen interkulturellen Austausch zwischen Migrant(inn)en und Einheimischen fördern soll. Es wird an diesem Nachmittag vorgestellt.

Mehr Infos im Anhang und evtl. unter:
http://www.migration-bonn.de/
http://www.bimev.de
http://www.ekd.de/interkulturellewoche/345.html


*

I.5.) Veranstaltungen des Interreligiösen Runden Tisches Köln-Mülheim

von Peter Száva:

I.5.a.) Themenabend: Sünde und Vergebung – die Schuldfrage aus der Sicht der Religionen am 6.9.2007

AM DONNERSTAG, DEN 6.SEPTEMBER findet UNSER THEMENABEND "SÜNDE UND
VERGEBUNG - DIE SCHULDFRAGE AUS DER SICHT DER RELIGIONEN“, um 19:00 UHR bei
den ALEVITEN - KÖLN-MÜLHEIM, MONTANUSSTRASSE 20 statt.

I.5.b.) Interreligiöses Fest am 9.11.2007

AM FREITAG,DEN 9.NOVEMBER 2007 UM 19:00 UHR,LÄDT DER INTERRELIGIÖSE RUNDE
TISCH IN KÖLN-MÜLHEIM ZUM INTERRELIGIÖSEN FEST IM LIEBFRAUEN-HAUS,
ADAMSTRASSE 19 ALLE INTERESSIERTE HERZLICH EIN. AUF DEM PROGRAMM: FOLKLORE,
MUSIK, GESANG, INTERKULTURELLES BUFFET, UNTERHALTUNG.


(Zum Interreligiösen Tisch Köln-Mülheim vgl. auch meinen Bericht unter „Ein paar Berichte und Gedanken: 31. Deutscher Evangelischer Kirchentag; MAS)

**
II.) Ein paar Berichte und Gedanken

II.1.) Zu den Zitaten über dem Rundbrief

„Wenn du anders bist als ich, mein Bruder, dann schadest du mir nicht, du bereicherst mich.“
Antoine de Exupery

Dieses Zitat wählten wir zum Motto der diesjährigen GEBETe der Religionen (vgl. I.1.b.). Aus welchem Werk de Exuperys es ist, weiß ich nicht. Wir, die wie die Veranstaltung vorbereiten, wählten es, weil wir darin das ausgedrückt finden, was wir angesichts menschlicher Pluralität empfinden. Sicher gibt es Grenzen der aushaltbaren Andersheit, doch sollte man diese Grenzen nicht zu schnell beschwören, sondern sich zuerst auf die Chance der Horizonterweiterung einlassen, die die Begegnung mit Menschen mit anderen kulturellen Hintergründen bietet.


„Die wertvollsten Dinge sind nicht die, die du besitzt, sondern die, die dich besitzen.“
aus einer Seat-Werbung

Ja, ein Zitat aus einer Autowerbung. Sicher käme ich mir sehr blöd vor, mich von meinem Auto, besitzen zu lassen. Ich fahre übrigens keinen Seat sondern einen 1988er Ford Scorpio, auf dem schon Moos wächst, so dass damit der vielleicht aufkommende Vorwurf der Schleichwerbung von vorne herein ausgeräumt ist. Ja, man sollte sich eigentlich von gar keinem Ding besitzen lassen, aber wenn ich das Zitat auf anderes anwende, finde ich es sehr treffend. Man könnte es auch so ausdrücken: Dein wahrer Beruf ist nicht die Arbeit, von der du lebst, sondern die, für die du lebst. Aber auch da ist Vorsicht geboten: Wenn man aus mentalen Konstrukten eine Ideologie macht, die man nicht mehr beherrschen kann, ist man wie ein Drogensüchtiger. Und wie sieht es mit religiösen Ideen aus? „Nicht ich lebe, sondern Christus lebt in mir“, wie Paulus geschrieben hat. Aber wenn schon nicht der Mensch für den Sabbat, sondern der Sabbat für den Menschen da ist, wie Jesus gesagt haben soll, wie steht es dann mit der Religion, dem Glauben generell? He, was für Menschen sitzen da in der Seat-Werbeabteilung?

„Menschings und Eliades Werken liegt eine zum Teil ausgesprochene, zum Teil unterschwellige Programmatik zu Grunde: Beide Autoren schrieben ganz bewusst über den engen Zirkel der Fachvertreter hinaus, richteten sich auch an ein allgemeines Publikum. Darum bedienten sie sich einer allgemein verständlichen Sprache. Beide Gelehrte hatten eine Botschaft, wollten die Rezipienten existenziell verändern. Dies ist ein ausgesprochen praktischer Zug ihres Wirkens.“
Udo Tworuschka

Das Zitat stammt aus: Udo Tworuschka. Religionswissenschaft. In: Ulrich Becker und Udo Tworuschka, Ökumene und Religionswissenschaft, Stuttgart (Calwer Verlag) 2006, S. 91-192, hier S. 117.
Das Büchlein gab mir Udo Tworuschka zur Vorbereitung auf meinen Lehrauftrag, den ich im WS 2007/08 bei ihm in Jena habe. Tworuschka vertritt einen Ansatz, den er „praktische Religionswissenschaft“ nennt und dabei sogar leicht von dem ähnlichen Ansatz „angewandte Religionswissenschaft“ unterscheidet. Vorbilder findet er unter anderem in den alten Meistern unserer Zunft Gustav Mensching (1901-1978) und Mircea Eliade (1907-1986) . Ich bin weder Mensching-, noch Eliade-Experte, weiß aber, dass man sie durchaus unterschiedlich interpretieren kann. Wie auch immer, das was hier in diesem Zitat ausgesprochen wird, berührt mich sehr und bestärkt meine eigene Intension, Religionswissenschaft unters Volk zu bringen, so wie das Vertreter anderer Wissenschaften ja auch machen. Und das müssen wir interdisziplinär machen, im ständigen Austausch mit Theologen, Philosophen, Geistes-/Kultur- und Naturwissenschaftlern, Journalisten, religiösen und nicht religiösen Menschen, Otto Normalverbraucher und Lieschen Müller. Deswegen verfasse ich ja auch diese Rundbriefe.


II.2.) Ringvorlesung Religion und Rationalität

Im letzten interreligiösen Rundbrief berichtete ich von der Ringvorlesung „Religion und Rationalität“ der Zentrums für Religion und Gesellschaft (ZERG) der Uni Bonn. Nun folgen hier ein paar Erinnerungen (anhand von Notizen) an die zweite Hälfte davon. Am 14.5. sprach Albert Gerhards, katholischer Liturgiewissenschaftler (ich lasse die akademischen Titel der Lesefreundlichkeit mal weg; bis auf einen Dr. und einen PD Dr. waren alle Prof. Dr.) an der Uni Bonn, über die Frage „Wie vernünftig ist der Gottesdienst der biblischen Religionen?“ und kam darin unter anderem zu dem Schluss, dass der christliche Gottesdienst nicht rationalistisch sei, aber auch nicht irrational, sondern überrational. Es gebe kein unmittelbares Verstehen der Gläubigen mehr in der Kirche. Ja, das lasse ich hier mal stehen, denn ich muss zugeben, das ich von der liturgiewissenschaftlichen Binnensprache des Vortrages auch nicht so viel verstanden habe. Harald Suermann, Islamwissenschaftler an der Uni Bonn, sprach am 21.5. über die Bedeutung der Ratio im christlich-islamischen Dialog zu Beginn der Abbasiden-Zeit (750-900). In diesem ersten nicht arabisch-ethnisch ausgerichteten muslimischen Reich, so erklärte er, übersetzten jüdische und nestorianisch-christliche Gelehrte antike griechische Schriften in Persische, Syrische und Arabische, und diskutierten mit ihren muslimischen Kollegen über das Wesen Gottes und der Welt auf der Grundlage aristotelischer Logik. Auf diese Weise beeinflussten sich die Theologien der drei Religionen gegenseitig. Konrad Stock, evangelischer systematischer Theologe an der Uni Bonn sinnierte am 4.6. über Religion und Identität und machte sich Gedanken zu einer philosophischen Theologie. Theologie will, so Stock, zwischen der ursprünglichen Wirklichkeit, die sich in den Religionen zeigt, und der kulturellen Manifestation dieser Wirklichkeit vermitteln. Stock weist ersterer einen substantialistischen und letzterer einen funktionalistischen Religionsbegriff zu. Objekte der Wissenschaften seien weder empirisch einfach so gegeben, noch beliebige Konstrukte des Gehirns. Eine Phänomenologie müsse die sensuistisch-empirischen und die konstruktivistischen Ansätze beinhalten. Auch die menschliche individuelle und soziale Identität müsse deskriptiv und normativ angegangen werden. Die Auseinandersetzung mit Idealvorstellungen davon, wie man sein will, und die Auseinandersetzung mit andern und dem Anderen sei unabdingbar wichtig. Konrad Klaus, Indologe an der Uni Bonn, erklärte am 11.6. den Zusammenhang von Glaube und Vernunft in der Dogmatik des Theravada-Buddhismus. Er erklärte den Buddhismus als eine Religion, in der Zuhören, analytisches Nachdenken und Meditation zusammen gehörten, genau wie theoretische Lehre, ethische Lebensführung und Meditationspraxis. Entgegen von christlicher Seite, und so auch von Josef Ratzinger/Benedikt XVI., oft zu vernehmender Interpretation, sei der Buddhismus weder pessimistisch, noch nihilistisch. Sofern sich buddhistische Anschauungen mit denen der modernen Naturwissenschaft berührten, seien sie sehr kompatibel. Er erkläre das Dasein als ein Entstehen in Abhängigkeit und einen Heilsweg, der es einem ermögliche, damit umzugehen. Buddhismus und Christentum seien aber wie zwei verschiedene Rechenwege, die von der selben Zahl ausgingen: Christentum: 2+1=3, Buddhismus: 2-1=1. Die Ergebnisse sind verschieden und beide wahr. Folgende normative Schlussbemerkung Klaus’ möchte ich Ihnen nicht vorenthalten: Das Problem unserer Zeit ist die Verzifferung, die Pekunianisierung aller Lebensbereiche, also Gier, Hass und Verblendung. Das einzige mögliche Wahrheitskriterium für Religionen ist ihr mäßigender Einfluss auf die Menschen. Da müssen sie sich verbinden und nicht immer nach Wahrheit fragen, in ihren unterschiedlichen Sprachspielen. Soweit Konrad Klaus, sinngemäß nach meinen Notizen. Ulrich Volp, evangelischer Kirchengeschichtler an der Uni Bonn, sprach am 18.6. über die antike Kritik an der Irrationalität des Christentums mit der schönen Überschrift: „Sie wollen den Strahl der Erkenntnis vor den Weisen verbergen.“ Im 2./3. Jahrhundert, so Volp, herrschte ein angespanntes Verhältnis zwischen den kleinen christlichen Gemeinden und der nichtchristlichen, „paganen“ Umwelt im römischen Reich. Während das normale Volk die Christen allerlei Unmoral verdächtigte, kritisierten Gelehrte wie der Platoniker, Stoiker und Rhetoriker Kelsos die Unvernunft der christlichen Lehre, was gelehrte Christen wie Justinus und Origines dazu veranlasste, den Kritikern Unverständnis vorzuwerfen und die christliche Lehre mit den Mitteln der griechischen Philosophie zu verteidigen und gar auf diesem Wege zu Gotteserkenntnis kommen zu wollen. Im Laufe der Zeit entwickelte sich die christliche Apologetik vom Beantworten einzelner kritischer Anfragen, um die Christen vor staatlicher Verfolgung zu schützen bis zum Entwickeln ganzer christlicher Gegenentwürfe und zuletzt zu fiktiven Diskussionen mit Heiden zwecks logischer Unterweisung der Theologen. Am 25.6. betrachtete Matthias Schmökel, Jurist am Institut für Deutsche und Rheinische Rechtsgeschichte an der Uni Bonn, das Thema der Ringvorlesung aus juristischer Perspektive und erklärte Melanchtons Einfluss auf das moderne Recht. Zuerst ging er aber auf Cicero, Augustinus, Thomas von Aquin, William Ockham und Gabriel Biel ein, und konstatierte dabei einen Wandel von der Vorstellung eines Naturrechtes als höchstem Recht, über die Unterordnung des Naturrechts unter das ewige Gesetz Gottes, zur Vorstellung, die Vernunft solle das Gewissen kontrollieren und weiter zu der, dass Gottes Wille frei, und das ewige Gesetz wandelbar sei. Martin Luther habe den Menschen als zu schwach befunden, das ihm ins Herzen geschriebene Naturrecht zu erkennen und einzuhalten, Philipp Melanchton schließlich habe ein starke staatliches Gesetz propagierte, das rational zu begründen sei und an das sich auch ohne Sünde Wiedergeborene zu halten hätten. Somit sei Melanchton wieder näher an der antiken Auffassung gewesen, was Schmökel zu der Bemerkung veranlasste, dass die Reformation weder eine Abkehr von der Vernunft, noch eine Enthellenisierung mit sich gebracht habe sondern im Gegenteil: Melanchtons säkulare Vernunft habe ihre Wurzeln in seinem protestantischen Glauben. Am 2.7. war ich eigentlich sehr gespannt auf Werner Gephards Vortrag über den Rationalitätsglauben als okzidentalen Mythos, doch fiel der leider aus. Statt seiner sprach Görge Hasselhoff, der evangelischer Theologe an der Uni Bonn und beim ZERG Koordinator der Projektgruppe „Religiöse Interaktion“, über neomaimonidische Kant-Lektüre in der Wissenschaft des Judentums am Beispiel Manuel Joel. Dieser war eine jüdischer Philosoph und Rabbiner und lebte von 1826 bis 1890, zuletzt in Breslau. Er erforschte die Maimonides-Rezeption durch christliche Philosophen wie Immanuel Kant und postulierte eine jüdische, philosophische Bibelexegese, die er bei Maimonides praktiziert fand. Den Abschlussvortrag am 9.7. von Wessam Farag aus Kairo über Papst Benedikt XVI und das byzantinische Zitat hätte ich auch sehr gerne gehört, aber da war ich zeitgleich in Fulda und genoss die schöne barocke Stadt im Licht der Spätnachmittagssonne nach einem Gewitter. Das hatte auch was!
Soweit meine Erinnerungen an die Ringvorlesung des ZERG.


II.3.) Bekim Agai: „Die Rolle des Islam in der laizistischen Türkei“

Am 10.5. hielt mein islamwissenschaftlicher Kommilitone Dr. Bekim Agai an der Uni Bonn einen Vortrag über die Rolle des Islam in der laizistischen Türkei, das Verhältnis von Staat und Religion im europäischen Kontext, wozu er von der Deutsch-Türkischen Gesellschaft , dem Türkischen Akademikerbund und der Südosteuropa-Gesellschaft eingeladen war. Mustafa Kemal Atatürk hatte in der Türkei einen Laizismus nach französischem Vorbild eingeführt. Bekim Agai erklärte detailliert, wie sich das Verhältnis zwischen diesem Laizismus, dem türkischen Nationalismus und dem Islam in der Türkei seit dem in drei Phasen veränderte. Im türkischen Unabhängigkeitskampf wurde die Religion bei Türken, Griechen und Armeniern jeweils zum Merkmal der eigenen Kultur stilisiert. In der radikalen Phase der neuen türkischen Republik von 1923 bis 1946 ging der Staat mit allerlei Verboten gegen alles Religiöse vor. So verbot er die Sufibruderschaften, schaffte die arabische zu Gunsten der lateinischen Schrift ab, führte das Schweizer Zivilgesetzbuch ein, schloss theologische Ausbildungsstätten, ersetzte den arabischen muslimischen Gebetsruf durch einen türkischen, untersagte die Teilnahme an der Walfahrt nach Mekka, verbot, an bestimmten Orten Kleidung mit religiöser Symbolik zu tragen. In der zweiten Phase von 1946 bis 1980 begann der Staat, wenn er die Religion schon nicht verbieten konnte, diese durch gezielte Eingriffe in seinem Sinne zu formen. So wurde die staatliche Ausbildung von Imamen und eine staatliche religiöse Presse eingeführt, der Gebetsruf wurde wieder auf Arabisch zugelassen, ja es wurde eine Identifikation von Islam und Türkei angestrebt. IN der dritten Phase, die 1980 begann und noch andauert, ging der türkische Staat nach einem kemalistischen Militärputsch in dem Wunsch, sowohl Sozialismus als auch Islamismus abzuwehren dazu über, einen aufgeklärten Islam zu fördern. In diese Phase fiel auch die Gründung der DITIB, um in Deutschland lebende Türken an den staatlich kontrollierten Islam zu binden. Seit dem Amtsantritt der AKP als Regierungspartei öffnet sich die DITIB mehr dem Gedanken der Integration der in Deutschland lebenden Muslime türksicher Herkunft in die deutsche Gesellschaft. Soweit mein kurzer Abriss dieses ungemein spannenden und aufschlussreichen Vortrags.


II.4.) Raida Chibib: „Wer repräsentiert den Islam in Deutschland?“

Am 14.5. hielt die Islamwissenschaftlerin Raida Chibib im Auftrag der Islamischen Hochschulvereinigung Bonn einen Vortrag über die Frage, wer den Islam in Deutschland repräsentiere. Dazu gab sie zunächst einen historischen Überblick von den ersten muslimischen Kriegsgefangenen und Arbeitsmigranten in Deutschland bis zum Koordinierungsrat heute. Sie erklärte die Pluralität der Muslime mit ihren sehr verschiedenen Vorstellungen eines „islamic way of life“. So zählte sie auf: traditionelle Muslime, Sufis, orthodoxe Muslime, Islamisten, Muslime mit europäisch-muslimischen Selbstkonzepten und säkulare Muslime, wobei die zu vorletzt genannte Gruppe die größte ist. So bildeten sich auch recht unterschiedliche muslimische Gemeinschaften und Institutionen über das Vereinsrecht, über Verbandszusammenschlüsse und über internationale Verankerungen. Der seit dem 28.3.2007 bestehende Koordinierungsrat der Muslime in Deutschland ist der erste seiner Art und vertritt die DITIB, den Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD), den Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland (IR) und den verband Islamischer Kulturzentren (VIKZ). Allerdings werden sich nichtreligiöse Muslime vom Koordinierungsrat nicht vertreten fühlen. Als ein zusätzliches Manko des Koordinierungsrates führte Raida Chibib an, dass es keine Basiswahlen gibt und keine Kontrolle über die vier weiterhin unabhängigen Mitgliedsverbände, und dass der Koordinierungsrat eher durch einen Anstoß von außen zustande kam als durch eine Motivation aus den eigenen Reihen. In Nordrhein-Westfalen sind überdies etwa 25% der muslimischen Gemeinden verbandsunabhängig. Letztlich konnte die Referentin die Frage des Vortrages nicht so beantworten, dass alle Zuhörer zufrieden waren, was aber nicht an ihr, sondern an den realen Strukturen der Muslime in Deutschland liegt.
Aber mal ehrlich: Wer vertritt DIE Christen in Deutschland und wer DIE Buddhisten?

II.5.) Dies academicus: „Multireligiöse und interreligiöse Feiern aus katholischer und evangelischer Sicht“

Am 23.5. war Dies academicus an der Uni Bonn. Das ist in jedem Semester ein Tag, an dem uniweit öffentliche Vorträge gehalten werden. Ich wollte mir den in diesem Jahr eigentlich schenken, und lieber arbeiten, aber das Thema „Multireligiöse und interreligiöse Feiern aus katholischer und evangelischer Sicht“, vorgestellt von Prof. Dr. Albert Gerhart von der katholisch- und Prof. Dr. Michael Meyer-Blanck von der evangelisch-theologischen Fakultät interessierte mich dann doch sehr, da ich ja selber solche Feiern, wie die GEBETe der Religionen jedes Jahr im September oder das monatliche Schweigen für Frieden und Gerechtigkeit mit vorbreite und durchführe. Gerhard erklärte, dass seit dem II. Vatikanischen Konzil die katholische Kirche auch in nichtchristliche Religionen Wahres und Heiliges sehe, Juden und Muslime sogar als an den selben Gott wie Christen betend angesehen würden, wobei zum Juden eine besondere Nähe konstatiert werde. Man müsse bei genannten Feiern zwischen multi- und interreligiösen Feiern unterscheiden, wobei das Friedengebet in Assisi 1986 ein Beispiel für ersteres sei, denn da beteten die Teilnehmer verschiedener religiöser Zugehörigkeit nacheinander auf je eigene Weise zum als allen gemeinsam geglaubten Gott, während er als Beispiel für letzteres die jüdisch-christliche Gemeinschaftsfeier von WCRP in Berlin 1990 anführte, den da beteten Juden und Christen gemeinsame zu ihrem gemeinsamen Gott. Heute sei aber vieles nicht mehr so möglich wie in den letzten Jahrzehnten, den die katholische Kirche betone heute mehr den Respekt vor dem Anderen in seinem Anderssein anstatt die Gemeinsamkeiten, und zwar auch, um gegen die pluralistische Religionstheologie zu opponieren, und auch wegen des zunehmenden religiös legitimierten Terrorismus. Meyer-Blanck erklärte, auch die EKD befürworte multireligiöse Gebete und lehne interreligiöse ab. Dazu habe die Liturgische Konferenz Deutschland 2006 eine „Arbeitshilfe: Miteinander feiern“ herausgebracht, in welcher unterschiedliche Situationen und Feierformen unterschieden wurden. Die habe ich jetzt nicht vorliegen, werde sie mir aber bei Gelegenheit besorgen. Meyer-Blanck sagte aber noch, am meisten sei beim gemeinsamen Schweigen möglich, am wenigsten bei konkreten Gebetsformen.


II.6.) 31. Deutscher Evangelischer Kirchentag – Eindrücke

Am 7., 8. und 9.6. war ich auf dem evangelischen Kirchentag in Köln. Ich gehe in meinem kleinen subjektiven Bericht hier nicht rein chronologisch vor.
Hauptsächlich hatte ich Standdienst an unserm Religions for Peace-Stand in der Messehalle. Da ergaben sich einige interessante Gespräche. Wir hatten ein Glücksrad aufgestellt, wobei die gedrehte Zahl dem Menschen das Glück bescherte, eine Frage aus dem Bereich der Weltreligionen beantworten zu dürfen. Dabei war ich oft überrascht, wie viel einige Leute doch wussten, aber auch, wie manche Frage aus dem Bereich der Religion, der man selbst zugehörte (ich vermeide mit Absicht die Bezeichnung „die eigene Religion“), nicht richtig beantwortet wurde. So kamen einige Christen doch auf die Frage danach, an welchem Fest Christen die Auferstehung Jesu feierten mit der Antwort: „An Himmelfahrt“ (Für die Leser die es nicht wissen: Die korrekte Antwort wäre „Ostern“ gewesen.). Aber auch bei mir selber entdeckte ich Wissenslücken, vor allem im Bereich des Judentums. Sehr interessant war auch die Begegnung mit einem evangelikalen Christen, der mich schon im Zug auf meinen Jeansrock ansprach und fragte, ob das jetzt Mode sei. Statt der von mir erwarteten Distanzierung von vermeintlicher Frauenkleidung (Röcke sind meiner Meinung nach Männer- und Frauenkleidung, genau wie Hosen) zeigte er Interesse, mal zum RfP-Stand mit zukommen, wo er sich dann mit einigen Leuten unterhielt, viel fragte, dann aber doch versuchte, eine Bahá’í vom Nachbarstand (Haus der Religionen in Hannover) vom richtigen Lesen der Bibel zu überzeugen.
Dreimal war ich an den drei Tagen in Köln-Mülheim in der Luther-Notkirche, ein von außen unscheinbares Gebäude versteckt hinter einer größeren Kirche, mit im Inneren wunderschöner Holzkonstruktion. Mein erster Anlass war ein Podiumsgespräch zwischen Konvertiten vom Christentum zum Islam und umgekehrt, und zwar je eine Frau und ein Mann, wobei beide Konvertiten vom Islam zum Christentum (Naser Bazgar und Nasim Mamadchiyan) iranischer Herkunft waren, die Konvertiten vom Christentum zum Islam (Coletta Latifah Damm und Andreas Ismail Mohr) Deutsche, moderiert von dem Muslim Hüseyin Inam und der christlichen Theologin Dorothee Schaper. Ich fasse hier ganz kurz zusammen, was mir als wichtigste Quintessens erscheint: Alle vier Konvertiten flohen vor einer Religion der erstarrten Strukturen, der Verbote und der zum Eigenzweck verkommenen Rituale, die mit der eigentlichen Quelle der Religion nicht mehr viel zu tun hätten und fanden in der je anderen Religion, das, was sie an ihrer jeweiligen Herkunftsreligion vermissten. Die Konvertiten vom Christentum zum Islam empfanden zudem nun eine engere Beziehung zu Jesus, als sie sie vorher gehabt haben, während die Konvertiten vom Islam zum Christentum nun erst eine persönliche Beziehung zu Gott aufbauen konnten. Den Satz aus dem Koran „Gott ist dir näher als deine Halsschlagader“ habe die Konvertitin vom Islam zum Christentum im Iran nie gehört, sondern erst hier in Deutschland und zwar von Christen. Wenn man nun davon ausgeht, das es ideal sei bei der eigenen Religion – also in dem Sinne der Religion, der man von klein auf angehört und in die man hinein sozialisiert wurde – bleiben solle, ist hier in allen vier Fällen religionspädagogisch einiges schief gelaufen oder aber schon religionsgeschichtlich, also in den konkreten Entwicklungen der Religionsgemeinschaften. Aber vielleicht ist dieses Verbleiben in der vermeintlich eigenen Religion ja auch gar nicht das Ideal, da man die wirklich eigene Religion – in dem Sinne einer Religion, die wirklich zu einem passt – erst durch eine Konversion findet. Ich lasse die Frage hier offen. Im Übrigen führte diese Gesprächsrunde auch dazu, dass die vier Konvertiten ihre anfängliche Voreingenommenheit gegenüber den Konvertiten der jeweiligen Gegenrichtung überwanden und mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede in der Motivation feststellten.
Mein zweiter Besuch dieser Stätte galt der Vorstellung des Interreligiösen Runden Tisches (IRRT) Köln-Mülheim, von dem ich im interreligiösen Rundbrief Nr. 126 schon berichtet habe. Da saßen nun Vertreter von 13 Religionsgemeinschaften auf dem Podium: christlich: römisch-katholische Kirche, evangelische Kirche, christliche Freikirche, Baptisten; muslimisch: DITIB, Jama’at-un-Nur, Yussuf Emre Moscheegemeinde; Aleviten-Gemeinde; Sikh-Gemeinde; buddhistisch: Buddhistisches Zentrum (Theravada), Soka Gakkai ... (da fehlen mir jetzt zwei, vielleicht waren es aber auch „nur“ elf.) Der derzeitige Sprecher Peter Száva ist evangelischer Pastor uns stammt aus Siebenbürgen, ist also auch ein Imi, wie man in Köln sagt, ein Imigrant. Er sagte, er wisse, was es heiße, ein Fremder zu sein. Ursprünglich war dieser Runde Tisch eine Initiative der Stadtteilverwaltung von Mülheim, die die verschiedenen, vor allem muslimischen, Einwanderergruppen mit der deutschen, vornehmlich christlichen Bevölkerung in Kontakt bringen wollte, dann aber das weitere Engagement den Religionsgemeinschaft in Eigenregie überließ. Diese führten das Projekt fort, zuerst in kleinen Kreisen dialogwilliger Individuen und offizieller Repräsentanten, dann immer mehr die Basen der Gemeinden mit einbeziehend, gemeinsame Feste feiernd, Themenabende anbietend, zum Beispiel über Gebet und Meditation, über Frieden, über das Fasten, über Tod und Jenseits, über interreligiöse Ehen, über die Eckpfeiler des Lebens. Als besonders wichtig wurde die Liebe und der Respekt ohne Gleichmacherei betont. Wie im letzten Rundbrief schon gesagt, halte ich dieses Projekt für vorbildlich. Zu einem anderen Zeitpunkt lud der IRRT zu einem Gebet der Religionen in die Luther Notkirche ein, welches insofern anders ablief, als die ähnlichen Veranstaltungen, die ich bisher in Köln und Bonn oder auf Kirchen- und Katholikentagen besucht habe, als hier keine eigens für diese Veranstaltung zu einem bestimmten Thema heraus gesuchten Gebete vorgetragen wurden, sondern die Vertreter der Religionsgemeinschaften Gebete oder Meditationen vorstellten, wie sie sie auch unabhängig von der Veranstaltung praktizieren, so zum Beispiel ein normales Nachmittagsgebet der Muslime und ein normales Daimoku, also ein Chanten des „Nam Myoho Renge Kyo“ der Soka Gakkai-Buddhisten.
Auch ein Gebet der Religionen gab es an einem Abend im Gürzenich, und zwar veranstaltet von Religions for Peace Deutschland. Nun war es doch wieder so, dass Vertreter(innen) verschiedener Religionsgemeinschaften (Bekir Alboga von DITIB für den Islam, Generalbischof Anba Damian für die Koptisch-Orthodoxe Kirche, Weihbischof Hans Jochen Jaschke für die Römisch-katholische Kirche, Bischöfin Maria Jepsen für die Evangelische Kirche, Siviseela Paul Köppler von der DBU für den Buddhismus, Nicola Towfigh für die Bahá’í und Farnz Brendel von RfP Deutschland in Vertretung für die aus familiären Gründen nicht anwesende Rabbinerin Eveline Goodman-Thau für das Judentum) Texte zum Thema des Kirchentages „Lebendig und kräftig und schärfer“ vortrugen. Besonders interessant fand ich die Erklärung Paul Köpplers, aus buddhistischer Sicht sei es nicht so passend, sich besonders scharf auszudrücken und zu positionieren, sondern ganz scharf hinzusehen und hinzuhören, um die Wirklichkeit besser zu erfassen.
Zwei Vorträge hörte ich auch in der katholischen St. Gertrudkirche, einem sehr dunklen Betonbau nicht weit vom Hansaring, und zwar „Vermischen sich die Religionen?“, mit den Unterthemen „Fremdes im Christentum?“ von dem Theologen Prof. Dr. Georg Schmied aus Rüti in der Schweiz und „Was ist dem Christentum fremd?“ von dem systematischen Theologen Prof. Dr. Walter Sparn aus Erlangen. Beide Referenten legten klar, dass das Christentum von Anfang an synkretisitsch sei, da es immer Elemente aus verschiedenen Kulturen aufgenommen und verschiedene kulturelle Ausdrucksmöglichkeiten des Glaubens entwickelt habe. Wichtig für Christen sei, dabei das genuin Christliche nicht zu verlieren. Für Schmied ist das genuin Christliche die Reich-Gottes-Erfahrung Jesu, für Sparn das Christusbekenntnis. Darin waren sie sich also nicht einig. In der selben Kirche hielt anschließend der katholische Theologe Alfred Singer aus Würzburg einen Vortrag zum Thema „Buddhistische Meditation für Christen?“, moderiert von Werner Höbsch vom Erzbistum Köln. Singer ging hauptsächlich auf das so genannte christliche Zen bzw. die Meditation im Stile des Zen ein, das er auch selber praktizieret, so dass er diese Praxis also befürwortete. Als positives und negatives Beispiel für eine Integration der Zen-Praxis in das Christentum stellte er Johannes Kopp und Willigis Jäger vor. Letzterer habe sich zu sehr von den christlichen Vorgaben gelöst.
Soweit mein kurzer, oberflächlicher und sehr subjektiver Kirchentagsbericht.


II.7.) Vortragreihe „Buddhismus in Bonn“

Zu guter Letzt möchte ich noch die Vortragreihe „Buddhismus in Bonn“ erwähnen, zu der die Buddhistische Hochschulgruppe Bonn an drei Terminen in die Uni Bonn eingeladen hat. Am 13.6. eröffnete ich selber die Reihe mit einem gleichnamigen Vortrag, der auf meiner Magisterarbeit „Buddhismus in Bonn. Empirische Studie über buddhistisch orientierte Gemeinschaften in Bonn“ basierte. Diese Studie hatte ich zwischen 1998 und 2000 angefertigt, für den Vortrag aber auch neuere Entwicklungen berücksichtigt. Den Begriff „buddhistisch orientiert“, statt einfach nur „buddhistisch“ wählte ich, weil die buddhistische Identität nicht weniger Gruppen nur eine teilweise ist, aber doch eine starke Orientierung an oder Beeinflussung durch den vorliegt. Mehr dazu, auch die Liste der Gemeinschaften, kann man auf meiner Homepage lesen. Am 10.6. stellte Irmentraud Schlaffer ihre Gemeinschaft Longchen vor. Es handelt sich um eine buddhistische Gemeinschaft in der tibetischen Nyingma-Kagyü-Tradition mit dem englischen Lehrer Rigzen Chigpo als Oberhaupt. Ihre Hauptpraxis besteht in einer Art der Achtsamkeitsmeditation, in der man die Erfahrung der raumgleichen Natur des Geistes, des Bewusstseins, das nicht identisch mit den vorüber ziehenden Gedanken sei, machen könne. Am 27.6. schloss Siviseela Paul Köppler, der in Bad Godesberg das Haus Siddharta leitet, die Vortragreihe mit dem Thema „Auf den Spuren des Buddha“, wobei er einen Überblick über die Geschichte des Buddhismus von Siddhartha Gautama Buddha bis zum Buddhismus im Westen heute gab, und als gemeinsamen Nenner aller buddhistischen Richtungen das Erlernen des Umgangs mit unserm Geist, um tiefe Einsicht zu gewinnen und Lebensprobleme zu lösen, nannte. Dass viele Westler den Buddhismus eher als Lebenshilfe denn als religiösen System wahrnähmen, und sich Teile aus ihm herausnähmen, hielt Köppler für legitim. Die Hauptsache sei, der Buddhismus helfe den Menschen. Die Vortragsreihe soll im Wintersemester fortgesetzt werden, wenn sich noch mehr Referenten aus den Bonner Gruppen dazu bereit erklären. Ich soll dann auch noch mal das Thema „Buddhismus und Gewalt“ vorstellen.

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III.) Buchtipps und ein Spieletipp:

III.1.) Helmut Zander. Anthroposophie in Deutschland

von Helmut Zander:

… und es geschehen noch Zeichen und Bücher.

Viele Grüße
Helmut Zander




Helmut Zander
Anthroposophie in Deutschland
Theosophische Weltanschauung und gesellschaftliche Praxis 1884–1945
Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht, 20071920 pp., bound/gebunden, 2 vols.
€ 246,00, ISBN 978-3-525-55452-4http://www.v-r.de/de/titel/352555452/


The Anthroposophical Society, founded by Rudolf Steiner (1861–1925), is the most important esoteric community in European history. Helmut Zander’s book is the first history of the Anthroposophical Society and the German theosophical milieu from 1884 until 1945. The book describes the genesis of Steiner’s world views between 1900 and 1914, and the development of eurythmy and anthroposophical architecture. The Rudolf Steiner schools and the esoteric movement ‘die Christengemeinschaft’ form part of its heritage, and anthroposophical medicine and agriculture still contribute to the current debates in society.

Rudolf Steiner (1861-1925) schuf mit der Anthroposophischen Gesellschaft zwischen 1900 und 1925 die wichtigste esoterische Gemeinschaft der europäischen Geschichte.Helmut Zander legt die erste Geschichte der Anthroposophie und des theosophischen Milieus zwischen 1884 und 1945 vor. Untersucht werden Steiners theosophische Weltanschauungsproduktion zwischen 1900 und 1914, der anthroposophische Tanz (»Eurythmie«) und die anthroposophische Architektur. Die historische Aufarbeitung der seit 1918 entstandenen Praxisfelder in Gesellschaftstheorie, Pädagogik, Medizin und Landwirtschaft führt schließlich die Geschichte an die aktuellen gesellschaftlichen Probleme heran.




Inhaltsverzeichnis / Table of Contents

1. Die Gegenwart einer unerforschten Vergangenheit

Kontexte
2. Historiographie

Geschichte
3. Theosophische Gesellschaften im deutschsprachigen Raum
4. Sozialstruktur und Vereinsleben der deutschen Adyar-Theosophie

Die Grundlegung der Weltanschauung Rudolf Steiners vor 1900
5. Steiner und Goethe
6. Philosophische Positionen in den 1890er Jahren

Steiners theosophische Weltanschauung seit 1900
7. Theosophie
8. Christologie
9. Wissenschaft

Ästhetik
10. Freimaurerei
11. Mysterientheater
12. Architektur
13. Eurythmie

Praxis
14. Politik
15. Waldorfpädagogik
16. Medizin
17. Landwirtschaft

Neuer Kult
18. Die Christengemeinschaft

Von der Vergangenheit zur Zukunft
19. Pluralisierung und Minderheitenkultur


Helmut Zander ist bis September 2007 Vertreter des Lehrstuhls für Wissenschaftsgeschichte an der Humboldt-Universität Berlin.


Still available:
Geschichte der Seelenwanderung in Europa. Alternative religiöse Traditionen von der Antike bis heute, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1999, 869 S., 10 €.

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III.2.) Ina Braun: Günter Wallraff: Leben - Werk - Wirken – Methode

von Hamid Reza Yousefi via Yggdrasill-Liste (ich habe die Mail etwas umstrukturiert und Infos über die Relevanz das Buches für die Religionswissenschaft aus einer zweiten Mail hinein kopier; MAS]:


Sehr geehrte Damen und Herren,
eben ist die erste Biographie über Günter Wallraff erschienen.

Ina Braun: Günter Wallraff: Leben - Werk - Wirken - Methode, 210
Seiten, Broschur mit Fadenheftung, ISBN 978-3-8260-3542-5, Verlag
Königshausen & Neumann, EUR 19,80.

Das Buch kann direkt beim Verlag bestellt werden:
bestellung@koenigshausen-neumann.de.

Worum geht es?
Günter Wallraff gehört wohl zu den umstrittensten Journalisten des
20. Jahrhunderts. Seine gesellschaftspolitische, soziale und vor
allem interkulturell-humanistische Verantwortung nahm er mit
streitbaren Methoden wahr und setzte sich für ein demokratischeres
und gerechteres Gemeinwesen ein. Anläßlich seines 65. Geburtstages
wird erstmals eine Darstellung über sein Leben, Werk, Wirken und
seine Methode vorgelegt. Als spannend zu lesende Biographie und
leicht verständliche Werkanalyse ist dieses auf reichhaltigem
Primärmaterial beruhende Buch zugleich ein faszinierendes Panorama
der deutschen Nachkriegsgeschichte.



In seiner Verkleidung als türkischer Gastarbeiter `Ali´ stellte
Wallraff in den 1990er Jahren die Kirche auf den Prüfstand. Eine
zentrale Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang seiner kritischen
Reportage "`Die Umtaufe´ oder `Kopfabmachen ohne Segen´" zu. Hierbei
geht es um Wallraff alias `Ali´, der einen Grund seines Elends in
seiner Religion, dem Islam sieht. Deshalb beschließt er, sich
katholisch taufen zu lassen.

Mit seinem gebrochenen Deutsch entfacht `Ali´ in jedem Gespräch mit
den Priestern, bei denen er um die Taufe bittet, eine exegetische und
religionswissenschaftliche Auseinandersetzung über Islam und
Christentum. Dabei geht es nicht nur darum, was diese Religionen
verbindet und was sie trennt, sondern auch um die Wesens- und
Wahrheitsfrage einerseits und Sinn und Zweck der Religion
andererseits. Bei allen Konversationen, die mit versteckter Kamera
aufgenommen wurden, stellte er Vorurteile fest, die seit Petrus
Venerabilis gepflegt werden. Dies habe ich in meinem Buch
`Interkulturelles Denken oder Achse des Bösen. Das Islambild im
christlichen Abendland, Nordhausen 2005, ausführlich behandelt.

Sein Taufversuch führt `Ali´, aufgrund zahlreicher Ablehnungen mit
islamfeindlichen Begründungen, über mehrere kirchliche Instanzen
hinweg. Schließlich landet er in einer Dorfpfarrei, wo ein
ausländischer Geistlicher ihn und seine Sorgen ernst nimmt und seine
Bitte um Taufe erfüllt.

Wallraff ist trotz dieses Taufversuchs ein Agnostiker geblieben. Fakt
ist, daß dieses Konvertierspiel in einer Zeit, in der
Interreligiosität zu einer Floskel herabgesunken scheint, große
Aktualität auf dem Gebiet der religionswissenschaftlichen Diskurse
besitzt.

Ein Verdienst der Biographin Günter Wallraffs besteht gerade darin,
in dem fraglichen Buch diese grundsätzliche Problematik mit einem
analytischen Blick ausführlich thematisiert zu haben.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Hamid Reza Yousefi

Universität Trier
Universitätsring 15
D-54296 Trier
Fachbereich I - Philosophie
Tel.: +49 (0) 651 201 2344 und +49 (0) 6511461784
http://www.yousefi-interkulturell.de
http://www.bautz.de/interkulturell.shtml
http://www.bautz.de/bausteine.html


*

III.3.) Otto Ulrich: Das Weltklimaspiel: Cooling down

von Otto Ulrich, dem Autor des Spiels:


„Der Ursprung aller Kultur liegt im Spiel.“
Johan Huizinga




Spielende Miteinander-Kultur

Mullah Nasrudin als Intergrationsberater
Oder

Das Weltklimaspiel: „Cooling down!“

„Integration ist eine Frage der Phantasie. Den Reichtum der Kulturen weckt man mit Einfallsreichtum“. So Marianne Birthler, Ausländerbeauftragte des Bundes in einem Gespräch in der „Süddeutschen Zeitung“.1)
Dieser Einladung soll hier gefolgt werden. Im Sinne dieser suchenden Offenheit soll hier ein, wohl auf den ersten Blick, überraschend anmutender Ansatz eines Weges zur Förderung einer Miteinander-Kultur vorgestellt werden, der sich zu einer zukunftsöffnenden „Straße“ der Kreativitätsentfaltung entwickeln sollte. Ein didaktischer Ansatz, der, um die Ecke gedacht, auf die aktuelle Suchbewegung zum Stichwort: Integration einen neuen Blick werfen lässt.

Zunächst, wer war Mullah Nasrudin?
In den Teehäusern des Mittleren Ostens wäre dies keine Frage. Seit Jahrhunderten werden dort die Geschichten von Mullah Nasrudin – eine Erfindung der Derwische - erzählt.
Es sind Weisheitsgeschichten; stets geht es darum, mit Witz und Humor erstarrte, also auch einseitig festgelegte Denkstrukturen zu lockern, sie sind Kreativitätslockerer, um Neuem eine Chance zu geben.
Aber nicht nur das: Auch die „Moral von der Geschicht“ wird erkennbar und das „gewisse Etwas“. Wer durch die Oberfläche der Bilder hindurchtaucht, findet, was Nasrudin-Erzählungen so modern machen: sie stellen Ebenbürtigkeit auf interkultureller Ebene her, wo eine Vielfalt von Stimmen zu Wort kommen muss.
Und genau darum geht es doch wohl, auf dem einzuschlagenden Weg hin zu einer auch globalen Miteinander-Kultur.
Sollten sich Politiker ab sofort erst einmal über Geschichten von Mullah Nasruhin verständigen? Sollten es ausgerechnet orientalische Geschichten sein, in denen zu finden ist, was die Intergrationskümmerer aller Parteien so suchen, aber offenbar im Spektrum konventioneller Orientierungen nicht zu finden vermögen: jenen Ort, einem Brennglas gleich, von dem aus die ruhelose politischen Landschaft, die „Integrationsaufgabe“, endlich „anders“, ungewöhnlich neu betrachtet werden kann?
Nun, mit Geschichten, ausgerechnet mit Geschichten von Mullah Nasrudin, da fängt das Neue schon an. Durch sie einen neuen Politiktypus zu erschließen, mag lächerlich klingen. Doch Mullah Nasrudin zeigt worauf es ankommt – beispielsweise bei einer „Politik der interkulturellen Vorsorge“, an der künftig, gerade auch im Zeichen der Klimawende(!), wohl keiner mehr vorbei kommt.
Nasrudin hat seinen Schlüssel verloren. Sein Nachbar findet ihn, wie er auf den Knien herumrutscht und sucht.
„Was habt ihr verloren, Mullah?“
„Meinen Schlüssel,“ sagt Nasrudin.
Eine Weile suchen beide zusammen; dann sagt der andere: „Wo ist er Euch denn heruntergefallen?“
„Zu Hause.“
„Ja, um Himmels Willen, warum sucht ihr denn hier?“
„Na, hier ist doch mehr Licht.“

Man muss auch dort suchen wo es „dunkel“ ist. Wo das not-wendig zu betretende Neuland lauert, kommt niemand nur mit konventionellen Mitteln zurecht. Es gilt interkulturelle Lebensformen zur eingeübten Entfaltung wie Erfahrung zu bringen, die das nur formal tolerierte Fremde in ein lebendiges Gleichgewicht zu bringen vermögen. Die Zukunft braucht „interkulturell kompetente Persönlichkeiten“, allein fähig, transkulturelle Lösungen überhaupt in den dafür sensibilisierten Blick nehmen zu können. Wie geht das?
Nasrudin-Geschichten verweisen auf noch zu entwickelnde didaktische Prozesse, Formen und Inhalte, die im Kontext „Globalen Lernens“ helfen, Kreativität zu entfalten, Interkulturalität erlebbar und erfahrbar zu machen. Es gilt also „Überlappungen“ verschiedener Methoden, Erkenntnisse, Interessen und Interpretationen überhaupt erst einmal aushalten zu können.
Aus dieser zukunftsträchtigen „Könnenschaft“ erwächst eine interkulturelle Lösungskompetenz, allein geeignet, den geforderten neuen Politiktypus des 21. Jahrhunderts voranzubringen.
Was heißt das?

„Globale Partnerschaft“: Signatur in Zeiten des Klimawandels -
aber nicht nur dort!
Wir leben, weltweit, in Zeiten des Klimawandels, niemand – ob getauft oder ungetauft – kann sich diesem Prozess entziehen. Es fehlt wohl deshalb in kaum einer Rede, einer Studie, einem Memorandum, einem Kirchentag die noch uneingelöste, noch nur argumentativ bleibende Aufforderung, doch nun endlich zu einer „Menschheitsgemeinschaft“, zu einer „globalen Partnerschaft“, einer „globalen Nachbarschaft“, zu einer „Menschheitsverbrüderung“ zusammen zu wachsen.
Aus einem „Weltbewusstsein“ heraus müsse nun endlich ein „Weltbürgertum“ entstehen. Eindeutig eine zukunftsgewandte Vision, die allerdings nicht schon mit der Internetgemeinde erreicht ist und damit abhakbar wäre!
Es gilt, so ist mit Recht zuhören, zu einer sozialverträglichen, gerechten, einer menschenwürdeangemessenen Anpassung an die globale Herausforderung der Klimaaufheizung zu kommen – womit erkennbar wird: die kulturelle Dimension dieser Herausforderung ist zwar formulierbar, weil naheliegend, eine alltägliche Einlösung aber wohl noch lange nicht umsetzbar und wirksam – sie müsste erst einmal gedacht werden, neu.
Es fehlt die Erfahrung, die geforderte Miteinander-Kultur so leben zu können, dass Gerechtigkeit im Verhältnis zum Anderen – als Konsequenz des eigenen Handelns und „von selbst“ – im gegenwärtigen Alltag erkennbar wird. Das DU im Anderen als Maxime des eigenen Handelns zu achten, dies steht, wie wir durch Martin Buber wissen, eindeutig für eine erst dann menschheitsgemäße Kultur. Wie wäre sie zu selbsttätig zu initiieren, zur Entfaltung wie zur Realität zu bringen?

Anders: es fehlt ein Trainingsfeld, ein Spielfeld, eine global-soziale Simulation, worin das, was jetzt - und das weltwelt - als menschheitsverbindende, als transkulturell wirksame Handlungsmaxime gefordert wird, unterhaltend, lehrreich – vor allem beziehungsreich – eingeübt werden könnte. Dabei mag der Blick auf das zu entdeckende Potential des „Spielens“ fallen, denn im Spiel entsteht ein immer weiter wachsender Bereich von Beziehungen, umso differenzierter, je mehr gespielt wird.
So gesehen könnte das seriöse, in diesem Sinne intendierte (Lern-)Spiel als zukunftsöffnende Didaktik globalen Lernens das Instrument werden, geeignet, den im Spiel zu bewältigenden Dialog als fördernden „Umweg“ an jener Baustelle zu verstehen, um die es eigentlich geht: durch Sprache zu einer sich entfaltenden Miteinander-Kultur, zu einem aufblühenden Beziehungsgeflecht zu kommen.

Weitere Reden, weitere neue Texte, viele gut gemeinte, auch weisheitsvolle Worte, also die Verfeinerung kognitiv-theoretischer Ansätze, sind wichtig, können aber nicht die allein sozial-integrierende Erfahrung des kooperierenden, auf sprachlicher Beziehung beruhenden Handeln-könnens (zunächst im Spielgeschehen) ersetzen. Auf diese sprachlich überbrückte und damit sozial verbindende Beziehungsfähigkeit wird es aber künftig allein ankommen.
Was aber wäre das einzig verbliebene, nicht ausgeschöpfte Potential, um den Reichtum der Kulturen, seine schlummernden Chancen zur Entfaltung zu bringen? Das Spiel. Das Spiel als Trainingsfeld um Neues, durch Sprache, präziser: durch das im Gespräch gefühlte und in Beziehung gebrachte in neue sozial werdende Realität hinüberzuführen.

Das Weltklimaspiel: „Cooling down!“ als Fallbeispiel...
... schafft eine Realität, die durch den Prozess des Spielens permanent sprachlich ausgedrückte Beziehungsbrücken zwischen den Spielern herstellt. Dies ist eine durch Testspiele mehrfach bekundete Tatsache, die „Cooling down!“ gerade für die hier anstehende Thematik - „Integration“ – im Sinne von Mullah Nasrudin, also um die Ecke gedacht - interessant macht, und nicht nur das!

Zur Spielidee:
Eine Energiewende ist notwendig. Die Klimaaufheizung schreitet voran, die globalen Naturkatastrophen nehmen zu. Die Spieler – sie repräsentieren die Weltgemeinschaft - haben aber nicht mehr viel Zeit, den weltweiten Anstieg des Treibhausgases Kohlendioxid entscheidend zu senken. Im Stress des global ausgelegten Weltspieles lernen sie, was es heißt, Verantwortung für die Zukunft der Atmosphäre und damit für das künftige Klima der Erde und seiner Bewohner zu übernehmen. Das Spiel ist ein spannendes Trainingsfeld für werdende Weltbürger, eine Chance, weltverantwortliches Handeln spielerisch einzuüben.
Die Lobby von „Weltmacht Energie“ setzt weiter auf die Verbrennung von Öl, Gas und Kohle – und das „grüne CO2“ der weltweiten Rinderherden muss auch beachtet werden.
Ein massiver Ausbau der Atomkraft wird vorbereitet – das Zeitfenster wird immer enger, doch noch einen nachhaltigen Zukunftspfad, etwa den „sanften Energiepfad“, zu erreichen. In welchem Zustand wird die Welt im Jahre 2050 sein? Wird es gelingen, die CO2-Emissionen um 50 Prozent zu reduzieren - nach einem Spieldurchgang von 60 Jahren? Was passiert wenn die Erderwärmung trotz „grüner“ Energien weiter steigt? Landen wir alle wieder in der „Kuhdung-Kultur“?

Ziel des Spieles ist vorrangig die Vermittlung von Zusammenhangswissen zwischen Klimaaufheizung, Energiealternativen und globalen Katastrophen als Folgen des Klimawandels – spannend, unterhaltend und lehrreich!
Unweigerlich erwächst den Spielern (etwa Schülern) ein Gefühl der Verantwortlichkeit des Handelns für die Zukunft der Atmosphäre und damit des Lebens auf der Erde – was zu dichten, über Kommunikation laufende Beziehungsmuster führt, die Neues, auch im sozialen Alltag, vermuten lassen.
Nebenziel von „Cooling down!“ ist die Einübung in kommunikativ unterstützte soziale Fähigkeiten, um im spielorientierten Dialog zu „vertrauensbildenden“ Gemeinsamkeiten in der Absprache von Entscheidungen zu kommen.
Zielgruppe: Vordergründig wendet sich das Spiel an junge Menschen ab 14 bis 16 Jahren aufwärts, die an den neu sich stellenden Aufgaben einer humanen und nachhaltigen Bewältigung der absehbaren Folgen des Klimawandels interessiert sind oder interessiert werden sollten – an Schulen, Betrieben, Universitäten, auf Konferenzen - und am Familientisch!
Im Kern aber geht es darum, das Spiel als Brücke zum vertrauensbildenden Gespräch zu „instrumentalisieren“ – es wird, wie Tests mit Jugendlichen zeigen, seinen Charme entfalten, es wird, eingesetzt beispielsweise in multikulturellen Kreisen der Jugendszene (Schulen, Jugendhäusern, Kirchen, Umweltgruppen etc.) mindestens die Dialogintensität erhöhen, Brücken der Verständigung über formale Fremdheiten hinweg bauen helfen.

Dem „Homo ludens“ die Zukunft überlassen
Das Wort „spielen“ hat im deutschen Kulturkreis einen negativen Beigeschmack. Spielen, das dürfen Kinder und, nach klarsten Regeln, gelegentlich auch mal die Erwachsenen. Niemals darf aus dem Spiel mehr werden als Spaß. Mit der Realität, so will es die kulturelle Realverfassung in Deutschland, spielt man nicht.
Das Gegenteil ist richtig.
Friedrich Schillers bekannter Satz vom „Menschen, der nur da ganz Mensch ist, wo er spielt“ ist kein romantisches Gefasel, sondern eine recht rationale Feststellung. Das Spiel und sein Rohstoff: Entfaltung von Vertrauen wie Kreativität – manchmal auch Kooperationsfähigkeit – durch sprachlich getragene Beziehungsbrücken ist weitgehend noch unentdeckt – und das ausgerechnet in Deutschland, eben dem Lande Friedrich Schillers.
Johan Huizingas Studie über den spielenden Menschen („Homo ludens“) ist vor fast 70 Jahren erschienen, niemand hat ihr bisher ernsthaft widersprochen.
Das Spiel öffnet die Chance für ein: „Thinking outside the box“, also die Chance, im Geschehen des Spieles ergebnisoffene Situationen zu schaffen, die durch Kreativität, Kooperation, Glück und (Verhandlungs-)Geschick) und – eben (Ab-)Sprachen - erobert werden wollen.
Das ist allein das Geheimnis gelungener didaktischer Lernspiele: Sie helfen sprachliche getragene und damit gefühlte Erfahrungen der Ebenbürtigkeit zu machen, mit sich selbst, aber vor allem mit dem anderen, um dann, spielerischer geworden, mitten im „Neuen“ – Mullah Nasrudin hätte seine Freude – wie selbstverständlich, die Vertrauensbrücken zum anderen, dem plötzlich nicht mehr ganz so Fremden, beziehungsgetragen gehen zu können, selbstverständlicher!

Die Miteinander-Kultur, sie wäre, über das spielerische erobern des Spieles, über das sprachlich zu entfaltende Beziehungsgeflecht zwischen den Mitspielern ein Stückchen weiter auf den (Vertrauens-)Weg gebracht worden. UND: Das so zukunftswichtige, nur individuell herauszubildende Qualifikationsprofil hin zu einer aus Erfahrung gewachsenen interkulturell kompetenten Persönlichkeit wird – so nebenbei – ein Stück weiter kompletiert.

Genau das braucht wohl die Zukunft: Die qualitativ neuen sozialen Herausforderungen - seien es die global-kulturellen Folgen der KlimaUN-Gerechtigkeit, die nicht-gelingende, die stotternde sozio-kulturelle Vertrauensbildung zwischen Fremdheiten durch eine Kreativitätsförderungsinitiative an der Stelle entscheidend voranzubringen, um die es geht:
Den Menschen aus dem Joch der Strukturen und Verfahren herauszuholen, ihm die Chancen zu öffnen, die Überlast der Blockaden, der Routinen durch spielendes Mit-Einander zu überwinden, den Zugewinn an Kreativität, der stets wertfrei sein wird, mutig den Weg zu neuen Ideen oder zum Mitmenschen – getauften wie ungetauften, wer fragt dann noch danach? – zu öffnen.4)



Das Spiel: „Cooling down!“ ... im Test der 12-Klässler



„Cooling down!“, das Weltklimaspiel, ist vom Autor entwickelt, es wird zur Zeit getestet und in die englische Sprache übersetzt. Es soll weltweit zum Einsatz kommen, idealerweise in Schulklassen, die, so sie multikulturell zusammengesetzt sind, den spielenden Schülern „so nebenbei“ nicht nur Zusammenhangs- und Handlungswissen zum Klimawandel prozesshaft vermitteln, sondern sie auch – das ist das verdeckte Ziel – erfahren und erleben lassen, was es heißt, in Kooperation, als „Weltgemeinschaft“, sprachlich ebenbürtig, um die gemeinsame Zukunft der Erde zu ringen.


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IV.) off-topic: Musikrezensionen

Hier hänge ich wieder die Rezensionen an, die ich zwischenzeitig für den folkigen Rundbrief schrieb und rund schickte, in der Hoffnung, dafür doch noch ein paar Leute zu interessieren:
IV.1.) Konzertrezension: Tom McConville & Dave Wood am 14.5.2007 beim Folk im Feuerschlösschen in Bad Honnef

Folk vom Newcastle Fiddler

Zu diesem Feuerschlösschenkonzert kam ich erst kurz nach der Pause, da sich noch ein Vortrag über „Wer vertritt den Islam in Deutschland?“ in meinen Terminkalender geschoben hat, von dem ich im interreligiösen Rundbrief berichten werde. So bekam ich noch etwa die Hälfte mit, aber „richtige“ Reporter kommen ja oft auch nur, um mal kurz hinein zu hören, und schreiben trotzdem über das Konzert.

Tom McConville, ein älterer Herr mit zurück gekämmtem Haar und Dave Wood, ein Jüngling mit Lockenkopf boten ein ungleiches Bild, wie sie da, ersterer mit Geige, letzterer mit Gitarre auf der Bühne im Feuerschlösschen standen. 30 Lebensjahre trennen die beiden, Dave ist 24, Tom 54. Das erste, was ich hörte, waren ein paar flotte Fiddletunes, begleitet mit Gitarre, aber sie boten dann auch langsamere Sachen an, und Tom sang auch ein paar Lieder. Fiddlespiel und Gesang lagen in einem nicht kleinen Kontrast zueinander, denn war ersteres mitunter sehr filigran, so war letzterer eher urwüchsig. Die Musik war nicht explizit als English Folk angekündigt und hörte sich auch eher irisch-schottisch an, manches aber auch norwegisch und anderes klassisch. Tom war unverkennbar der Kopf des Duos, denn Dave begleitet nur, zumindest in der zweiten Konzerthälfte, die ich erlebte. Passend zur Herkunft der beiden gönnte ich mir ein Newcastle Brown Ale, entspannte mich und genoss einfach die schöne Musik und das leckere Bier aus dem Norden Englands; mochte den Islam in Deutschland vertreten wer wollte, Tom und Dave vertraten gekonnt und angenehm die britische Folkmusik

http://www.tommcconville.co.uk/
http://www.folkimfeuerschloesschen.de.vu/

MAS

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IV.2.) Konzertrezension: Marcel Adam am 18.5.2007 im Bungertshof in Königswinter-Oberdollendorf

Lothringische Mundart, französische Chansons und deutsche Liedermacherei

Nun ist man mal pünktlich schon gegen 19.30 Uhr im Bungertshof, da ist der Saal noch völlig leer, und nur eine Gitarre und eine Mandoline auf der Bühne verraten, dass man sich nicht im Termin vertan hat. Er saß noch im Biergarten, Marcel Adam aus Lothringen, zusammen mit seiner Frau Claudia, seinem kleinen Hund und Gerd und Martina Schinkel. Na, dachte ich, da sitzen ja die richtigen beisammen, Petra und ich wurden dazu gebeten, uns schon begann die Fachsimpelei über Deutschfolk, den Folker! und sonstiges Folks, aber davon will ich hier gar nicht berichten. Nicht nur Iren nehmen es mit der Zeit gemütlich, auch Franzosen – und ein solcher ist Marcel als Lothringer ja – aber auch Saarländer lassen sich nicht durchs Leben hetzen, so dass cum tempore sich der Künstler auf die Bühne begab, vor der sich mittlerweile ein 44 Ohren zählendes Publikum eingefunden hatte. Marcel ist wohl die zehnfache Menge gewohnt, was zu betonen er immer wieder einen Anlass fand.

Nun ja, so möchte sich so mancher beim Lesen der Ankündigung gedacht haben, für einen Sänger mit Gitarre sich in den Bungertshof zu begeben, lohne sich nicht, und mit Lothringer Mundart mag so mancher wohl auch nichts anzufangen wissen. Französisch ist schon schwer genug, und dann auch noch im Dialekt! Aber nein weit gefehlt, auf Französisch sang Marcel nur ein paar wenige Lieder, und Lothringisch ist so wenig Französisch wie beispielsweise Elsässisch oder – der Vergleich wird Marcel besser gefallen und ist philologisch auch korrekter – Saarländisch, Pfälzisch oder Nordbadisch, denn zu dieser rheinfränkischen Dialektgruppe gehört das Lothringische, was man zweifelsfrei auch heraus hört. Als ich erst mal neugierig CDs von Marcel hörte, war ich über diese Nähe doch einigermaßen erstaunt. Es hat nun keineswegs damit zu tun, Elsass-Lothringen „heim ins Reich“ holen zu wollen, wenn man also einen Franzosen, dessen Muttersprache ein deutscher Dialekt ist, ins Rheinland einlädt. Nein, es hat etwas damit zu tun, dass Marcel Adam nicht irgendein Bänkelsänger ist, sondern zwei Mundartbereiche weiter südlich (dazwischen liegt ja noch der moselfränkische Bereich, aus dem ich stamme) eine gefragte Größe, die in Saarbrücken, Ludwigshafen und Mannheim ein großes Stammpublikum hat, in Ludwigshafen vielleicht sogar mehr als in Saarbrücken, wie ich nach den vielen Seitenhieben auf die Saarländer zwischen den Liedern mutmaße. Die Pälzer und die Saarlänner sind da so in etwa wie hier die Rheinländer und die Westfalen oder wie weiter südlich die Badener und die Schwaben. Und die Lothringer? Ja von denen weiß wohl kaum noch einer, dass sie existieren, so als eigene Ethnie neben Elsässern, Bretonen, Okzitanen, Basken und Korsen. Lothringisch soll – anders als Elsässisch – am Aussterben sein, weil es nur noch von den Alten gesprochen, den Jungen aber nicht mehr beigebracht wird. Marcel, der nun aber tatsächlich Französisch als erste und Hochdeutsch als zweite Fremdsprache lernte, hält erst recht – oder wie es auf Lothringisch heißt: grad’ze lääd (nicht grad’ze lääds, denn das sei ein saarländischer Sprachfehler, wie marcel erklärte) – die Fahne seiner Muttersprache hoch.

Und was sang er nun auf Lothringisch? Hauptsächlich waren es Alltagsgeschichten: Erinnerungen an die erste Liebe oder an die Oma, mahnende Worte darüber, wie hart die Frauen für die Familie arbeiten müssen, eine Schilderung einer lustige Beerdigung, über die Wäschkisch (Waschküche) als häuslichem Lebensmittelpunkt und dergleichen sehr persönliche und damit authentische Dinge. Die Melodien erinnerten zum Teil an deutsche Schlager, zum großen Teil aber sehr an französische Chansons, und wenn sich dann hin und wieder ein französisches Wort einschlich, hatte ich das Gefühl: das passt! Aber es gab auch ein paar hochdeutsche Lieder, darunter eines, das Gerd Schinkel aus dem kanadischen Französisch übersetzt hat und das von einem Mord an einem Apotheker handelt (es ist auch auf der CD „Starke Frauen“ die ich noch rezensieren werde) und von den Höhnern „Das schönste Mädchen vom Westerwald“. Und da fällt mir ein, dass Marcel etwas mit den Huusmestern gemeinsam hat: Die Abneigung gegenüber der zwangsläufigen Verbindung von Mundart und Karneval. Er meinte, die Kollegen im Saarland sängen immer nur vom Lyoner Wurst, die in der Pfalz von Weck, Worscht un Woi und die in Köln von Kölsch, Karneval und Lecker Määdsche (bzw. das waren meine Ergänzungen zu den Lyoner), aber man könne auch ernsthafte Texte auf Mundart singen. Kann man, ja! Aber auch hier wie bei den Huusmeistern: Distanz zur karnevalistischen und ähnlichen oberflächlichen Vereinnahmung von Mundart lässt leicht übersehen, dass auch diese Texte oft nur vordergründig so oberflächlich erscheinen. Mit dem schönsten Mädchen vom Westerwald, das ja übrigens auf Hochdeutsch ist, macht Marcel bewusst eine Ausnahme, und betonte stolz, er sei wohl der einzige Franzose, der das im Repertorie hat.

Ich fand die Begegnung mit Marcel Adam sehr interessant. Einen besseren Vertreter des „Europas der Regionen“, das ja so oft propagiert wird, lässt sich wohl kaum denken. In erster Linie fühlt er sich als Lothringer, in zweiter Linie als Franzose. Sein Hauptpublikum hat er im rheinfränkischen Dialektbereich, aber auch sonst eher in Deutschland als in Frankreich. Und doch ist seine Perspektive auf Deutschland, wie man vielen ironischen Bemerkungen über deutsche Eigenarten entnehmen kann, eine französische. Er wohnt in Grosbliedertroff, direkt an das Saar auf lothringischer Seite und gegenüber dem Saarländischen Kleinblittersdorf. Claudia, seine Frau, ist Saarländerin und erträgt seine Witze über ihre Landsleute und deren eigenartigem Dialekt, der durch viele kleine Feinheiten doch etwas anders ist als das Lothringische, was mir aber von selber nicht auffiel, mit Humor. Was sich liebt, das neckt sich, und für mich hörte es sich nicht viel anders an als Gerd Dudenhöfer. Unser Bereich hier ist jenseits seines regionalen Bewusstseins, so fragte er, wo denn der Westerwald sei und ob wir hier noch in Rheinland-Pfalz seien. Nun ja, ich musste auch nachgucken, ob Chalons sur Marne noch in Lothringen ist und fand heraus, dass es zur Champagne gehört und fand auch erst durch einen Blick in einen historischen Atlas heraus, dass der deutsch-, also lothringischsprachige Teil Lothringens nur ein kleiner Teil der Region ist, und die Orte, in denen ich schon war, zum Beispiel Verdun, Nancy und Bar le Duc schon weit im französischsprachigen Teil liegen.

Wer nun neugierig geworden ist, hat am 15.6. die Gelegenheit, Marcel zusammen mit Helmut Eisel in Linz zu hören und/oder sich seine CDs zu kaufen. Seine neuste CD gab er mir mit, und ich werde sie noch rezensieren.

Noch was zum Bungertshof: Ein großes Lob an die Küche für die sehr leckere Folienkartoffel mit gebratenen Pilzen, an die Winzerfamilie Broehl-Blöser aus Oberdollendorf für den süffigen milden Portugieser und an die Höfe-Brauerei für ihr nicht Kölsch heißen dürfendes Obergäriges (+++; Farbe: mittelgelb; Duft: sehr samtig, süßlich-würzig; Geschm.: dto., sehr vollmundig; Abg.: dto., lang, intensiv, auch süß-sauer-herb), kein Lob für den Kellner dafür, dass er immer noch nicht wusste, wo denn das Bier gebraut wird. Ich bin gespannt, ob ich da beim nächsten Besuch im Bungertshof eine andere Antwort bekomme als „irgendwo in der Pampa“.

http://www.marcel-adam.de
http://www.folker.de/200105/adam.htm
http://www.bungertshof.de/


Zu den erwähnten Huusmeistern vgl.:
Huusmeister am 17.3.2007 beim Folk im Feuerschlösschen in Bad Honnef
online: http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2007/04/konzerrezension-huusmeister-am-1732007.html
Und wer was über moselfränkische Mundartmusik wissen will lese meine CD-Rezis:
Woltähr. Trierer Venus
Woltähr. Trier by night
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2004/07/cd-rezension-wolthr-trierer-venus.html bzw. http://tinyurl.com/axchx und http://www.folkig.de/reviews/woltaehr.php3
und auch
Walter Liederschmitt & Andreas Sickmann. Treverer Barden. Trier/Mosel
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2006/02/cd-rezension-walter-liederschmitt.html bzw. http://tinyurl.com/977wx
und
Woltähr. Trier night & day. bonus tracks 2001 – 2005
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2006/02/cd-rezension-wolthr-trier-night-day.html bzw. http://tinyurl.com/9ype6

Und bei weiterem Interesse an ripuarischer Mundartmusik ohne Karnevalsklischees:
Wibbelstetz. De Kopp voll Dröhm
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2005/09/cd-rezension-wibbelstetz-de-kopp-voll.html bzw. http://tinyurl.com/75mpc
und
Günter Hochgürtel. Troubadour. Günter Hochgürtel singt eigene und andere Lieder.
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2005/10/cd-rezension-gnter-hochgrtel.html bzw. http://tinyurl.com/dsbzy

Interessanterweise sind sowohl Walter Liederschmidt, als auch Günter Hochgürtel sehr frankophil.

MAS


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IV.3.) Konzertrezension: Bach meets Celtic am 3.6.2007 in der Nommensens-Kirche in Bonn-Beuel-Pützchen

Es war ein Gemeindefest einer evangelischen Gemeinde in Pützchen, einem Ortsteil von Beuel, was wiederum ein Stadtteil von Bonn ist, op dr schäl Sick, also rechtrheinisch. Pützchen ist vor allem wegen Pützchens Makt bekannt, Deutschlands größtem Rummel jedes Jahr im September. Das Gemeindefest der Nommensens-Kirche war klein und überschaubar, mit Reibekuchen, Würstchen, Steaks, Kartoffelsalat und Kölsch, Kaffee und Kuchen, Hüpfburg für die Kinder, Theater- und Musikaufführungen, darunter das des Bach meet Celtic – Projektes, das vor kurzem noch „Bach meets Irish Folk“ hieß. Ich vergaß nach dem Grund der Umbenennung zu fragen. Das Konzert bildete am Sonntagnachmittag den Abschluss des Gemeindefestes, es fand in der Kirche statt, die zwar nicht groß ist, dafür aber recht voll war.

Die Besetzung des Ensembles (das Wort passt hier besser als „Band“) war etwas anders als bei meinem letzten Besuch. Cembalo, Akkordeon und Orgel wurde wieder von Hubert Arnold bedient und die Uilleann Pipes von Tom Kannmacher und von Alexander „Näx“ May, der auch Tin Whistle spielte, aber statt Heike Kosmider bediente diesmal Ann Kölsch die Fiddle und statt Charlotte Schmidt spielte Anna Lück auf der Harfe. Julian Görtz und Matthias Höhn waren anderwärtig verhindert und somit nicht anwesend. Und Stefen Hennes war auch nicht da.

Worin es bei dem Projekt geht, nämlich die Konfrontation und Verbindung von traditioneller irischer Musik mit der von Johann Sebastian Bach bzw. der seiner Familie und Zeitgenossen, habe ich schon geschrieben. Mir fiel nun auch nicht sonderlich auf, wie anders das Repertoire war, so sehr anders war es wohl nicht, aber mit fiel auf, dass Toms Ankündigung, schwer geübt zu haben, stimmte. Ja, es passte nun alles noch besser zusammen, Sets, die sich aus Stücken beider Musikrichtungen zusammen setzten, bildeten in sich eine harmonische Einheit, ohne dass alles einfach gleichgeschaltet war. Nicht nur die Fiddle, sondern auch die Tin Whistle wirkte überzeugend bei den deutschen barocken Stücken, allein bei den Uilleann Pipes hapert es noch. Das aber lag nicht an den Musikern, sondern, wie mir Tom erklärte, daran, dass die irischen Sackpfeifen nicht temperiert waren. Nein, das hat nun nichts mit dem schwül-warmen Wetter dieses Sonntags zu tun, sondern damit, dass die Abstände zwischen den Noten nicht gleichmäßig sind und somit die Pipes anders gestimmt sind als es für die deutsche Barockmusik und überhaupt auch für die Klassik und so weiter nötig wäre. Das lässt sich nicht ändern, es sei denn, man würde ein neues Instrument bauen, aber dann wären es keine irischen Uilleann Pipes mehr. Und so schräg war es auch gar nicht, nur hier und da passte es nicht so ganz, aber das machte durchaus auch einen Teil des Reizes dieser Fusion aus. Und die Kombination Orgel & Uilleann Pipes gefiel mir wieder wunderbar!

Auch das gemeine, äh, Gemeinde-Publikum war ganz hin und weg und verlangte ein paar Zugaben. Ws mich nur wunderte, war, dass ihm gar nicht erst großartig erklärt wurde, worum es ging, sondern Hubert machte recht kurze Ansagen und ließ die Musik dann für sich sprechen. Das tat sie dann auch und sprach die Evangelischen aus Pützchen auch an. Auch für ein paar Folkies, die weit aus anderen Stadtteilen angereist kamen – oder gar geradewegs von einem Gig aus Bad Neuenahr – Ahrweiler – war das eine neuer Hörgenuss. Margret Hüffer, Michael Heuser, Sabrina Palm und Jonathan William lauschten gespannt und fasziniert.

Es gibt mittlerweile auch eine CD des Projekts. Die Rezi davon muss ich aber noch schreiben.

vgl. auch meine frühere Rezi:
Bach meets Irish Folk am 3.12.2006 in der Nachfolge-Christi-Kirche in Bonn-Beuel
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2006/12/konzertrezension-bach-meets-irish-folk.html

MAS

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IV.4.) Konzertrezension: Günter Gall & Konstantin Vassiliev am 15.6.2007 beim Folk im Feuerschlösschen in Bad Honnef

Zeitreise nach Stockholm im Jahre 1768

Das war mal ganz was anderes. Als der in Dortmund wohnende Russe Konstantin Vassiliev anfing, auf der Gitarre zu zupfen, begann ich, entspannt dieser schönen und feinen Musik zu lauschen, und dachte, das werde ein stiller Abend des gehobenen Musikgenusses, wohl aber ein wenig ohne Mitreißendes dabei. Als dann aber der in Osnabrück lebende Niederrheiner Günter Gall aus der Tür des Nebenraumes ins Foyer trat, gekleidet in Rokokospitzen und einen Schellenbaum kräftig auf den Boden stampfte, so dass das so rein gar nicht zur Stimmung der Gitarre passte, war wohl nicht nur ich überrascht und gespannt, was da wohl kommen werde. „Stockholm im Jahre 1768“ rief er in den Saal und begann zu erzählen von Carl Michael Bellmann, der in einer Dichtung einer illustre Runde von Lebemännern und –frauen rund um einen gewissen Fredmann ein Denkmal gesetzt habe. Diese Runde war wohl mehr oder weniger frei erfunden, aber zu den Vorbildern gehörte wohl auch Bellmann selber, der mit seinen Freunden ein geradezu epikureeisches Lebens führte.
Günter sang nun also Lieder aus den Sammlungen „Fredmans Lieder“ und „Fredmanns Episteln“, zum Glück ins Deutsche übersetzt, wofür eine reihe deutscher Dichter verantwortlich zeichneten, die sich des schwedischen Nationaldichters – ja als solcher gilt Bellmann – angenommen hatten. Es ging zu einem nicht geringen Teil ums Saufen. Trink- und Kneipenlieder, mal deftig in Vorfreude auf einen feuchtfröhlichen Abend oder schon in angeheiterter Stimmung oder auch melancholisch, wenn die Geldbörse leer oder aber der Kopf schon zu voll des Weines war oder wenn nach durchzechter Nacht aus Brummschädelperspektive die Welt gar zu traurig und ihre Vergänglichkeit allzu offensichtlich war. Natürlich blieb auch die Liebe oder zumindest das geschlechtliche Verlangen nicht aus, und da wurde vor allem einer gewissen Dame namens Ulla gedacht, die sich der sauflustigen Herren wohl all zu gerne angenommen hatte. Die engen Gassen der schwedischen Hauptstadt, das geschäftige Treiben im Hafen, die Dürftigkeit billiger Wohnungen, die ländliche Idylle außerhalb der Stadt, das alles wurde besungen. Dabei erinnerten die Melodien nicht selten an Mozart, während mir schwedisch eigentlich nichts vorkam, außer wenn Günter mal eine Strophe auf Schwedisch sang. Und geradezu als Kontrast zum epikureischen Günter Gall zupfte Konstantin Vassiliev in stoischer Gelassenheit seine Gitarre und bediente zwischendurch mal ein Harmonium. Er sagte mir auch, dass tatsächlich auch ein Stück von Mozart dabei gewesen sei. Er war ja ein Zeitgenosse Bellmanns.

War das nun Folk? Na, wer wird das schon so eng sehen? Es war ein interessanter Ausflug 200 Jahre zurück, akustischer Geschichtsunterricht sozusagen, und ein Unterricht in einem mir bislang unbekannten Teil schwedischer Kultur. Eine schwedische Dame im Publikum war mit Bellmann viel vertrauter. Mike Kamp wunderte sich, dass nicht noch mehr Schweden gekommen waren. Nun ja, vielleicht hatten sie zu viel Bellmann in der Schule. Wer weiß?

Folk im Feuerschlösschen ging nach diesem letzten Konzert des ersten Halbjahres 2007 in die Sommerpause und erwartet neue Musiker und alte wie neue Zuhörer im September wieder.

Hompage von und Infos zur Günter Gall:
http://www.guenter-gall.de/
http://www.folker.de/200506/08guentergall.htm

Infos zu Konstantin Vassiliev:
http://www.orphee.com/solos/vassiliev.html


Infos zu Carl Michael Bellmann:
http://de.wikipedia.org/wiki/Carl_Michael_Bellman
http://www.waggonhalle.de/veranstaltungen/2000/0011bagge.htm

Homepage des Folk im Feuerschlösschen e.V.:
http://www.folkimfeuerschloesschen.de.vu/

MAS

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IV.5.) Konzertrezension: Tannahill Weavers am 22.6.2007 im Bungertshof in Königswinter-Oberdollendorf

Schottlands härteste Folkband lässt den Bungertshof beben

Nun ja, zumindest kenne ich keine schottische Folkband, die härter spielt, aber eines nach dem anderen: Wenn ich es richtig zusammenzähle, hörte ich sie sein Anfang der 1990er nun zum vierten Mal. Da hätte ich ja eigentlich auch Red Cardell auf dem Marktplatz hören können, die, wie mit meine Kommilitonin Yolande berichtete, auch ein mitreißendes bretonisches Konzert boten. Aber ich hatte im Bungertshof schon zugesagt, dass ich komme, und so ging ich auch dahin.

Dort standen dann aus Zuschauerperspektive von links nach rechts John Martin (Fiddle, Bassgesang), Phil Smillie (Querflöte, Tin Whistle, Bodhrán, Harmoniegesang), Roy Gullane (Gesang, Gitarre, Gitouki (so nenne ich mal das eine Instrument, das halb wie eine Gitarre und halb wie eine Bouzouki aussah)), Leslie Wilson (Gitarre, Bouzouki, Keyboards, Gesang) und Colin Melville (Highland Bagipe). Und direkt bei den ersten beiden Stücken zeigten sie ihre zwei Stärken: schnelle pipelastige Tunes und mehrstimmiger Gesang, und das alles auf eine harte, druckvolle, mitreißende, laute, ja gerade zu martialische Weise, so als wollten sie gleich die blaue Flagge mit dem weißen Andreaskreuz hissen und damit über die Hügel stürmen, um die Engländer oder sonst wen das Fürchten zu lehren. Trotz seines zur Flagge passenden Vornamens ergriff ein Andreas im Publikum auch sogleich die Flucht in der Pause. Ihm war es einfach zu laut, zu songlastig und zu hart. Mir gefiel es, ich wäre sonst auch kaum zum vierten Mal zu einem Tannie-Konzert gegangen. „The Standard On The Braes O’Mar / Haughs O’Cromdale” ist so ein Song aus kriegerischen Zeiten, der mich einfach immer wieder überwältigt. Unsere Bonner Lokal Heroes haben ihn auch im Repertoire, aber ich finde, den bringt niemand so gut wie die Tannahill Weavers. Oder Roys Leadgesang begleitet vom Harmoniegesang von Phil und Leslie, auch bei langsameren Stücken, „a kind of love songs“, einfach phänomenal! Oder auch Highland Pipe und Tin Whistle im Duett, letztere dabei natürlich durch ein Mikro verstärkt, erstere nicht: da sind die Highlands so weit und melancholisch, Moorhühner steigen auf, Wolkenfetzen lassen ab und zu einen Blick auf die kahlen Gipfel der Monroes zu. So schottisch können wohl doch nur echte Schotten klingen, auch wenn Roy in Groningen wohnt, in den Niederlanden, und Leslie gar in England. Letzterer spricht auch gut deutsch – und kann so auch diese Rezi lesen – und sagt, seine Frau habe fest gestellt, dass die Männer ihres Wohnortes – der, wo der Glasgower Flughafen liegt – früher sehr hässlich gewesen seien, was die Männer heute mit ihnen gemeinsam hätten, was er kommentierte: „Nun, damit muss ich leben. Und sie auch.“ Phil, bei dem mir eine komische Bewegung von Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand aufgefallen waren, da diese bei der Tin Whistle dort Löcher zuzuhalten schienen, wo die linke Hand zuständig war, zeigte mir dann einen Trick: Tippt man mit besagten zwei Fingern ganz schnell auf Mittel- und Ringfinger der linken Hand, so dass diese ganz kurz das zweit- und drittoberste Loch der Whistle schließen, kommt ein kurzer Triller zustande, den man mit der linken Hand alleine so nicht hinkriegen würde. Na, man lernt doch nie aus, das muss ich mal üben.

Eigentlich hätte ich einen Whisky bestellen sollen, aber so klischeehaft muss man ja auch nicht sein, obwohl bei dem Wetter ... (Ja, ich habe mir jetzt, da ich dies schreibe, einen eingeschenkt, einen Loch Lomond Single Malt – leicht nach Apfel, etwas zitronig, leicht rauchig, fruchtig, recht mild dabei, vor allem im Abgang auch leicht süßlich.) Aber ich kann Euch endlich verraten, wo denn das Höfe-Bräu gebraut wird, das sie im Bungertshof seit ein paar Monaten neu im Ausschank haben, nämlich in Herborn in der Bären-Brauerei, wo ja auch die obergärigen Biere von Steffens seit über einem Jahr gebraut werden. Frau Jansen, die Wirtin hatte es mir neulich mal erklärt, dass das eine Sonderanfertigung sei für ein paar Restaurants hier in der Umgebung, so auch den Margaretenhof auf der Margaretenhöhe im Siebengebirge, wo ich sie auch traf und fragen konnte. Leider aber haben sie das Weizen wieder aus dem Verkehr genommen, da es zu sehr geschäumt habe. So halte ich mich an Kölsch oder Export, und kann das auch für das nächste Mal dem Leslie empfehlen, der meinte, in Jever Fun sei doch gar kein Fun drin. Na, ich hoffe doch, dass es ein nächstes Mal gibt, denn die Tannies höre ich mir auch gerne zum fünften Mal an.



Tannahill Weavers:
http://www.tannahillweavers.com/
Bungertshof:
http://www.bungertshof.de/

MAS

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IV.6.) Konzertrezension: Solas am 24.6.2007 in der evangelischen Kirche in Höhr-Grenzhausen

Urbaner amerikanisch-irischer Rhythm & Reel in Westerwälder Dorfkirche

Dieses Konzert besuchte ich im Auftrag des Folker!, allerdings nicht wegen Solas, sondern um den Veranstalter Uli Schmidt über die Kleinkunstbühne Mons Tabor e.V. und die Veranstaltungsreihe „Musik in alten Dorfkirchen“ zu interviewen. Über diesen Zusammenhang verliere ich hier also kein weiteres Wort sondern vertröste Interessenten auf meinen Heimspiel-Artikel, den ich für den Folker! 05.07 noch schreiben werde. Ich sollte einfach ein Konzert der Reihe besuchen, und ich wähle Solas.

Solas hörte ich nun zum dritten Mal, nach ihren IFF-Auftritten 2004 und 2005 nun aber erstmals ein ganzen Konzert von ihnen, mit Pause gut 2 ½ Stunden full power. Und das in einer Kirche, die in ihren 800 Jahren wohl schon so manches erlebt hat, und auch nach diesem Konzert sichtlich unbeeindruckt stehen blieb. Ich indes bin nicht aus Stein und Holz, und mich beeindruckte es tief. Die Kirche war rappelvoll, aber Uli hatte Petra und mir Plätze reserviert und mich sogar offiziell als Vertreter von Deutschlands wichtigster Folk-Zeitschrift begrüßt. Uih, da kam ich mir aber vor ...

Im Altarraum bauten sich die fünf Musiker(innen) auf, aus Zuschauerperspektive von links nach rechts: Seamus Egan aus Pennsylvania (Querflöte, Tenorbanjo, Mandoline, Gitarre, Low Whistle), Mick McAuley aus Irland (Akkordeon, Low Whislte, Gesang), Deidre Scanlan auch aus Irland (Hauptsängerin, Fiddle), Winifred Horan aus New York (Fiddle, Gesang) und Eamon McElholm wiederum aus Irland (Gitarren, Keyboard, Gesang). Full power war von Anfang an angesagt: ein grooviges, treibendes Liebeslied auf Gälisch, gefolgt von einem Reelset. So ging das weiter, schnell, sehr schnell, noch schneller, ungemein rhythmisch und das ganz ohne Percussion, so rhythmisch, dass die Melodien manchmal nicht so richtig durchkamen, was aber auch an der immensen Lautstärke lag, die mir nichts ausmachte (Petra meint manchmal, ich sei schwerhörig), über die ein paar Leute in der Pause aber lamentierten. Rhythm & Reel, wenn es den Begriff nicht schon gäbe, müsste er für Solas erfunden werden. Richard Schubert schreibt im CrossRoots-Lexikon außerdem auch was von Celtic Swing und Newgrass. Ja, das passt. Aufbauend auf traditioneller Spielweise wurde es ungemein jazzig, urban, newyorkerisch, aber das war nicht aufgesetzt, sondern kam aus der Mitte heraus. Die beiden Seiten des Nordatlantiks begrüßten sich und tanzten miteinander, vom Empire State Building wehte die orange-weiß-grüne Flagge mit 50 Sternen um eine Harfe herum oder viel mehr um Akkordeon, Banjo und Fiddle. Es gab auch ruhige Stücke, Instrumentals und Lieder, bei einem solchen, dass ein wenig osteuropäisch anmutete – also nicht balkanisch, sondern eher russisch – war Fiddlerin Winifred selbst so gerührt, dass sie dem Publikum versichern musste, dass sie ansonsten ganz fröhlich drauf sei und es ihr gut gehe. Ein anderes Stück basierte auf Erlebnissen in einem Amsterdamer Coffee-Shop und klang französisch-musette-mäßig. Ja, der Balkan war auch vertreten, ganz klar, aber eingebettet in irische Tunes, ganz organisch, wie selbstverständlich. Standing ovations am Schluss, drei Zugaben wurden ihnen abverlangt. Sie sagten, das sei von allen Deutschlandtourneen, die sie bislang gemacht hatten, ihr schönstes Wochenende gewesen, am Freitag waren sie in Bad Rappenau beim Folk im Schlosshof, und nun in einer alten Westerwälder Kirche. Und das sagt eine Band, die sonst in riesigen Hallen spielt, wie in Chicago, wo sie ihren nächsten Gig haben. Mick hatte übrigens Geburtstag. Petra übrigens auch, Und so konnte ich die beiden Geburtstagskinder mal zusammen ablichten.

Was Uli mir dann im Interview erzählte, wie gesagt, davon berichte ich im Folker! 05.07. erhältlich im gut Sortierten Zeitschriftenhandel im September 2007 oder abonnierbar.
Ah doch, eine bat mich Uli zu erwähnen: Die Kreissparkasse Westerwald unterstützt die Konzertreihe großzügig und zuverlässig, dafür das im Gegenzug Werbung für sie gemacht wird.


Solas:
http://www.solasmusic.com/
Kleinkunstbühne Mons Tabor, Region Montabour:
http://www.kleinkunst-mons-tabor.de
Magnetic Music, Petr Pandula:
http://www.magnetic-music.com/
Folk im Schlosshof 2007:
http://www.folkig.de/news/news.php3#wn56
http://www.folk-im-schlosshof.de/index.htm?partner.htm


Hier zur Erinnerung die nächsten Termine der Musik in alten Dorfkirchen:

Kal am 22.7.2007 in Neuhäusel
http://www.asphalt-tango.de/kal/artist.html
http://www.musicballkan.com/kal.htm

Urs Karpatz am 5.8.2007 in Selters
http://www.urskarpatz.com/

Cantos del Pueblo am 23.9.2007 in Nordhofen
http://www.cantosdelpueblo.com/


MAS

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IV.7.) Konzertrezension: Capercaillie am 30.6.2007 auf dem Marktplatz in Bonn

Innovativer schottischer Folk beim Bonner Sommer

Der Bonner Sommer, die Freiluftkonzertreihe, die uns die Bundesstadt Bonn jeden Sommer umsonst und draußen präsentiert, steht in diesem Jahr unter keltischen Vorzeichen. Am letzten Freitag schon spielte die bretonische Folk Rock-Band Red Cardell, die ich aber nicht hören konnte, weil ich zeitgleich bei den Tannahill Weavers im Bungertshof war. Meine Kommilitonin Yolande indes war ganz begeistert von der Mischung aus traditionellen bretonischen und modernen rockigen Elementen von deren Musik und lamentiert nur etwas, dass das Bonner Publikum so gar nicht dazu zu bewegen gewesen sei, auf bretonische Weise zu tanzen, abgesehen von ganz am Schluss des Konzertes. Nun ja, aber das ist doch normal.

Nun zu Capercaillie musste ich aber hin. Doch bevor ich von diesem Konzert berichte, mache ich einen kleinen subjektiven Rückblick in das Jahr 1992. Da hörte ich nämlich Capercaillie zum ersten Mal, und zwar auf dem Irish Folk Festival in der Schwabenlandhalle in Fellbach. Und schon damals gefielen sie mir ausgezeichnet. Noch ein halbes Jahr vorher, im März 1992 hörte ich im Rahmen des St. Patrick’s Day Celebration Festival in der Mensa der Tübinger Uni die in Liverpool ansässige Irish Folk Rock-Band Toss the Feathers. Auch die gefiel mir sehr gut, obgleich ihre Musik ganz anders war, rockiger, härter. Unter den Musikern viel mir aber einer auf, der sein Instrument, die Querflöte, besonders virtuos beherrschte. Ich wusste nicht, wer das war, überhaupt merke ich mir Namen von Bandmitgliedern nicht so leicht, sondern muss die häufig wieder nachlesen, doch bei diesem ist es was anderes, sein Name ist für mich (und nicht nur für mich) ein Markenzeichen innovativer keltischer Flötenmusik geworden: Michael McGoldrick, in Manchaster geborener Ire, Mitbegründer von Flook und seit Ende der 1990er Mitglied bei Capercaillie.

Nun zum Konzert: Der Marktplatz war voller Leute. Einige hatten sich rechtzeitig, also so gegen19 Uhr, an Tischen der Restaurant nieder gelassen, so auch einige unserer Bonner Folkies, wie Näx und Nicole, Margret, Michael Heuser, Mattes, Ralf Wolfgarten, Sabrina, aber die meisten standen, so auch Till Storz, Manuel, Karsten, Ralf Wackers, Winni. Margret war sogar extra aus Ostfriesland, wo sie zu einer Familienfeier war, rechtzeitig zurück gekommen, um Capercaillie hören zu können. Ralf stand hinterm Mischpult in Platzmitte und schickte mir ein paar Bemerkungen, die Ihr unten lesen könnt.
Auf der Bühne tat sich ab 20 Uhr auch was. Von links nach rechts aus Zuschauerperspektive standen und saßen dort Ewen Vernal (Bass), dahinter Che Beresford (Drums), dann wieder vorne Karen Matheson (Gesang), Charlie McKerron (Fiddle), Michael McGoldrick (Querflöte, Low Whistle, Uilleann Pipes), Donald Shaw (Keyboard, Akkordeon), Manus Lunny (Bouzouki, Gitarre) und recht hinten in der Ecke, David Chimp Robertson (Percussion; Bodhrán), der aus Petras und meiner Perspektive, die wir neben dem China-Restaurant an der Hauswand standen, leider durch einen Bühnendachtragepfeiler verdeckt. Sie spielten den für sie typischen, modernen, etwas poppigen, leicht jazzigen, ganz leicht rockigen und doch immer folkigen Folk, hauptsächlich schottisch, aber auch mal irisch, und natürlich mit allerlei Einflüssen aus genannten anderen Musikrichtungen und auch vom Balkan. Das war ein sehr voller Sound, ein großenteils wiegender und keineswegs hektischer Rhythmus, der vom Schlagzeug merklich, aber unaufdringlich angetrieben wurde. Viele Folkies mögen ja keine Schlagzeuge, so meinte auch Margret, das hätte man ruhig weg lassen können, während meine Kommilitonin Yolande meinte, der Schlagzeuger hätte ruhig noch ein bisschen mehr Einsatz zeigen können. Wie war das mit den Geschmäckern? Meines Erachtens passte es sehr gut zu der Musik von Capercaillie, und unterstützte sehr angenehm den manchmal funkigen Stil von Bass und Gitarre. Karen sang mit markanter, doch schön femininer Stimme. Fiddle, Flute und Akkordeon zeigten, das man Jigs und Reels nicht im Affenzahn herunter spielen muss und diese trotzdem schnell und mitreißend klingen können. Fiddle und Akkordeon brachten auch mal ein wenig Cajun-Stimmung hinein, und Fiddle im Zusammenspiel mit den Uilleann Pipes klangen zwischendurch mal bluegrassig, obgleich die Pipes ja kein Bluegrassinstument ist (oder sind? „Pipes“ ist ja Plural). Ja, da sind wir ja schon beim Michael McGoldrick. Sein Pipesspiel erinnerte mich in seiner jazzig-poppigen Art an Davy Spillane, sein Flute- und Whistlespiel an ... Michael McGoldrick. Ja, gut, das Flutespiel auch mal Ian Andersson, aber wer ist hier der Meister? Michael hat einfach einen ganz eigenen Stil, den zu beschreiben meine Kenntnis übersteigt: mal traditionell irisch, mal funkig, mal jazzig, mal balkanisch und das alles in einer Mischung, die ein Ganzes bildet. Nicht umsonst ist er Vorbild für viele Flöter und Whistler. Ich fragte Margret, die doch sonst die zu modernen und balkanischen Einfluss in der irischen und schottischen Musik nicht so schätzt, warum ihr dieses Konzert so wichtig gewesen sei. Antwort: Michael McGoldrick. Nach meiner Einschätzung hat sich die Band seit 1992 extrem weiter entwickelt, aber so genau sind meine Erinnerungen an damals auch wieder nicht. Zweieinhalb Stunden und zwei Zugaben vergingen viiieeel zu schnell!!!

Wie oben erwähnt stand Ralf Wackers hinterm Mischpult und schickte mir ein paar Bemerkungen zu, die ich hier als Gastbeitrag hinzufügen darf:
Capercaillie waren schon klasse, auch wenn sicher viele das Schlagzeug verflucht haben, waren Schlagzeuger und Bassist exakt aufeinander abgestimmt und haben einen tollen Teppich für den Rest der Band gelegt.
Ich stand hinter dem Mixer. Berufsbedingt guckt man natürlich was die Kollegen so machen. Er fummelte mir zu viel in die Stücke rein, so dass sie sich nach dem Start noch teilweise hart veränderten. Instrumente drehte er zu spät auf, oder vergas sie einfach. Und mir war die Bassdrum zu laut, so dass die Folkinstrumente etwas untergingen. Ausserdem zerrte sie im Kick. Die Snare kam größtenteils nur von der Monitoranlage. Irgendwann hat er es dann doch gemerkt und den Mute `rausgedrückt. Irgendwie hatte ich das Gefühl, er verliert teilweise die Übersicht. Dem Mixer der Verleihfirma ging es wohl sichtlich ähnlich wie mir, aber er sagte nichts. Der Kunde ist eben König!
Und zur Erklärung lieferte Ralf noch nach:
Die "Mute"-taste schaltet einen Kanalzug aus und damit das Mikrofon für das Publikum stumm, lässt aber den Monitorweg bestehen. Das passiert jedem mal (auch mir), dass man den vergisst wieder einzuschalten. Dafür haben die meistem Mischpulte eine große rote Lampe
an der Taste. Die Snare rasselt gerne, wenn sie nicht gebraucht wird, weswegen er sie wohl weggedrückt hat.

Soweit Ralf, mit einer Expertise, die ich nicht hätte liefern können.

Capercaillie:
http://www.capercaillie.co.uk
http://de.wikipedia.org/wiki/Capercaillie
Bonner Sommer:
http://www.bonn.de/tourismus_kultur_sport_freizeit/bonn_ist_kultur/bonner_sommer/?lang=de
MusicContact, Rainer Zellner
http://www.musiccontact.de


Und hier zur Erinnerung die nächsten keltischen Bonner Sommer-Termine:

Urban Trad am 14. Juli, 20 Uhr Marktplatz
Trans-European sound adventure
http://www.urbantrad.com/
http://de.wikipedia.org/wiki/Urban_Trad
http://www.folker.de/200603/20urbantrad.htm

Beoga am 4. August, 20 Uhr Marktplatz
New Folk Wizards
http://www.beogamusic.com
Und vgl. auch meine Rezi:
The Irish Folk Festival – Tunes for Tara Tour am 15.11.2005 in der Philharmonie in Köln
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2005/11/konzertrezension-irish-folk-festival.html bzw. http://tinyurl.com/bvnoeKeltische Nacht – Oidhche na Gàidhlig des Deutschen Zentrums für gälische Sprache und Kultur am 11. August, 20 Uhr Marktplatz
http://www.schottisch-gaelisch.de
Vgl. auch Punkt I.8. unten, denn das dürfte mehr oder weniger identisch sein

Tri Yann am 8. September, 20 Uhr, Marktplatz
http://de.wikipedia.org/wiki/Tri_Yann
http://www.folker.de/9806/triyann.htm

MAS

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IV.8.) 17. TFF.Rudolstadt 6.- 8.7.2007 – Eindrücke

Das TFF, also das Tanz & Folk Fest in Rudolstadt steht seit Jahren ganz fest in meinem Kalender, und nun zum dritten Mal besuchte ich es nicht nur als Musikfreund, sondern auch als Journalist für den Folker! und den folkigen Rundbrief. Meine journalistische Tätigkeit beschränkte sich nun aber in erster Linie auf das Fotografieren, denn zusätzlich zu der üblichen Doppelseite mit Fotos vom TFF, sollen künftig auf der Folker!-Homepage noch mehr Fotos veröffentlicht werden. Und wenn ich dann ein paar Lichtbilder dabei habe, die unserem Bildredakteur Ingo Nordhofen gut genug dünken, wird man sie demnächst irgendwann online begutachten können. Interviewaufträge hatte ich sonst keine, sperrte aber trotzdem nicht nur meine Augen, sondern auch meine Ohren weit auf, um zumindest im folkigen Rundbrief ein wenig von dem Fest berichten zu können. Anders als im letzten Jahr gehe ich jetzt nicht themenmäßig, sondern chronologisch vor.

Ankunft am Samstag und eine nicht offizielle Reggae-Band

Ich bin ja immer nur am Samstag und Sonntag vor Ort, so dass ich vom Freitag oder gar vom Sonderkonzert am Donnerstag nichts berichten kann. Aber am Samstag von 10 bis 23 Uhr und am Sonntag von 11 bis 23 Uhr war ich dort und bekam schon einiges mit von dem, was 125 Solisten, Ensembles, Band mit 1091 Musiker aus 29 Ländern bei 245 Auftritten auf 26 Bühnen darboten. Petra und ich übernachten ja immer bei unserm Freund Lothar in Suhl, was auch noch eine Autostunde entfernt liegt. Gerde rechtzeitg kam ich am Samstagmorgen zu Folker!-Mitarbeitertreffen, und konnte mich danach in den Musikgenuss stürzen. Den ersten Musikkontakt hatten wir mit einer Reggae-Band, die vor dem Kino außerhalb des eigentlichen Festivalgeländes spielte und gar nicht im Programm stand. U-Free hieß sie, spielte flott und rhythmisch, auch mit Trompete und Saxophon ein wenig jazzig, und zudem sehr laut.

Mein Höhepunkt direkt am Anfang – Alkinoos Ioannidis aus Zypern

Wir mussten erst noch die vorbestellten Karten in Armbändchen umtauschen und ich meinen Presseanstecker besorgen, spinxten mal kurz in den Tanzworkshop im Stadthaus, zu dem Tants in gartn eydn aufspielte, wobei es aber sehr stark nach dem Schweiß der Tänzerinnen und Tänzer roch, dann passierten wir die Absperrung in den Innenstadtbereich, passierten einige Straßenmusiker und den Marktplatz, auf dem gerade die Brassberries aus England spielten, stoppten kurz am Folker!-Stand, wo uns Lutz einen der Werbe-Luftballons mit der Aufschrift „Folker! liebt Dich“ mitgab, der kurz darauf als Folge der sich im Sonnenlicht ausdehenden Luft zerplatzte, und stiegen hinauf zur Heidecksburg, um einen zypriothischen Liedermacher zu hören, auf den ich durch die Sonder-Klingende Post von Old Songs New Songs aufmerksam geworden war. Und ja, dieser junge Bursche mit seinen drei Mitstreitern (ich lasse Aufzählung von Bandmitgliedern in diesem Bericht mal weg, aber wer sie haben möchte, mag mich fragen, sie stehen nämlich im Programmheft) bot eine Musik mit Gitarre, Laute, Cello, Perkussion, Keyboard, Bass und vor allem Stimme, die mich total begeisterte. Es waren teils traditionelle, teils eigene zypriotische und griechische Lieder mit allerlei mediterranen und orientalischen Einflüssen, mit Polyphonien, mit Satzgesang, mit viel- und mehrschichtigen Einsätzen der Instrumente: da war es gar nicht nötig, auch noch die Texte zu verstehen, um das genießen zu können. Die Moderatorin hatte gesagt, Alkinoos Ionannidis gebe keine Interviews und mache keine Werbung und habe erst durch sie erfahren, dass seine Fans eine Fanhomepage ins Netzt gestellt haben. Ich fragte ihn aber lieber selber mal, und nein, er habe schon viele Interviews gegeben, aber ja, er meine, es sei nicht notwendig, auf diese Art Werbung für sich zu machen, die mache er lieber nur durch die Musik, und die habe ihm auch schon Platin eingebracht. Die meisten seiner Fans lebten in Griechenland und auf Zypern, wo man auch seine Texte verstehe, aber er habe auch Fans in USA, und englische Übersetzungen der Texte wolle er auch mal ins Netz stellen, wobei es auch Deutsche gebe, die extra griechisch lernten, um seine Texte zu verstehen. Das liest sich hier jetzt so, als habe er von einem hohen Ross zu mir herab gesprochen, aber nein, er war sehr freundlich und offen.

Pause auf der Burgterasse mit Dziuks Küche im Hintergrund

Vom Innenhof der Heidecksburg mit der großen Bühne sind es nur ein paar Meter hinunter zur Burgterrasse. Dort spielte Danny Dziuk mit seiner Band Dziuks Küche eine Art deutschen Folkrock mit humorvollen Texten. Doch waren die Wiese vor der Bühne und die nun der Bühne gegenüber statt wie bisher an der Wiesenseite aufgebaute Tribüne proppevoll, so dass wir nur noch hinter der Tribüne Platz für unsere Faltstühle fanden, und da war die Akustik so schlecht, dass wir von den Texten nichts verstanden und auch die Musik nicht richtig mit bekamen. Aber es gab Thüringer Bratwürste und Apoldaer Glocken-Pils (auf der Burgterrasse ist der einzige Bierausschank, bei dem es kein Köstritzer gibt, wobei mit das Köstritzer Edel-Pils eigentlich doch besser schmeckt, da es nicht so bitter ist, aber so zur Bratwurst ist mit das etwas bitterere Apoldaer auch recht), zudem den Blick über die Stadt, von woher zwei, drei andere Konzerte herauf schallten, dann kam noch Folker!-Kollegin Sabine Froese mit ihrem Mann vorbei und wir tauschten Erfahrungen und Meinungen aus, und bald hieß es weiter gehen, zum nächsten Konzert.

Vertreter des ursprünglich geplanten Länderschwerpunkts Tansania – das Mlimani Park Orchestra

Das fand wieder auf der Bühne im Burghof statt. Gut, dass die Bühne wirklich groß ist, denn das Mlimani Park Orchestra spielte mit elf Leuten, und das ist nur die Sparbesetzung. Ursprünglich war ja Tansania als Länderschwerpunkt für dieses TFF geplant gewesen, aber es war wohl zu schwierig, genug Musiker von dort zu organisieren, so dass nun die USA den Schwerpunkt bildeten. Drei Sänger, etliche Perkussionisten und Gitarristen, ein Trompeter, ein Saxophonist spielten zum Tanzen auf. Man konnte aber auch sitzen bleiben, was wir auch taten, und während diese ungemein rhythmische und melodiöse, aber nicht sehr abwechslungsreiche Musik auf mich einwirkte, entspannte ich mich total und schlief ein, zwar nur ganz kurz, aber hinterher war ich wieder voll frisch und genoss die Musik weiter und konnte nicht aufhören, mitzuwippen. Es gibt meines Erachtens keine Musik, die so eine fröhliche und entspannende Wirkung zugleich hat wie afrikanische Musik in ihrer Mischung aus Traditioneller Musik, Pop und Jazz.

Navajo Punk: Blackfire

Durch eine Bemerkung Michael Kleffs neugierig geworden, wollten wir uns anschließend Blackfire anhören, wozu wir in den Heinepark mussten, also runter von der Burg, quer durch die Innenstadt, hinüber auf die andere Seite der Saale, an deren grünem Strande besagter Park liegt, der mit großer Bühne, Tanzzelt und Konzertzelt nebst Kinderspielplatz auch immer ein wichtiger Veranstaltungsort beim TFF ist. Unterwegs trafen wir Bijan beim Tanzzelt; wo sonst? Aus dem Konzertzelt dröhnte uns eine Musik entgegen, die ich als Heavy metal, Punk oder sonst was eingestuft hätte, niemals aber als Musik der Navajo. Aber doch, es war welche, erstgenanntes aber auch. Die drei Geschwister Klee, Jenenda und Clyson Benally gaben auf E-Gitarre, E-Bass und Schlagzeug und mit Gesang eine Metal- oder Punk-Musik zum Besten, bei der ich mir Typen wie ZZ Top vorgestellt hätte, aber es waren tatsächlich Navavo, ohne Bärte, aber mit langen Haaren. Wie kann so ein schlanker Bursche wie Klee so eine tiefe, röhrende Stimme haben? Die Ansagen zwischendurch wiesen auf die Benachteiligung der Indianer in den USA, auf die Zerstörung der Wildnis, auf Krieg und Terror überall auf der Welt und die Notwenigkeit der Solidarität aller fried- und naturliebenden Menschen hin. Aus der Musik konnte ich solche Themen nicht heraushören. Und dann kam doch noch etwas He-ya-ya-Gesang, wie man ihn sich vorstellt.

Ruth-Preisverleihung an Etta Scollo, Mike Kamp, Charlie Mariano und Achim Reichel

Und wieder ging es hinauf auf die Burg. Wie üblich, gab es dort nun am Samstagabend die Verleihung der Ruth, des Deutschen Weltmusikpreises. Wie schon anlässlich der 2005er Ruth-Verleihung erwähnt, ist Folk jetzt in „Weltmusik“ integriert, auch wenn eingefleischte Folkies das bedauern. Aber gerade die diesjährige Verleihung dürfte Folkies wieder versöhnen, denn zumindest zwei der vier Preisträger sind eindeutig Folkies und keine Welties oder integrieren letzteres in ersteres. Im Übringen gab es dieses Mal keine Newcomer-Ruth, da der neue Wettbewerb Creole dieser irgendwie das Wasser abgrub, aber es gab eine Globale und eine Deutsche Rurth und zwei Ehrenruths.
Die Globale Ruth ging an die in Deutschland und Italien aufgewachsene Sizilianerin Etta Scollo, die eine jazzbeeinflusste Version traditioneller sizilianischer Musik mit Gesang, Streichern, Mandoline, Rahmentrommeln und singender Säge zum Besten gab, natürlich das alles nicht alleine, sondern unterstützt durch drei Mitmusiker. Auf diese Weise rettet sie eine alte, bäuerliche Musiktradition, ohne sie zu viel zu verändern, in die Moderne.
Die erste Ehrenruth ging an Mike Kamp für seine musikjournalistische Arbeit seit 30 Jahren. Er begründete den Folk-Michel und gibt nun seit 1998 den Folker! mit heraus. In seiner Bescheidenheit lehnte Mike es ab, im Folker! selbst gefeiert zu werden, aber wir Mitarbeiter ließen wir ihm zu Ehren (und zu Werbezwecken) schon erwähnte Luftballons vor der Bühne in den Abendhimmel steigen. Das rührte ihn dann doch. Und es platzte (fast) keiner!
Die zweite Ehrenruth ging an den amerikanisch-deutschen Saxophonisten Charlie Mariano für sein Lebenswerk. Zusammen mit Musiker(inne)n aus Südindien bot er uns eine Mischung aus traditionell indischer Musik auf diversen Trommeln, Mridangam und Gesang und Jazz auf dem Saxophon. Ich hätte kaum gedacht, dass das geht und sich auch noch so gut anhört.
Die Deutsche Ruth ging an Achim Reichel für seine „Volxlieder“. Der Hamburger Folkrocker sang auf seine rockige Weise eigene und alte deutsche Volkslieder. Dabei erinnerte er mich mal an Hans Albers, mal an Shane McGowan von den Pogues, und auch die Instrumentalbegleitung mit Gitarren, Geige, Akkordeon, Schlagzeug, Mandoline, diversen Whisltles und Flöten war sehr irisch beeinflusst, zum Teil aber auch bluegrassig und countryähnlich. Das war echt mitreißend, zu erleben, wie er bekannte Lieder, ein wenig verfremdet, aber gut erkennbar präsentierte. Und wo erlebt man es sonst, dass in der ersten Reihe stehende Männer mit tätowierten Oberarmen und Piratenkopftuch auf dem Schädel „Der Mond ist aufgegangen“ mitsingen?
Ich möchte extra auch mal den Multiinstrumentalisten Frank Wulf erwähnen, der sowohl Etta Scollo, als auch Achim Reichel auf Gitarre, Mandoline, Tin Whisles, singender Säge und anderen Instrumenten begleitete. Hut ab!

Tagesabschluss mit Nathan & The Zydeco Cha Chas

Nach so einem Konzert kann man ja schlecht schon in die Heia gehen, sondern braucht noch was zum Nachtisch. Auf der total überfüllten Burgterrasse spielte noch Nathan Williams aus Lousiana mit seiner Band heiße Zydeco-Musik, die zum Runterkommen eigentlich nicht geeignet war, sondern nur noch mehr anheizte. Wir standen auf dem Abgang zur Burgterrasse und schauten von oben auf die Bühne und konnten kaum still stehen, so jagten uns die Two Steps und dergleichen in die Beine. Nathan mit einem riesigen weißen Akkordeon und Gesang, Mark William mit dem Waschbrett, zwei weitere Brüder und noch zwei Musiker mit Gitarre, Keyboard, Schlagzeug und Bass holten die Swamps nach Rudolstadt. Was nun aber der Unterschied zwischen Zydeco und Cajun ist, ob es an der schwarzen Hautfarbe der Zydeco-Musiker liegt oder woran sonst, dass das hier nicht „Cajun“ hieß, dass muss ich noch heraus finden. Vielleicht frage ich mal Rainer Zellner, ihren Tourmanager, der mich ja auch in Bonn beim Capercaillie-Konzert auf diese hier aufmerksam machte. Oder ich lese mal den Zydeco-Artikel im TFF-Programm und sage Euch Bescheid, wenn es darin erklärt wird.
Ah, und schon schickte mir Rainer Zellner eine Erklärung:
„Cajun ist rein weiße Musik, abgeleitet von der Kultur der Acadiens, die per schicksalsvoller Geschichte aus Frankreich über Canada nach Louisiana kamen. Typisch sind Walzer und Two Steps. Hauptinstrument Knopfakkordeon, Geige. Rhythmus spielt die Triangel. Gesungen in altmodischem Französisch. Zydeco ist die Adaption von Cajun durch die Kreolen, abstammend durch die Vermischung von u.a. Südamerikanern und Afrikanischen Sklaven. Deswegen auch Blues, Rock'n'Roll und Karibische Rhythmen neben Walzern, Foxtrotts und Two Steps. Beides ist Tanzmusik!“
Leider hatte Lothar Kopfschmerzen, so dass wir uns doch los rissen und die einstündige Rückfahrt nach Suhl antraten.

Achim Reichel im Schminkkasten

Am Sonntag ging es noch mal mit Achim Reichel weiter, und zwar im Schminkkasten, einem kleinen Theaterraum, in dem Mike Kamp immer Musiker interviewt. Dieses Mal interviewte hier ein Ruthpreisträger den anderen. Achim zeigte sich ein wenig belustigt darüber, dass es doch tatsächlich Hörer gibt, die meinten, ihn darauf aufmerksam machen zu müssen, dass er die Volkslieder ein wenig verfremdet singt, als ob ihm das aus versehen unterlaufe und er das nicht absichtlich mache.

Country, wie man es nicht erwartet – die Old Time Music der Crooked Jades

Hier geht es nicht um Verfremdungen, die die Erwartungen ent-täuschen, sondern eher darum, dass wir uns so sehr an einen bestimmten, von Nashville geprägten Countrysound gewohnt haben, dass die alte Art, Country zu spielen, uns ungewohnt vor kommt. Diese alte Art, die so in den 1920ern Oldtime genannt wurde, wurde uns beim TFF im Konzertzelt im Heinepark von den Crooked Jades vorgeführt, einer Band von der amerikanischen Westküste, wo diese Art der Musik eigentlich nicht tradiert wurde. Statt in Cowboy- oder Westerkleidung standen sie da in Anzügen oder im weißen Kleid, Jeff Kazor, Robin Aigner, Josh Rabie, Seth Folsom und Charlie Rose, die übringens auch von Rainer Zellner gemanagt werden. Auf Fiddle, Gitarre, Ukulele, Slide Guitar und Kontrabass, sowie mit Gesang spielten und sangen sie Tanzmusik, wie sie anno dazumal auf dem Lande im Osten der USA zu Tanzveranstaltungen aufgeführt wurde. Instrumental überwogen, wobei manchem auch mal acht Takte gesungen wurde, mehr aber nicht. Seth sang aber auch mal ein langsames Lied, anderes erinnerte an Gospellieder, eine alles in allem sehr mitreißende Musik.

Norwegische Geiger – Majorstuen

Und wieder ging es hinauf auf die Heidecksburg, auf dessen großer Bühne sechs junge Norwegerinnen und Norweger, Ranhild Furebotten, Jorun Marie Kvenberg, Andreas Ljones, um nur die Hälfte zu nennen, uns eine reine, traditionelle norwegische Streichmusik zu Gehör brachten. Geigen und Cellos kamen zum Einsatz, mehr nicht. Aber auch das ging ab, urig, etwas schwerfällig und doch flott. Die mittlerweile einsetzende Mittagshitze ließ indes weniger uns Menschen tanzen als einen Schwarm fliegender Ameisen, der den Burghof bald erfüllte. Die Tierchen hatten anscheinend Orientierungsprobleme und stießen andauernd mit uns Zweibeinern zusammen und krabbelten dann auf uns herum. Das Ende des Konzerts warteten wir trotzdem ab, da die Musik einfach zu schön war, verließen dann aber die Stätte, auf der wir uns ohne die Ameisen sonst noch das Magie-Projekt „Magic Keyboards“ angesehen und -gehört hätten.

Deutsch-Kanadischer Singer/Songwriter – Delf Maria Hohmann

Ein paar Ameisen hatten sich auch in andere Orte der Stadt verirrt, aber dennoch waren wir Menschen im Amtgerichtshof, einem gemütlichen Innenhof, wieder mehr oder weniger unter uns, abgesehen von den Mauerseglern und Turmfalken, die über uns um die Häuser kreisten. Delf Maria Hohmann hatte ich tags zuvor im Medienbüro getroffen. Ich hatte ihn vor zwei Jahren in Rudolstadt kennen gelernt. Er ist ein alter Folker!-Mensch, lebt aber seit 1982 oder so in Neufundland, in Kanada. Hier nun trat er als Straßenmusiker mit Gitarre, Banjo und kanadischen Liedern auf, zumeist auf Englisch, mit skurillen Beziehungsgeschichten und anderem zum Inhalt, dann aber auch „Frère Jaques“ auf Inuktitut, der Sprache der Inuit. Leider waren die Musiker auf der Neumarktsbühne draußen vor dem Tor des Innenhofes so Laut, dass Delf dagegen schwerlich ankam. Seine Lieder kann man aber auch auf der CD „on both sides of the main“ bestellen.

Zum Abschluss – das Abschlusskonzert

Den Abschluss des diesjährigen TFF bildete zwar nicht das Abschlusskonzert, denn danach sang noch Laurie Anderson auf der Heidecksburg, aber für uns war es so. Michael Kleff führte durch das vierstündige Programm auf der großen Marktplatzbühne, ein Gewitter schien herauf zu ziehen, entschied sich aber zum Glück für einen anderen Weg, denn von den vielen Tausend Musik freunden, die sich hier noch versammelt hatten, hatte wohl kaum jemand Regenklamotten dabei. Ich traf auch Joergen W. Lang, der mir verriet, dass er sogar mehrmals aufgetreten sei. Schade, da hatte ich das Programmheft nicht ordentlich genug gelesen. Er spielte bei 3PO mit, einer Tanzband beim Tanzschwerpunkt Polonaise. Und ich traf Heijo Hütt vom Trio Plus aus Remscheid. Aber nun zum Abschlusskonzert: Hui, das kriege ich jetzt gar nicht mehr alles zusammen, wer denn da noch je drei, vier, fünf Stücke zum Besten geben durfte: Blackfire waren dabei, Dazkarieh, eine erstklassige Folkband aus Portugal, Rainald Grebe mit der Kapelle der Versöhnung, der deutsche Volkslieder satirisch auf die Schippe nahm und ein kritisches und doch lustiges Lied über Brandenburg sang, Majorstuen geigten noch mal, Shilpagya, eine but gekleidete Tanzgruppe aus Indien bot Akrobatisches zu langweiliger Musik an, eher was für’s Auge als für’s Ohr, Tutarchela, ein georgischer Frauenchor bezauberte durch Mehrstimmenpower, einige Musiker des Magic Keyboard-Projektes, zum Beispiel Lulinha Alencar aus Brasilien, boten noch Tango und dergleichen auf Akkordeons an, und zum Schuss des Abschlusses konnten wir mit Nathan & The Zydeco Cha Chas noch ein wenig abtanzen. Ich habe jetzt sicher wen vergessen, und bitte schon mal um Entschuldigung. Nicht vergessen hatte ich, dass mir Jutta Mensing noch gar nicht über den Weg gelaufen war. Die traf ich dann hinter der Bühne, doch war sie in heller Aufregung, weil einige ältere Musiker noch wohin chauffiert werden mussten und es da Probleme gab. Rainer Zellner beklagte sich bei mir, dass so viele deutsche Freunde der irischen Musik so enge Scheuklappen hätten, sobald es um amerikanische Musik gehe. Ich konnte ihm aber einige Namen von Bonner Irish-Folkies aufzählen, die da gar keine Berührungsängste haben.

Das war es dann also wieder für dieses Jahr. Wie immer habe ich mehr nicht gehört als gehört und manches musste ich mir mangels Bilokationsvermögen schweren Herzens verkneifen. Ich schwebte noch tage- oder gar wochenlang. Nun ja, nächstes Jahr – so Gott will – geht es wieder nach Rudolstadt. Und zwischendurch gibt es hier bei uns ja auch einiges an Musik.
Und ach ja: 2008 wird Israel der Länderschwerpunkt sein, die Rahmenprogramm das Magie-Instrument, der Rcok’n’Roll der Tanz des Jahres, und es wird auch mal wieder einen Deutschland-Regionalsschwerpunkt geben, nämlich Sachsen.



Hier noch ein paar Links zu Seiten des oder über das TFF und der oder über die oben erwähnten Musiker:

TFF
http://www.tff-rudolstadt.de/
http://de.wikipedia.org/wiki/TFF.Rudolstadt
Wenn Ihr hier rein schaut, seht Ihr, wie klein der Ausschnitt ist, den ich beschrieben habe:
http://www.tff-rudolstadt.de/htm/07/07.htm
Ruth
http://www.weltmusikpreis.de/
http://de.wikipedia.org/wiki/Ruth_%28Musikpreis%29
U-Free:
http://www.kulturmuehle.de/fileroom/u_free.html
Tants in Gartn Eydn
http://www.gartn-eydn.de
Alkinoos Ioannidis
http://www.rainaldgrebe.de/
Dziuks Küche
http://www.dziuks-kueche-de
Mlimani Park Orchestra
http://members.aol.com/dpaterson/mlimani.htm
http://www.masala-festival.de/aktuell/kuenstler/mlimani.shtml
Blackfire
http://www.blackfire.net
Etta Scollo
http://www.ettascollo.de
Mike Kamp
http://www.schallplattenkritik.de/bio/kamp.html
Charlie Mariano
http://www.charliemariano.de/
http://de.wikipedia.org/wiki/Charlie_Mariano
Achim Reichel
http://www.achim-reichel.de
The Crooked Jades
http://www.crookedjades.com
Majorstuen
http://www.majostuen.biz
Delf Maria Hohmann
http://www.biohof-gensler.de/Kunststation.html
Dazakrieh
http://www.dazakreih.com
Rainald Grebe
http://www.rainaldgrebe.de

Und wer wissen will, wer die Menschen sind, die ich dort so zwischendurch traf und im Text erwähnte:

Michael Kleff
http://www.wdr5.de/moderatoren/michael_kleff.phtml
Sabine Froese
http://komm.bildung.hessen.de/pipermail/politik/2004-December/002730.html
Bijan
http://www.bijan-derspielmann.de/
Joergen W. Lang
http://www.oreilly.de/catalog/csstdg3ger/translator.html
http://www.danmusic.de/band/joergen_d.html
Heijo Hütt
http://www.trioplus.de/seite1.htm

MAS

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IV.9.) Konzertrezension: Urban Trad am 14.7.2007 auf dem Marktplatz in Bonn

Das dritte keltische Konzert des diesjährigen Bonner Sommers, der seinen Keltenschwerpunkt wegen des derzeit in Bonn stattfindenden Keltologenkongresses erhielt, bestritt eine Band, die keine keltische Folkband im strengen Sinne ist, also weder aus einem heute keltischen Land stammt, noch sich ausschließlich oder auch nur schwerpunktmäßig der keltischen Musik verschrieben hat, aber die dennoch einen unverkennbaren Einfluss der keltischen Musik unterliegt. Es handelte sich um Urban Trad aus Belgien, und ja, die Belger waren Kelten, aber das ist lange her.

Der eigentliche Grund, Urban Trad zu buchen ist wohl in deren 2. Platz beim European Song Contest 2003 zu suchen. Das hatte mich damals sehr gefreut, dass eine Folkband bei diesem Schlagerwettbewerb so gut abschnitt. Umso enttäuschender war, dass Dervish, die dieses Jahr für Irland antraten, keinen einzigen Punkt erlangten. Ich hörte dazu verschiedene Meinungen, habe ihren Beitrag aber selber nicht gehört, und will dazu auch nicht mehr schreiben.

Der Marktplatz war kurz vor 20 Uhr bei weitem noch nicht so voll wie zur gleichen Uhrzeit vor dem Capercaillie-Konzert. Ist Capercaillie doch noch bekannter, auch beim „normalen“ Publikum, also nicht nur bei den Folkies? Aber auch bei Urban Trad füllte er sich schnell, nachdem sie erst mal angefangen hatten. Auch Bonner und Kölner Folkies waren dabei, wenn auch weniger als bei Capercaillie. Bijan war da, Till auch, und auch Ralf & Ellen.

Und wer war auf der Bühne: Aus Zuschauerperspektive stand zunächst links Dirk Naessens aus Leuven (Violine), Philip Masure aus Schoten (Gitarre), Yves Barbieux aus Gossellies (Blockflöte, Tin & Low Whistle, Sackpfeife, Bandleader), Sophie Cavez aus Woluwé (Diatonisches Akkordeon), dahinter von rechts nach links Cédric Waterschoot aus Elsene (E-Bass) und Michel Morvan aus Brüssel (Schlagzeug). Nach einem Instrumental traten noch Véronica Codesal aus Uccle und Soetkin Collier aus Beveren-Waas, die beiden Sängerinnen der Band hinzu. Außerdem gab es noch einen Musiker am Computer, der den eine oder anderen Rhythmus elektronisch beisteuerte. Das ging ordentlich ab, heftig, kräftig, groovig, folkig, poppig, etwas jazzig, und sich aus allerlei europäischen Musiktraditionen speisend, natürlich der irischen und schottischen, und auch der flämischen, wallonischen und französischen, der bretonischen, der galizischen, dann auch der bulgarischen, mazedonischen, ukrainischen, dass alles mal ordentlich von einander getrennt, mal in ungebremster Fusionsfreude. Die beiden Damen sangen auf Französisch, Englisch und in der Phantasiesprache, mit der sie besagten zweiten Platz des ESC gewonnen hatten, wobei das Lied „Sanomi“, das ihnen den Preis bescherte, in der Zugabe dran kam.

Sie verbreiteten eine ausgezeichnete und mitreißende Partylaune. Yves, Sophie und Dirk waren sehr gut auf ihren Instrumenten, sofern man das hören konnte, Philip und Cédric sicher auch, und die beiden Sängerinnen waren auch nicht ohne, aber leider leider übertönte nicht selten das Schlagzeug alles mit seinem dumpfen Rhythmus. Das war nicht schlecht, aber einfach viel zu laut im Vergleich zu den anderen Instrumenten. Und zu dumpf, zu schlagermäßig. Dass auch elektronischer Rhythmus zum Tragen kam, sei verziehen, wenngleich ich das bei Folk nicht sehr mag. Aber selbst Garmana erlebte ich mal darauf zurück greifend. Die Perfomance war profimäßig, vielleicht daher aber auch ein wenig zu showmäßig. Das sind so die kleinen Haare in der Suppe, die aber doch ganz gut schmeckte. Die Musik von Urban Trad ist meines Erachtens absolut massentauglich und kann Folkies, Schlagerfreunde, Volkstümliche und generell das partysüchtige Volk erreichen (Ferdi war außer Rand und Band), ähnlich wie DJ Ötzi oder die Zillertaler Schürzenjäger, aber doch zehnmal besser. Ich kann mir vorstellen, dass sie auf ihre Weise Leuten den Geschmack am Folk nahe bringen, denen der Einstieg zum Beispiel über Capercaillie zu schwierig wäre und die sonst schwerlich mit Folk in Berührung kämen. Ja, lasst Urban Trad das Musikantenstadl oder die Arena in Palma de Mallorca stürmen und erobern! Den Erfolg wünsche ich ihnen! Und nach Bonn können sie auch gerne wieder kommen, ich höre sie mir gerne wieder an.

Was Ferdi und mich auch besonders freute war, dass Cédric einen Rock trug, wenn auch unsommerlich einen langen schwarz-grünen. Damit zeigte er, dass er emanzipiert ist, und hoffentlich gucken sich das wieder mal ein paar Männer mehr ab. Es wird doch wirklich langsam Zeit, dass wir Männer uns vom Hosenzwang befreien, und zwar nicht nur Ferdi und ich und eine recht überschaubare Anzahl von Männerockbewegten, sondern generell!


Urban Trad:
http://www.urbantrad.com/
http://de.wikipedia.org/wiki/Urban_Trad
http://www.folker.de/200603/20urbantrad.htm

Bonner Sommer:
http://www.bonn.de/tourismus_kultur_sport_freizeit/bonn_ist_kultur/bonner_sommer/?lang=de

Keltologen-Kongress:
http://www.celtic-congress-2007.com/
http://www.kultur-in-bonn.de/nc/nachrichten/archiv/anzeige/article/1184495934.html


MAS

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IV.10.) Konzertrezension: Funxion am 25.7.2007 im Parkrestaurant Rheinaue in Bonn

Nein, das ist eigentlich keine Rezension, sondern nur eine Notiz. Gestern waren Petra und ich mal in den Rheinauen beim Sommerfestival im Biergarten des Parkrestaurents Rheinauen. Dort spielte eine neunköpfige Combo guten Funk & Soul. Es waren eine Sängerin (Svenja Schmidt), ein Sänger (Ralf Alreuther), ein E-Gitarrist (Oliver Stark), ein E-Bassist (Roman Fuchß), ein Schlagzeuger (Garbit Langosch), ein Keyboarder (Gregor Szopa), ein Trompeter (Claus Thormälen) und zwei Sayophonisten (Lothar Paul und Luc Rod). Petra, deren Musikstil es ja eher ist als der Folk, den ich sonst so gerne höre, meinte, die seien nicht so gut wie Souled Out, aber mir gefielen die Bläsereinsätze, die oft aus kurzen, trockenen Trompeten- oder Saxophonstößen bestanden (Souled Out haben keine Bläser) und das wirklich groovige, oft leicht versetze, mit langen und kurzen Takten abwechselnde Rhythmusspiel von Schlagzeug und Bass sehr gut. Zwischendurch sangen zwei Kinder „Alle meine Entchen“ mit Begleitung der Band. Köstlich! Leider war die Akustik an unserm Platz nicht sehr gut und das Publikum schwätzte munter drauf los. Die Ansagen verstanden wir fast gar nicht. Aber es kostet keinen Eintritt, wofür das Bier mit 3,40 € für 0,4 l Sion Kölsch oder Radeberger Pilsner oder noch etwas mehr für eine Hofbräu Hefeweiße etwas teuerer als normal ist.
Und traf ich wen aus der Bonner Folkszene? Ja, Keth war da, und wir fuhren zusammen mit der Bahn zurück.

Funxion:
http://www.funxion-liveband.de/
Parkrestaurant Rheinaue:
http://www.rheinaue.de

MAS

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IV.11.) Konzertrezension: Currach am 28.7.2007 auf dem 3. Michel-Fest in Siegburg

Das Michel-Fest ist zwar nicht nach dem FolkMICHEL, dem einen der beiden Vorläufer des Folker!, benannt, sondern nach dem Michel-Bier, dem Siegburger Kölsch, gebraut vom Siegburger Brauhaus Zum Roten Löwen, das seit einiger Zeit auch als Abteibrauerei firmiert und somit mit der Abtei auf dem Michaelsberg verbandelt ist, woher das Bier und dadurch das Fest ihren Namen haben, aber der Auftritt von Currach könnte schon zu solchen Gedanken führen und tat es bei mir ja auch. Das Wochenende war ja sehr verregnet, aber während des Konzerts schien die Sonne von einem blau-weiß-grauen Himmel auf die Wiese auf halber Höbe des Michaelsberges herab. Ganz oben auf dem Berg gab es auch Programmpunkte des festes, und auch unten in der Stadt nahe des Brauhauses, aber hier hatte ein Verein von Freunden des Mittelalters einen kleinen Kunst- und Handwerkermarkt organisiert und eine Bühne, auf der es aber keine mittelalterliche, sondern irische Musik zu hören gab, auch wenn sich Ralf, Ellen und Katja ein wenig mittelalterlich gewandet hatten. Ja, sie spielten nur zu dritt, Ralf P. Wackers auf Gitarre, Bouzouki, Mundharmonika, Banjo und Bodhrán, sowie Hintergrundgesang, Ellen D. Jeikner auf Tin Whistle, Gitarre, Harfe und als Hauptsängerin und Katja Mertens auf der Fiddle und mit Hintergrundgesang, aber es war noch ein vierter Künstler mit auf der Bühne, nämlich Florian Reiners, nicht als Musiker, sondern als Geschichtenerzähler, story teller, doch eines nach dem anderen.

Ellen begann den Gig mit einer traumhaft melancholischen Air auf der Whistle, woraus sich ein Jig entwickelte, in den die beiden anderen einstiegen. Dann folgten Lieder und Tunes in schöner, kurzweiliger Abwechslung, das Publikum lauschte andächtig oder wippte fröhlich im Takt mit, und genoss Michel oder andere Getränke. Florian erzählte zwischendurch als Fortsetzungsgeschichte, also immer wieder von Musik unterbrochen, die Geschichte von --- hups, wie hießen die Typen noch mal? ... jedenfalls von einem Wettrennen zwischen einem starken Burschen und einem schmächtigen Bettler, der aber aufgrund seiner Zauberkräfte ... ach das verrate ich lieber nicht, besucht lieber selber mal ein solches Konzert mit story teller. Ellen hatte die Geschichte aus dem Englischen übersetzt, wenngleich sie aus einer Zeit stammt, da in Irland noch niemand englische sprach, ja, in der noch nicht mal der heilige Patrick die Gestaden der Insel betreten hatte. Florian, ein gelernter Schauspieler, erzählte mit verstellten Stimmen, so dass es leicht fiel, sich nach Phantásien zu begeben und sich die grüne Wiese am Hang des Michaelsberges als irische Landschaft vorzustellen und die auf selbiger tollenden Kinder als die beiden Wettläufer. Die drei Musiker(innen) sorgten auch immer wieder für einen passenden Soundtrack.

[Hups, die Rezi ist ja noch gar nicht fertig und auch noch gar nicht rundgeschickt. Wer sie zu Ende lesen will, gebe mir Bescheid.]



Frühere Rezis zur Currach von mir:
Konzert: 1. Celtic Attractions Festival
Celtic Attractions – 1. Irish/Scottish Folkfestival im Zirkuszelt am 8.4.2005 in Köln-Weiß
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2005/04/konzertrezension-celtic-attractions-1.html bzw. http://tinyurl.com/85qdj
CD: Currach. Farewell to Old Ireland
In: Folker! 06.06, S. 79.
online: http://www.folker.de/200606/rezi-d.htm#05
und: http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2006/11/cd-rezensionen-fr-den-folker-0606.html
und länger hier:
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2006/10/cd-rezension-currach-farewell-to-old.html


MAS


IV.12.) CD-Rezension: Marcel Adam. Starke Frauen. Femmes de caractère

LEICO-music 2006 http://www.leico.de ; http://www.marcel-adam.de,
17 Tracks, 60:28, mit deutschen Infos, lothringischen, deutschen und französischen Texten, sowie Fotos

Der lothringische Liedermacher und Sänger Marcel Adam widmet seine mindestens sechste CD seit mindestens 1994 dem wahrhaft starken Geschlechte, dem weiblichen. Er lobt die Frauen, die ihr Schicksal tapfer (er)tragen, und das aus zweifelsohne männlicher Perspektive, voller Be- aber auch Verwunderung darüber, wie frau das alles so schafft, zum Beispiel alleine ein Kind aufzuziehen und sich dabei noch vom Tratsch der Leute verachtet zu fühlen. Oder er singt vom eigenen (fiktiven?) Fremdgehen und zugleich Verwundertsein, dass seine Frau sich das gleiche Recht heraus nimmt. Eine jungen Frau passiert es dummerweise, eines Mordes beschuldigt zu werden, obwohl das Blut am Messer ihr eigenes ist. Aber auch das Leben eines Klavierspielers wird in drei Strophen besungen, ein Liebeslied an das Saarland vor dem Krieg ist auch dabei und einiges andere.

Die Texte erfordern Aufmerksamkeit beim Zuhören oder man liest sie am besten mal mit, denn sie sind alle vollständig im Büchlein abgedruckt., z.B.:

Unne uff de Trepp, do steht e Kind
Es luhd in de Leere, so als wär es blind
Owwe uff de Brig wartet e herrlisch scheeni Frau
De longe roode Hoor fladdere im Wind
Din Babbe isch iwwerall gelond
Uff em Meer von Venus uff em Sond vom Mond
Dehemm im e Bunker waad e stolzi jungi Frau
Die kennt Baba nur vom Foto on de Wond.
(1. Strophe von „Elaine im Weltall“)

Und da sieht man schon, was einen Großteil des Reizes von Marcel Adams Liedern ausmacht, nämlich die Lothringische Mundart, ein Unterdialekt des Rheinfränkischen. Und da Lothringen nun mal in Frankreich liegt, mischt sich ab und zu auch mal etwas Französisch hinein:

„E alder Monn om Klavier
Verliert sich in e so scheener Souvenir
Wie isch die Zitt verfloh
Zitt domols do im Salon
De Finger flieh’n noch uff’s Klavier
Trotz all die Wehwesche unn
Magegeschwihr
Er denkt on e Mademoiselle
A oui, la vie était belle.
(3. Strophe von „Das Kind om Klavier.“)

Zwei Lieder sind fast vollständig auf Französisch und zwei auf Hochdeutsch, eines davon von Gerd Schinkel aus Köln aus dem kanadischen Französisch übersetzt: „Das Mädchen und der Apotheker“ von Felix Leclerc, bei dem es „La chanson du pharmacien“ heißt. Auf Türkisch ist nur ein Liedtitel: „Bir iki ütz“, also „Eins, zwei, drei“.
Die meisten Lieder stammen aus Marcels Feder, aber andere sind von Wolfgang Eickelberg und Pete Wyoming Bender, Nono Ferrer, Chopin, Angel Cabral und Enrique Dizeo oder eben Felix Leclerc. Und auch Herr oder Frau Trad. aus Mexiko ist einmal mit von der Partie.
Bei einigen Liedern wird Marcel auch stimm- oder klangkräftig unterstützt von Petra Lamy (Gesang), Méllanie Hamm (Gesang), Helmut Eisel (Klarinette)m Wolf Giloi (Klavier), Yann Loup Adam (Marcels Sohn; Klavier), Laurent Kremer (Gitarren, Ukulele, Tasteninstrumente, Drums, Gesang), Ivo Müller (Gitarre, Bass, Dobro), Sabine Heimsch (Cello), Joscho Stephan (Gitarre) Rainer Rodin (Gesang), Vincent Carduccio (Akkordeon, Gesang), Dirko Juchem (Sax, Klarinette), Helmut Engelhadt (Sax, Klarinette), Perre Paquette (Sax, Klarinette), Oliver Strauch (Schlagzeug), René El Payo (Gitarre, Gesang), Michel Sully (Gesang), Roland Helm (Gesang), und andere haben natürlich auch mit gestaltet, organisiert, aufgenommen und so weiter.

Die Melodien sind zumeist eher still, unaufdringlich, den nachdenklichen Texten entsprechend, aber auch ein echter Ohrwurm ist dabei, den ich manchmal vor mich hin pfeife, nämlich die Melodie von „Noh die Liebe geh’ ich hämm zu minni Frau.“

Trackliste:

Lisa im Donzpalaschd
Elaine im Weltall
Lolita Rose
Ich habe diese Frau geliebt
Noh die Liebe geh’ ich hämm zu minni Frau
Vor de Kriesch (Le sud)
Lousie unn de Ligne Maginot
Désirée von Lindenallee
Das Kind om Klavier
Die Menge (Que na die sepa mi sa frir)
Doña Gabriella
De kläne Dod von Papa Sitas
Regine, hibscher Giftzwersch
Bir iki ütz 2006
Das Mädchen und der Apotheker
Liane 2006
Bir iki ütz 2006 – Bonus

Ich wollte jetzt gerne den Link zu meiner Konzertrezension von Marcel Adam am 18.5.2007 im Bungertshof in Königswinter-Oberdollendorf hier angeben, aber ich habe sie noch nicht im Netz. Das wird nachgeholt.

Hier könnt Ihr Euch über den Rheinfränkischen Dialekt
http://de.wikipedia.org/wiki/Rheinfr%C3%A4nkisch
und hier über Lothringen
http://de.wikipedia.org/wiki/Lothringen
informieren.


MAS

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IV.13.) CD-Rezension: Tom Bombadil Folkband. dans mon village

Leiselaut 2007 http://www.leiselaut.de; http://www.tombombadilband.de/
13 Tracks, 49:53, mit deutschen Infos, Fotos und Zeichnungen

Rheinhessisch-französische Bordun-Tanzmusik

Wie ich an diese CD kam, das erzähle ich gerne bei einem Bierchen. Das ist recht kompliziert, und ich gehe hier lieber gleich in media res.

Roihesse war bekanntlich, wie der gesamte linksrheinische Bereich, von Zeit zu Zeit französisch besetzt, verwaltet, regiert oder wie auch immer. Das ist aber mindestens so 50 Jahre her, dass das das letzte Mal der Fall war, und eigentlich spielt das hier auch keine sonderliche Rolle, denn wir waren ja auch noch nie irisch besetzt und trotzdem spielen und lieben viele von uns die irische Musik. Und Tom Bombadil lebt ja bekanntlich auch nicht in Frankreich sondern in Mittelerde.

Der Titel der CD „dans mon village“ ist schon mal ein hübsches Wortspiel. Heißt es nun „in meinem Dorf“ oder „tanz mein Dorf“? Das Cover zeigt Dorfhäuser in Form einer Drehleier, eines Akkordeons, einer Gitarre und einer Sackpfeife die irgendwie schlumpfig anmuten. Der Inhalt – der CD, nicht der Häuser, aber vielleicht auch das – besteht aus fünf Liedern und acht Instrumentalstücken, großenteils in französischer Balfolk-, und bretonischer Fest Noz-, zum Teil aber auch in deutscher Volkstanztradition: Schottische, Walzer, Ridées, Polkas und Bourées und Lieder in rheinhessischer Mundart, einer Unterart des Rheinfränkischen, und eines auf Französisch. Die Idee, diese Traditionen zusammen zu bringen finde ich besonders schön. Sie ist nicht neu, sondern wird von vielen Balfolk- und Bordunbands praktiziert, ist also gewissermaßen typisch für die Szene. Gerade die Verwendung der rheinhessischen Mundart lässt die Musik der Tom Bombadil Folkband aber noch ein bisschen bodenständiger und in der Region verwurzelter erscheinen. Und trotzdem musste die Band die Erfahrung machen, auf die auch Harald Schmidt mal aufmerksam machte, als er sagte, man solle sich als Fernsehschauspieler nie eine Mundartrolle geben lassen, denn die werde nie ernst genommen. Im CD-Büchlein steht zum Lied „Frederike“: „Dieses schöne und traurige Lied haben wir in Hanns von der Aus Sammlung „Hessische Volkstänze“ gefunden. Bei unseren Konzerten lachen die Leute oft bei den ersten Strophen – vielleicht, weil Mundartlieder immer erst mal für lustig gehalten werden.“ Gut, dass sie sich diesem Problem stellen und der Mundart wie jeder Sprache das gesamte Spektrum menschlicher Themen zutrauen. Und zu diesem Spektrum gehören dann natürlich auch lustige Lieder, wie das über „Weck, Worscht und Woi“.

Die Musik selber ist tanzbar und rhythmisch auch ohne viel Percussion, was auch für die Lieder gilt. Zum Nurhören fehlt es hier und da etwas an Abwechslung bei den Arrangements, die mir doch ein wenig zu brav vorkommen. Themen werden bei der Widerholung so gespielt wie im ersten Durchgang, da würde ich mir etwas mehr Variation wünschen. Auch könnte für meinen Geschmack die Drehleier etwas lauter und durchdringender sein und mehr schnarren. Es gibt aber auch wirklich schöne zweistimmige Passagen von Drehleier und Akkordeon. Es ist also für meine Bedürfnisse keine ganz hervorragende, aber doch eine sehr schöne CD. Besonders freue ich mich darüber, dass da „Allons en Bois“ mit drauf ist, ein Schottischer, den ich oft und gerne von Elke Rogge in Tübingen gehört habe und bislang auf keiner CD hatte.

Wer spielt und singt nun mit: Lothar Schwab (Drehleier, Concertina, Mandoline, Gesang), Klaus Ebling (Diatonisches Akkordeon, Piano-Akkodeon, Gesang), Rudi Winkler (Dudelsäcke, Flöten, Bodhrán, Löffel, Gesang), Friedrich Vollrath (Gitarren, Bouzouki, Gesang) und als Gäste Nils Nolte (Holzquerflöte) und Frederick Schwamb (Becken).

Trackliste:
Allons en Bois, Varg Timmens, Bosse Nordins
Scottish du Marronnier, Gasdebois, Mominette
Frederike
La Belle Jardinière, La Mal Aimable
Ridées
Madeleine, Polka Champeix
Suite Plinn
Rosenstock
Valse Clog
Bourrées
Weck, Worscht un Woi
La Boite à Frissons
Wingertsweiber

Einige der Bandmitglieder spielen auch bei Goo Birds Flight mit.
Vgl. http://www.folker.de/200703/rezi-d.htm#06 bzw.
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2007/05/cd-rezensionen-im-folker-0307.html

MAS

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IV.14.) CD-Rezension: The Reel Bach Consort – Bach goes Celtic

Eigenverlag 2007, http://www.Kannmachmusik.de
14 Tracks, 40:09, mit ausführlichen deutschen Infos und Foto

Nun haben sie eine CD draußen, unsere Bonner Experimentalisten, die deutsche Barockmusik, vornehmlich von Johann Sebastian Bach (1685-1750) mit Irish Folk zu verbinden suchen und selbiges auch gekonnt bewerkstelligen und die sich nun The Reel Bach Consort nennen. Irish Traditionals oder das Concerto vom Turlough O’Carolan (1670- 1738) werden mit Stücken aus dem Bachwerkeverzeichnis BWV zu Sets kombiniert, aber auch Bach selber widmete ein Stück Irland, das er wohl damit zu erwecken hoffte (Ja, schlief es denn, oder war Bach etwa ein Rebell und sein Stück somit ein Rebel Song?) Tom Kannmachers und Alexanders Mays Uilleann Pipes und Hubert Arnolds Cembalo bilden schon ein merk-würdiges Gespann, was nicht negativ gemeint sind, sondern besagt, dass man es sich merken sollte. Tom und Näx holen aus den Pipes raus, was irgend geht, um zum Beispiel ein Gavotte zu spielen, Julian Goertz’ Bodhrán gibt einer Bourée einen wilden Rhythmus. Die Bach’schen Stücke werden auf diese Weise ein wenig vom höfischen Zeremoniell zurück geholt auf den Dorfplatz. Teilweise erinnert mich ihr Spiel an die Chieftains, die ja auch eine Art traditionell irischer Kammermusik aufführten.

Wer also meine beiden Konzertrezis gelesen hat und noch nicht die Kurve kriegte, ein Bach meet Celtic-Konzert zu besuchen, der greife beherzt zu dieser Scheibe, die eine Live-Aufzeichnung ist, wie ich dem einen oder anderen Huster aus dem Publikum entnehmen kann. Bach und O’Carolan würden sich freuen, denke ich, oder vielleicht sitzen sie auch gerade in einem himmlischen Pub zusammen und freuen sich tatsächlich.

Die Musiker(innen) sind:
Hubert Arnold: Akkordeon, Cembalo, Orgel
Tom Kannmacher: Uilleann Pipes, Flute
Alexander may: Uilleann Pipes, Flute, Tin Whistle
Matthias Höhn: Bouzouki, Mandoline, Gitarre
Anne Lück: Harfe
Heike Kosmider: Fiddle, Vocals
Julian Goertz: Bodhrán, Spoons, Gitarre

Trackliste:
The Battle of Aughrim / Return from Fingal (Trad.)
Wake Ireland, awake! (BWV 645)
Marche (V Anh. 126) / Carolan’s Concerto
International Suite No 1:
Allemande (BWV 816)
Sarabande (BWV 816)
Gavotte (BWV 811/ BWV 808)
Bourée (BWV 820)
Gigue (Kesh Jig, Gigue BWV 816, Haste of Wedding)
The Wise Musette (Musette BWV Anh. 126 / The Wise Maid)
Major Minuets (BWV Anh. 114, The Munster Cloak, BWV Anh. 116, Si Bheag Si Mhore, The Disty Miller II)
Gavotte 1012 (BWV 1012, Quodlibet: Musette BWV Anh. 126)
Minor Minuet (BWV Anh. 114 / Eleanor Plunkett / Comb your Hair and Curl it)
My Llittle Bourée (Song: “My little Boat” / Bourée MWV 996)
Finale (George Brabazon / Carolan’s Draught/ Wir gehn nun, wo der Tudelsack in unsrer Schenke brummt BWV 212,14)

Meine bisherigen Rezensionen dieses Projektes (auch, weil ich mich bei der CD-Rezi nicht unnötig wiederholen wollte):
Bach meets Irish Folk am 3.12.2006 in der Nachfolge-Christi-Kirche in Bonn-Beuel
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2006/12/konzertrezension-bach-meets-irish-folk.html
Bach meets Celtic am 3.6.2007 in der Nommensens-Kirche in Bonn-Beuel-Pützchen
(bisher noch nicht im Netz)

Im Zusammenhang von Irish Folk und Barock vielleicht auch interessant:
Pure Irish Drops am 8.10.2005 in der Brotfabrik in Bonn-Beuel
http://folktreff-bonn-rhein-sieg-rezensionen.blogspot.com/2005/10/konzertrezension-pure-irish-drops-in.html bzw. http://tinyurl.com/csqne

MAS

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IV.15.) CD-Rezension: Finsbury Park. fading

Eigenverlag 2007, http://www.finsbury-park.de
13 Tracks, 58:18 mit englischen Texten, Infos und Fotos

Folk ist ein weites Feld, sogar die Sparte Irish Folk lässt vieles zu. So kann man auch bei dieser CD des Kölner Trios Finsbury Park dem kleingedruckten Hinweis auf der Rückseite der Hülle folgen: file under: folk. Aber vielleicht ist es doch eher Pop; oder eben Folk Pop. Ja, in diese Schublade passen die 13 fast ausnahmslos von den Musikern selbst geschriebenen Stücke, die sich zum Teil am Irish Folk orientieren, aber ansonsten ganz frei mit den Stilelementen umgehen und dabei in ruhigen Rhythmen und getragenem Gesang dahin treiben. Ines Caffiers Gesang dominiert vor einem Klangteppich von E-Gitarren, Elektronik und Schlagzeug. Mich erinnert einiges an Filmmusik aus den 1980ern, etwa von „Patrick Pacard“ oder „Oliver Maas“, gerade das Titellied „Fading“ hat aber auch was von Gothic, und so wäre die CD vielleicht ja auch was für Antichrisis-Fans, vielleicht. Auch wer Sperris & Wicca mag, wird Gefallen an dieser CD finden. Sie ist vor allem sehr verträumt, was auch für die Texte gilt und für die schönen Naturfotos im Büchlein. Mir persönlich fehlt etwas der Drive, auch bei „Farewall To Ireland“ das eher so dahin plätschert, während der „Monaghan’s Jig“ mit etwas Orient- und Mittelalter-Rock-Flair sehr interessant klingt. Aber ich bin nicht das Maß aller Dinge. Meine siebenjährige Großnichte Sarah zum Beispiel, der ich eine meiner beiden CDs schenkte (ich erhielt zwei, da ich auch für den Folker! eine Rezi schreiben soll) war ganz hin und weg und hörte sich die Scheibe immer wieder von vorne an. Und da meinte meine Schwester, Sarahs Oma, ich solle ihr doch nicht immer so Musik schenken, die sei doch nichts für Kinder, ich hätte sie in dem Alter auch nicht gehört. Ich entgegnete, ich hätte auch keinen Onkel gehabt, der mich da heran geführt hätte. Nun ja, meine liebe Schwester hört immer Schlager und behauptete felsenfest, es gebe kein mallorcinische Volksmusik, nur weil sie solche in den Strandrestaurants in Palma de Mallorca nie gehört hat. Und Sarah, die ich frug, was ihr denn an dieser CD so besonders gut gefalle, erklärte: „Sie ist einfach schön!“

Die Musiker(innen) sind:
Ines Caffier: Vocals & Flutes
Volker Hauswald : Electric & Acoustic Guitars, Mandolin, Dobro, Percussion, Backing Vocals
Volker Müller: Akkordeon, Keyboards, Samples & Programing, Reed Organ, Percussion, backing Vocals
Und als Gäste:
Stefan Neldner: Frettless Bass
Christian Saettele: Clarinet
Andreas Lasonczyk: Percussion
Melanie Pickhard: Violin

Trackliste:
Semi-Cowgirl
Cuja
Fading
Morning Dew
Sweet Sir Galahad
The World Can Wait
Farewell To Ireland
Hills Of Clare
The Flower Of Magherallyo
Emma’s Garden
Goodbye
Monaghan’s Jig
Silly Dream

Anschließend gibt es noch einen Hidden Track, ein fröhliches, schwungvolles countryähnliches Lied namens “It’s a sunny day“, das mir wirklich gut gefällt!

MAS

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IV.16.) CD-Rezension: Trio Manfred Ulrich. Hallo Freunde. Volkslieder pur

Musikverlag Eifelkrone 2007, http://www.manfred-ulrich.net
12 Tracks, 60:15 mit deutschen Texten, Infos und Fotos

Ja, jetzt haben wir hier mal echte deutsche Volksmusik vorliegen, ohne das jetzt musikwissenschaftlich diskutieren zu wollen, was das denn ist und ob das überhaupt gibt. Es geht um traditionelle Lieder und um Eigenkompositionen und -dichtungen im Stile derselben, aber auch (eingedeutscht) ein französisches Volks- und ein italienisches Partisanenlied. Es ist Manfred Ulrichs Anliegen, seinen Zuhörern den Zugang zu echter, unverfälschter traditioneller deutscher Volksmusik zu erleichtern. Das machen er und seine Mitstreiter Thomas Kagermann, der dereinst Fiedel Michel mitbegründete, und Wolfram Cramer von Clausbruch bei Liveauftritten rein akustisch, sogar ohne Mikrophon. Ohne ein solches kamen sie für die Aufnahme der CD freilich nicht aus, genau so wenig, wie ich ohne Lautsprecher auskomme, wenn ich sie hören will. Solche Kompromisse muss man schon eingehen. Ulrich singt die Lieder in guter alter Bänkelsängermanier, schlicht, ohne viel Schnörkel, hier und da aber auch an volkstümliche Stars wie Ronny und Heino erinnernd, was ja rein gesangsmäßig kein Manko ist. Dank Thomas’ Geige oder Mandoline und Wolframs Akkordeon oder Bouzouki klingt die Instrumentbegleitung recht abwechslungsreich, bisweilen auch vielstimmig. Da sind Einflüsse von Bluegrass, Klezmer, Musette, Dixieland zu hören, und eigentlich ist es das, was vielen volkstümlichen Interpretationen des traditionellen Liedgutes oft fehlt. Ohne das wäre es hier und da doch ein wenig langweilig. So aber ist es eine fröhliche Musik auf dieser Scheibe, empfehlenswert auf jeden Fall für Freunde des besagten Liedgutes, denen Ronny zu langweilig und Achim Reichel zu rockig ist.

Die Musiker sind:
Manfred Ulrich: Gesang, Gitarre, Mundharmonika (Kärtnerland Harmonika)
Thomas Kagermann: Gesang, Geige, Mandoline, Flöte, Gitarre, Tasteninstrumente
Wolfram Cramer von Clausbruch: Gesang, Gitarre, Akkordeon, Bouzouki, Perkussion, Bass

Trackliste:
Jetzt kommen die lustigen Tage
Der Krauter zu Frankfurt
Oh Mariechen
Bella Ciao
Hallo Freunde
Die Krone in der Kapelle zu Niederkail
Scholaren auf Reisen
Sascha
So wie wir beide
Adam und Eva
Abschied
Abends im Tal

Thomas Kagermann hat auch eine einen Seite im Netz:
http://www.kagermann.com/

MAS

IV.17.) CD-Rezension: Cara. In Between Times

Auf die Rezension dieser als „Besondere“ ausgezeichneten im Folker! verlinke ich hier einfach:
http://www.folker.de/200704/bescd.htm#01


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V.) Und noch’n Gedicht: Mahnung von NN

Mahnung!
Ein kleines Kreuz am Straßenrand
sah ich heut`so einsam stehen
Blumen und ein sanftes Licht
zeigten mir was hier geschehen.

Sollte es auf unseren Straßen
keine Menschlichkeit mehr geben?
Zählen auf der Jagd nach Rausch
keine Rücksicht mehr auf Leben?

Denn wenn alle nur noch rasen
und nicht endlich in sich geh`n
werden bald an vielen Straßen
nur noch solche Kreuze steh`n

In der Dunkelheit noch lange
winkt das Licht mir nach zum Gruß
und mir wird im Herzen bange
wie oft ich solches schau`n noch muß.

Laßt das Töten auf der Straße
nicht auf euer Konto geh`n
sonst wird schließlich eines Tages
euer Kreuz am Weg hier stehn.

NN
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Sowie für dieses Mal. Ich wünsche Euch und Ihnen allen noch einen schönen Spätsommer, sei er sonnig oder regnerisch, und anschließen einen nicht minder schönen Herbstanfang.

Ihr/Euer Michael A. Schmiedel


1) Vgl.: SZ vom 12.Juni 2007
4) „Cooling down!“, das Weltklimaspiel, ist vom Autor entwickelt, es wird zur Zeit getestet und in die englische Sprache übersetzt. Es soll weltweit zum Einsatz kommen, idealerweise in Schulklassen, die, so sie multikulturell zusammengesetzt sind, den spielenden Schülern „so nebenbei“ nicht nur Zusammenhangs- und Handlungswissen zum Klimawandel prozesshaft vermitteln, sondern sie auch – das ist das verdeckte Ziel – erfahren und erleben lassen, was es heißt, in Kooperation, als „Weltgemeinschaft“, sprachlich ebenbürtig, um die gemeinsame Zukunft der Erde zu ringen.
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